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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Stadtbewohner hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Sie spürten, dass etwas geschah, wagten aber seit der Begegnung im Wald nicht, ihn danach zu fragen. Er hätte nicht gewusst, was er ihnen antworten sollte.
    Der Priester nahm die flache Trommel, die mit Bisonhaut bespannt war, hervor und schlug in einem langsamen Rhythmus mit der flachen Hand dagegen. Gleichzeitig stimmte er den heiligen Gesang an, der den Krähengott gnädig stimmen sollte.
    In der Feuerstelle glommen besondere Hölzer. Ihr Rauch öffnete die Sinne und ließ die Umgebung verschwimmen.
    Es musste alles vorbereitet sein, wenn Zamorra kam.
    Der Priester war so in seine Vorbereitungen versunken, dass er nicht bemerkte, was sich vor seinem Zelt abspielte.
    ***
    Zamorra wusste, dass er das, was er gerade tat, später bereuen würde, aber er sah keinen anderen Ausweg. Er musste vor Smith in der Stadt sein, wenn er verhindern wollte, dass der Wakinyan und damit auch all die umbrachte, die von dem Priester die Unsterblichkeit erhalten hatten. Kurz fragte er sich, ob Hanhepi dem Regisseur ebenfalls die Unsterblichkeit für diesen Mord versprochen hatte, oder ob etwas anderes den Amerikaner dazu gebracht hatte, sich auf diese Sache einzulassen.
    Der Dämonenjäger schüttelte den Gedanken ab und versuchte, auch den Anblick der Tasche aus seinem Geist zu verdrängen. Wenn der Zauber gelingen sollte, durfte er sich nicht ablenken lassen.
    Zamorra riss den dünnen Stoff der Hose an seinem Oberschenkel auf und legte eine Hand auf den blutigen Verband, der sich darunter befand. Mit lauter Stimme begann er, einen alten keltischen Zauberspruch aufzusagen, den er vor langer Zeit von dem Silbermond-Druiden Gryf gelernt hatte. Er hatte ihn nur selten angewandt, weil er zeitlich auf nicht mehr als eine halbe Stunde begrenzt war und außerdem den Körper extrem belastete. In dieser Situation war er jedoch die einzige Möglichkeit.
    Denn den »Zaubertrank«, jenen Absud aus einer Menge seltener Kräuter nach ebenfalls altem keltischen Rezept, der für eine etwas längere Zeitspanne auch die allerletzten Kraftreserven des Körpers mobilisierte und verstärkte, um danach meist den totalen Zusammenbruch herbeizuführen, konnte er jetzt nicht brauen. Weil er weder die Zeit noch die nötigen pflanzlichen Zutaten zur Verfügung hatte, und um die Zutaten zu besorgen, konnte er auch nicht wie Miraculix im Comic seine Helden Asterix und Obelix zum Beschaffen aussenden… Dabei war der »Zaubertrank« in den Asterix-Comics beileibe keine aus der Luft gegriffene Erfindung von Zeichner und Autor, nur besaßen die kaum das Originalrezept des wirklichen Gebräus, das nur mündlich von Druide zu Druide weitergegeben wurde und an das Zamorra vor vielen Jahren gelangt war.
    Also musste Gryfs Zauber helfen.
    Zamorra fragte sich, ob dieser Zauber jenem ähnelte, mit dem Gryf derzeit seine beiden vom Hai abgetrennten Finger nachwachsen ließ -ein erstaunliches Phänomen, mit dem nicht einmal Zamorra gerechnet hatte. Aber er hatte in den wenigen Tagen in New Orleans gesehen, dass es funktionierte, wenngleich es Gryf an den Rand der völligen Erschöpfung brachte und er allein nicht einmal ein paar Schritte gehen konnte, während diese Magie wirkte.
    Dieser Zauber allerdings, hatte Gryf ihm versichert, wirkte nur bei Silbermond-Druiden.
    Menschen konnten ihn nicht anwenden.
    Den anderen, einfacheren, schon…
    Zamorra sagte die letzten Worte des Spruches.
    Der Schmerz verschwand. Seine Kraft kehrte zurück.
    Na also, dachte er erfreut, als er probeweise ein paar Schritte ging. Klappt doch.
    Insgeheim wusste er natürlich, dass er gerade die letzten Reserven verbrauchte, die er noch hatte, aber daran durfte er jetzt nicht denken. Es gab Wichtigeres.
    Zamorra lief los, der Stadt entgegen.
    Und dem Chaos.
    ***
    Der alte Mann kam in seiner Hütte zu sich. Einen Moment blieb er orientierungslos liegen, dann fiel ihm wieder ein, wie er auf dem Boden gelandet war. Der zweite Überlebende hatte ihn niedergeschlagen.
    Warum hat er mich nicht getötet?, dachte Duane und setzte sich auf.
    Die Tasche, wegen der er sein Leben riskiert hatte, lag neben ihm auf den Boden. Sie war offen und der alte Mann sah seine Schwester Sharon, die halb herausgekrochen war. Casey war schon immer die Ängstlichere von beiden gewesen. Auch jetzt hielt sie sich zurück.
    »Ihr müsst euch nicht fürchten«, sagte er beruhigend. »Niemand wird euch etwas tun.«
    Duane nahm die Tasche und stellte sie vor sich. Ihn

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