Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
erkannte er entsetzt.
    Dann raste das Flugzeug auch schon wie ein Stein dem Erdboden entgegen!
    ***
    Die dunklen Augen des Indianers wandten sich dem Himmel zu, als er das tiefe Brummen hörte. Einige Minuten suchte er vergeblich nach der Ursache des Geräuschs, dann entdeckte er den hellen Fleck inmitten des endlosen Blaues.
    Ein Flugzeug, dachte Hanhepi. Das dürfte interessant werden.
    Er zog eine Sonnenbrille aus dem grauen Anzug, die ein Schneider in Sumatra auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten hatte, und lehnte sich erwartungsvoll an einen Baum. Sein Blick folgte der kleinen Propellermaschine, die über die karge, hügelige Landschaft hinwegglitt, verglich ihre Route mit den Merkmalen, die er sich auf der Erde eingeprägt hatte.
    »Gleich müsste es soweit sein«, murmelte er. »Noch ein wenig weiter… und… jetzt!«
    In der nächsten Sekunde verschwand das Flugzeug. Das Geräusch verstummte.
    Etwas enttäuscht setzte Hanhepi die Sonnenbrille ab. Er hatte sich den Zusammenprall spektakulärer vorgestellt. Zumindest hatte sich jetzt auf der anderen Seite etwas verändert. Der Indianer war gespannt, wie Wakinyan damit umgehen würde, dass etwas durchgedrungen war.
    Er würde es früher oder später erfahren.
    Hanhepi ging zurück zu seinem schwarzen Jeep Cherokee.
    Ein dumpfer Knall, der aus weiter Ferne zu kommen schien, ließ ihn stoppen. Einige Krähen, die im hohen Gras gesessen hatten, flatterten erschrocken auf.
    Die Mundwinkel des hageren Indianers zuckten, als er sich langsam umdrehte.
    Wakinyan, dachte er lächelnd, was bist du nur für ein Versager. Nach all der Zeit hast du das Problem mit den Geräuschen noch immer nicht in den Griff bekommen.
    Hanhepi, der sich in der wirklichen Welt Vince Realbird nannte, zog sein Handy aus der Tasche und wählte, ohne hinzusehen, eine kurze Nummer.
    »Vince hier«, meldete er sich. »Kommt ihr heute Abend ohne mich zurecht? Ich hab noch was zu erledigen… Gut, okay… Dann sehen wir uns morgen. Und lass dich nicht abziehen, Dave.«
    Er lachte über die beleidigte Erwiderung seines Geschäftspartners, mit dem er im Reservat ein Casino betrieb, und steckte das Telefon zurück in die Tasche.
    Hanhepi glaubte zwar nicht, dass an diesem Tag noch etwas passieren würde, aber trotzdem behielt er die Lage lieber im Auge. Im schlimmsten Fall wartete er umsonst. Das störte ihn nicht, denn darin hatte er schließlich Übung.
    Hundertsechzig Jahre Übung…
    ***
    »Festhalten!«, rief Zamorra.
    Er streckte eine Hand nach dem wie erstarrt dastehenden Smith aus, wollte ihn auf den Sitz ziehen.
    Im gleichen Moment kippte der Rumpf des Flugzeugs nach unten. Der Parapsychologe wurde zuerst in seinem Sitz gepresst und dann nach vorne geschleudert. Der Sicherheitsgurt schnitt schmerzhaft in seine Magengrube.
    Neben ihm schrie Smith auf. Der Regisseur hatte die Hände in die Rückenlehne gekrallt, hielt sich krampfhaft daran fest. Seine Beine schlugen gegen die gegenüberliegenden Sitze.
    Überall klappten Gepäckfächer auf. Stative, Videobänder und Reisetaschen flogen wie Geschosse durch die schmale Kabine. Menschen schrien in Panik.
    Zamorra riss einen Arm hoch, um seinen Kopf zu schützen. Mit dem anderen griff er nach Smith, bekam dessen Hand zu fassen und zog.
    Die Maschine stabilisierte sich. Für einen Moment lag sie fast waagerecht in der Luft, und Zamorra glaubte schon, der Pilot habe sie unter Kontrolle bekommen, dann kippte sie zur Seite.
    Smith klammerte sich an Zamorras Arm. Seine Augen leuchteten panisch.
    »Oh mein Gott, oh mein Gott«, wimmerte er immer wieder.
    Im vorderen Teil der Kabine wurde der Kameramann aus seinem Sitz gerissen. Entsetzt musste Zamorra zusehen, wie der schreiende Mann durch das Flugzeug geschleudert wurde. Er prallte gegen eines der schmalen Fenster, das klirrend zerbarst.
    Blut spritzte über die Wände. Die Schreie erstarben, wurden abgelöst vom Fauchen des Windes, der in die Kabine eindrang.
    Es wurde schlagartig kalt.
    Der Parapsychologe spürte, wie der Pilot gegen den Absturz ankämpfte. Ein analytisch-kalter Teil seines Verstandes beschäftigte sich mit der Frage, wann der Aufschlag kam. Es konnte nicht mehr lange dauern.
    Draußen rasten Himmel und Erde in einem irren Taumel vorbei. Zamorra hatte längst die Orientierung verloren, fühlte sich in die Achterbahn eines geisteskranken Konstrukteurs versetzt. Oben und unten waren Begriffe, die keinen Sinn mehr ergaben. Alles war in ständiger Bewegung, hilflos den Kräften

Weitere Kostenlose Bücher