0689 - Die Irrfahrt des Mutanten
seltsames Schwindelgefühl.
Es schien, als habe die riesige Halle plötzlich rings um ihn zu rotieren begonnen. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf zu der künstlichen Sonne, die sich in ein verwirrendes Gebilde von bunten, zitternden Leuchtfäden verwandelt hatte.
Das Ende war gnädig mit ihm. Der mentale Steuerimpuls, den er mit seinen eigenen Worten ausgelöst hatte, drang in die Tiefen seines Unterbewußtseins hinab. Dort setzte er die gespeicherten Energien frei, die Leticrons Drogen dort deponiert hatten.
Das letzte, was Thomas Kantenberg wahrnahm, war ein greller, lautloser Blitz von ungeheuerlicher Intensität. Die Entladung zerriß sein Bewußtsein. Leblos sank der Verräter auf den glatten, kalten Boden der gewaltigen Halle.
Leticron stand eine Zeitlang reglos, den Blick auf Kantenbergs Leiche gerichtet. Plötzlich hob er den Blick und fragte laut: „Mutant? Ich spüre dich! Du bist da!"
Tako Kakuta zog es vor, sich vorläufig schweigend zu verhalten.
„Aha, du willst nicht zu mir sprechen!" spottete der Überschwere. „Was ist das? Kakuta, der Unbesiegbare, hat Angst vor mir?"
Noch immer ließ der Mutant sich nicht aus der Reserve locken.
Er hatte eine überraschende Entdeckung gemacht. In seinem neuen Gastkörper fühlte er sich wohler als zuvor bei Thomas Kantenberg. Das lag daran, daß Leticrons Psi-Fähigkeiten wesentlich stärker ausgebildet waren als die des Verräters.
Gleichzeitig aber wußte Tako Kakuta, daß er bei Leticron weitaus weniger Möglichkeiten haben werde, sich zu entfalten, als zuvor bei Kantenberg.
„Du und ich, wir werden gut miteinander auskommen", versprach der Corun of Paricza. „Du wirst mir deine Fähigkeit zur Verfügung stellen, und ich werde zu dem mächtigsten Wesen werden, das diese Galaxis jemals gekannt hast, hörst du Mutant?
Du und ich... wir sind von nun an auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden!"
Da rührte Tako Kakuta sich zum ersten Mal.
„Auf Verderb, Leticron!" sagte er ernst. „Nur auf Verderb...!"
Inzwischen hatte die TALLAHAS-SEE ihr Ziel unangefochten erreicht. Auf der Lotsenstation unmittelbar außerhalb der kompakten Dunkelwolke nahm sie eine Gruppe von Vincranern an Bord, jenen Energiespürern, die als einzige den ständig wechselnden Pfaden durch die energiegeladenen Staubmassen der Wolke zu folgen vermochten. Knapp einen Tag später landete sie auf Gäa, dem Zufluchtsort der Reste der Menschheit.
Oberst Krohls Kommando ging sofort von Bord. Unweit des Raumhafens war ein Gebäude errichtet worden, das nur einen einzigen Einrichtungsgegenstand enthielt: einen riesigen Klotz aus mit PEW-Metall angereicherten Erzen. Die sieben Altmutanten nahmen ihr neues Domizil widerspruchslos an. Aus den Körpern der Mitglieder des Einsatzkommandos schlüpften sie in den Erzblock.
Ebenezer Krohl zog sich zurück und verfaßte einen detaillierten Bericht über den Verlauf seines Einsatzes, über den er das Hauptquartier bislang nur in kurzen Hyperfunksprüchen in Kenntnis gesetzt hatte. Er war, wenn er den Fall logisch überdachte, sich keiner Schuld bewußt. Und doch nagte an seinem Gewissen die Erkenntnis, daß auf einem von ihm geleiteten Einsatz ein wichtiger Mutant verlorengegangen war.
Ebenezer Krohl war sich darüber im klaren, daß er seines Lebens nicht mehr froh sein werde, wenn es ihm nicht gelang nachzuweisen, daß Tako Kakuta noch am Leben war und sich außer Gefahr befand.
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher