0694 - Lavalles Todesspur
Jambo?«
»Gerufen…«
»Und weiter?«
»Ich… ich weiß es nicht. Sollte hier warten. Er würde kommen, aber er wollte mich töten.«
»Ja, das stimmt«, bestätigte ich. »Doch auch Lavalle tötet nicht grundlos. Welches Motiv könnte denn dahinterstecken? Was haben Sie ihm getan, daß er Sie vernichten will?«
»Nichts.«
»Doch. Er kann nicht…«
»Ich habe nur nach seinen Befehlen gehandelt. Er gab mir die Geschichten als Raster, ich… ich füllte sie mit Blut.« Jambo hüstelte leicht, und dabei verzerrte sich sein Gesicht. Ich war nur froh, daß kein Blut über die Lippen quoll. Demnach war die Lunge nicht verletzt worden, auch wenn der Atem nur röchelnd ging.
Hoffentlich schaffte es der Arzt, das Leben des Verletzten zu retten. Ich strich Schweiß von seiner Stirn. Er verlangte nach etwas Trinkbaren, das ich ihm verweigerte, da ich nicht wußte, wie stark seine inneren Organe angegriffen waren.
Seine Handflächen waren blutig. Die Arme lagen neben seinem Körper, er hatte die Finger gekrümmt und versuchte nun, die Spitzen in den Teppich festzukrallen, was ihm aber nicht gelang.
Er weinte und stöhnte zugleich. Ich hatte nicht mitbekommen, daß Suko wieder zurückgekehrt war.
Erst als ich seine Stimme hörte, schaute ich auf.
»Der Arzt ist unterwegs.«
»Okay.«
Er deutete nach draußen. »Ich halte mal den Flur von Gaffern frei.«
Auch damit war ich einverstanden. So konnte ich mich weiterhin um Jambo kümmern.
»War sonst nichts? Bitte, überlegen Sie. Ich bin gekommen, um Lavalle zu vernichten. Es darf nicht sein, daß ihm und seiner Magie noch mehr Menschen zum Opfer fallen.«
»Nein, nein. Der Comic… er wollte ihn plötzlich nicht mehr. Er hat von unwürdigen Personen gesprochen, die ihn in die Hände bekommen. Er wollte Schluß machen, er will die… die Spuren verwischen und irgendwann von vorn anfangen. Er hat sich zu einer Rachetour entschlossen, das… das weiß ich.«
»Er ist in London.«
»Ja.«
»Wo, Jambo? Wo kann ich ihn finden? Wo hält er sich auf? Wo versteckt er sich?«
»In der Stadt…«
»Die ist groß…«
»Ich weiß nicht… sein Haus…«
»Das glaube ich kaum. Hat er noch Ausweichquartiere?« Ich dachte daran, daß wir in dem Haus an der Themse das transzendale Tor ins Pandämonium geschlossen hatten, was aber nicht besagte, daß nicht noch andere offenstanden.
Er überlegte, aber die Schmerzen waren zu stark. Sie kamen wie Wellen auf ihn zu. Das saubere Taschentuch, das ich ihm auf eine Wunde gepreßt hatte, war inzwischen blutgetränkt.
»Können Sie noch nachdenken, Jambo?«
»Nein, ich…«
»Gibt es keine Spuren?«
»Ich weiß nicht…«
»Einen Kontaktmann? Jemand, den er vielleicht kennt? Der ihm hier in London hilft?«
»Er ist ein Einzelgänger. Er verbreitet Angst. Keiner kann ihm trauen. Meine… meine Geschichten sind nicht übertrieben. Er hat die Botschaft des Pandämoniums, der finsteren Urzeitgötter, in diese Welt bringen wollen, er wird es immer wieder versuchen, denn er ist ein Bocor , ein mächtiger Schwarzer Priester…«
Tritte polterten die Treppe hoch. Ich schaute zur Tür. Sehr schnell erschienen dort die Männer in den weißen Kitteln, und ich machte Platz. Im Gesicht des Arztes regte sich nichts, als er die Wunde einer ersten Kontrolle unterzog. Dann aber gab er seine Anordnungen. Sie waren knapp und präzise.
Ich zeigte ihm zwischendurch meinen Ausweis. Er merkte sich meinen Namen wegen irgendwelcher Rückfragen. Wichtig war zunächst der Verletzte, der bereits auf der Trage lag und an den Tropf angeschlossen worden war. Einer der Helfer hielt die Flasche mit der Nährlösung in der Hand.
»Hat er Chancen?« erkundigte ich mich, bevor die Mannschaft das Zimmer verließ.
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wenn sein Allgemeinzustand okay ist, dann schon.«
»Gut, Doc, danke.«
Der Arzt nickte mir zu, dann war er verschwunden. Zurück blieben Suko und ich.
Meinem Freund brannten die Fragen auf der Zunge, die er auch stellte. »Du warst mit ihm allein, John. Hast du etwas herausgefunden? Hat er dir mehr sagen können?«
»Kaum.« Ich hob die Schultern und schaute zu Boden, wo noch schwarze Aschenreste der Bestie klebten. »Er geht davon aus, daß Lavalle hier in London ein zweites Versteck unterhält.«
»Und wo?«
»Weiß er nicht.«
»Es heißt, wir müssen es finden.«
»Richtig.«
Suko holte durch die Nase Luft. »Soll ich den Vergleich mit der Stecknadel im Heuhaufen benutzen?«
»Nein, lieber nicht.
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