0697 - Der Leichenholer
Blick auf Suko, der rechts neben mir stand. Auch mein Freund schaute misstrauisch in die altmodische Küche hinein, in der es noch einen großen Kohleherd gab. Wie alle anderen Möbelstücke stand er auf einem Steinboden.
Wir sahen die Person zum ersten Mal, aber wir kannten ihren Namen. Ein Bistro-Wirt hatte uns aufgeklärt. Diese graue Person hieß Edna, mehr wussten wir auch nicht. Sie arbeitete bei einem Maler namens Rafugil, einer sehr geheimnisvollen und komplexen Persönlichkeit, deretwegen wir in dieses ungewöhnliche Haus eingedrungen waren.
Ihn selbst hatten wir nicht gesehen. Wir hätten auch nicht gedacht, ein derartiges Drama präsentiert zu bekommen, und selbst der dunkelhaarige Killer zeigte sich entsetzt darüber, dass sein Kumpan schwer verletzt, möglicherweise tot auf dem feuchten Küchenboden inmitten der dunkelroten Lache lag.
Wer hatte die beiden Messer geschleudert?
Bestimmt nicht der andere Mann, wir mussten uns auf die Frau konzentrieren.
»Nimm sie«, flüsterte Suko. »Ich lasse ihn nicht aus den Augen.«
»Okay.«
Ich bewegte mich nach vorn. Erst als ich zwei Schritte gegangen war, verließ auch Suko seinen Standort und richtete die Beretta auf den Mann. Unterwegs hielt ich neben dem Schwerverletzten inne. Ich musste ihn untersuchen. Wenn er noch lebte, brauchte er so rasch wie möglich einen Arzt, aber diese Mühe konnten wir uns sparen.
Er war tot.
Zu tief hatte sich das Messer in seinen Nacken gewühlt und seinem Leben ein Ende gesetzt.
Ich kam wieder hoch. Es glich mehr einem Zufall, dass ich dabei gegen die Decke schaute.
Das Licht war nicht besonders hell, dennoch sah ich die schimmernden Messerklingen, die über mir hingen und sich zwischen Töpfen und Pfannen leicht bewegten.
Ich wusste jetzt, was geschehen war. Die Messer waren von oben herab auf den ahnungslosen Mann gefallen.
Sehr schnell huschte ich zur Seite und mit der Kälte der festsitzenden Gänsehaut auf dem Rücken.
Erst außer Reichweite der gefährlichen Waffen richtete ich mich wieder auf und stand dicht vor der Frau.
»Sie sind Edna?«
»Ja.«
»Gut. Er ist tot!«
Die hexenartige Person hob die Schultern. »Was kann ich dafür? Es war sein Pech. Die beiden hätten eben nicht kommen sollen, verstehen Sie? Jeder, der nicht eingeladen worden ist, soll draußen bleiben. Das gilt auch für Sie beide.«
»Ich habe verstanden. Dann müssen wir also ebenfalls damit rechnen, erwischt zu werden.«
»Versprechen kann ich nichts.«
»Aber die Messer sind gefallen, - oder?«
»Kann sein!«
Zum ersten Mal meldete sich Kirk, und er sprach mit einer Stimme, die vor Hass rau war. »Ja, sie sind gefallen. Beide Messer lösten sich plötzlich von der Decke. Verflucht ungewöhnlich, würde ich sagen. In einer derartigen Küche kann niemand arbeiten, meine ich. Aber es ist passiert, urplötzlich und einfach so.«
»Tatsächlich einfach so?«
»Fragen Sie dieses Weib!«
Die Angesprochene lächelte nur, dann breitete sie ihre Arme aus. »Ich kann dazu nichts sagen. Manchmal gibt es Zufälle im Leben, die genau dann eintreffen, wenn man sie braucht. Diese beiden Männer sind gekommen, ohne eingeladen worden zu sein. Sie haben mich bedroht, sie haben mich geschlagen und die Quittung dafür bekommen. Das ist alles, mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Ich fragte erst gar nicht nach, ob es stimmte, ging einfach davon aus, dass die Worte der Wahrheit entsprachen, denn ich hörte von dem Mann keinen Protest.
»Es war aber ein glücklicher Umstand, nicht wahr?«
Edna lächelte, ein fieses Lächeln, und sie flüsterte dann: »Oft genug steht das Schicksal dem Schwachen zur Seite. Es ist die ausgleichende Gerechtigkeit.«
Aus ihrem Munde hörte sich das beinahe an wie Blasphemie. Ich glaubte ihr nicht.
Suko, der bisher geschwiegen hatte, stellte Kirk eine Frage. »Was haben Sie und ihr Freund eigentlich hier gewollt?«
»Nur reden.«
»Mit dieser Frau?«
»Nein, bestimmt nicht. Wir wollten mit einer bestimmten Person in Kontakt treten.«
»Mit Colette Mercier?«
»Richtig, wie Sie!« Kirk hatte sich wieder gefangen. Er schaute Suko hart und misstrauisch an.
Dann wollte er von Suko wissen, wer er eigentlich war, und mein Freund stellte sich vor.
Auch Kirk sagte seinen Namen, den des Toten verschwieg er. »Wer hat euch geschickt?«
»Die Fragen stelle ich, mon ami!«
Kirk deutete eine Verbeugung an. »Ich habe nichts dagegen, aber es wird schwer werden.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wir haben Colette nicht
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