0697 - Der Leichenholer
Befehl nach.
Sekunden später hatte ihn Suko an den Ofen gefesselt. Aus eigener Kraft kam er nicht mehr weg. Da hätte er schon den Ofen zur Seite ziehen müssen.
Danach klopfte Suko ihn blitzschnell nach anderen Waffen ab. Typen wie Kirk verließen sich zumeist nicht nur auf eine Schusswaffe. Die hielten noch immer etwas in der Hinterhand.
Suko fand ein Messer. Eines dieser heimtückischen Dinger, bei denen die Klinge aus dem Heft fuhr, wenn ein Kontakt gedrückt wurde. Er entwaffnete auch den Toten. Dessen Revolver und Messer verschwanden im Ofen.
Suko war zufrieden.
Edna und ich hatten ihm zugeschaut. Die hexenähnliche Frau hielt sich gut. Sie verriet durch keine Bewegung, was sie tatsächlich dachte. Meine Gedanken drehten sich um Colette und das Atelier des Malers. Wir wären längst dort gewesen, hätten wir nicht dieses Drama in der Küche mitbekommen.
Einerseits hatten wir korrekt gehandelt, dennoch wurde ich den Eindruck nicht los, dass wir etwas Entscheidendes verpasst hatten. Diesem Maler war es um Colette Mercier gegangen, eine Frau, die hier in La Rostelle geboren war.
Zwar lebte sie nicht mehr hier, war aber aus uns unbekannten Gründen zurückgekehrt und hatte einen Deutschen kennen gelernt, einen Mann namens Bernd Assow, der offiziell hier Urlaub machte, tatsächlich aber für das BKA arbeitete und Colette Mercier auf der Spur war. Sie arbeitete in der Verwaltung des internationalen Rauschgiftgeschäfts. Was sie in diesen Ort, nach La Rostelle, getrieben hatte, wusste keiner von uns, auch dem Deutschen war dies nicht klar geworben, als er noch lebte. Er war von einem Kirchturm gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen. Zuvor aber hatte er mir eine Nachricht nach London zukommen lassen und dringend darum gebeten, dass ich meinen Weg nach La Rostelle fand, um weitere Tote zu verhindern.
Weitere Tote, das bezog sich auf die drei verschwundenen Frauen aus dem Ort in der Provence.
Ob sie in einem Zusammenhang mit Colette Mercier und deren Job stand, wussten wir nicht. Wir glaubten auch nicht so recht daran, denn unsere Spur galt mehr dem Maler Rafugil, einer Person, die ebenso rätselhaft wie geheimnisumwittert war und über die uns selbst der geschwätzige Wirt des Bistros so gut wie keine Auskunft hatte geben können.
Man wusste nicht viel über ihn. Er hatte es nur geschafft, sein Haus umzubauen, das direkt an einem Felshang lag. Die Rückseite war mit einem Wintergarten versehen worden, der ihm als Atelier diente. Von außen war es schon beeindruckend gewesen, von innen hatten wir ihn noch nicht kennen gelernt.
Nun ja, Suko und ich gingen davon aus, dass der Maler etwas mit den verschwundenen Mädchen zu tun hatte, obwohl uns noch der Beweis fehlte, aber den wiederum wollten wir uns holen.
Leider waren uns die beiden Gangster dazwischengekommen, die sich ebenfalls um Colette hatten kümmern wollen. Ich musste erfahren, was sie von ihr wollten, deshalb sprach ich den Gefesselten an.
»Warum habt ihr euch mit Colette treffen wollen?«
Er schaute an mir vorbei. »Das sind Dinge, die Sie nichts angehen, Monsieur.«
Ich konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Weshalb so förmlich? Das ist bei Ihrem Geschäft doch sonst nicht üblich. Schließlich ist der Verkauf von Drogen…«
»Wieso Drogen?«
Ich lächelte süffisant. »Man hat so seine Informationen.«
»Sind Sie ein Bulle?«
»Das zu beurteilen überlasse ich Ihnen.«
Er lief rot an, wahrscheinlich hasste er Polizisten. Wäre er nicht gefesselt gewesen, hätte er sich bestimmt auf mich gestürzt, so aber spie er mir Worte entgegen, die ich nicht verstand, weil sie sich zu einer Schimpfkanonade vereinigten.
Wenn ich richtig überlegte, dann hatten die beiden Männer Pech gehabt. Wahrscheinlich hatten sie sich mit Colette Mercier hier treffen wollen, um Zukunftsprojekte zu besprechen. Das war ihnen nicht gelungen, weil jemand anderer dazwischengefunkt und Colette für seine Pläne eingesetzt hatte.
Pläne, die tödlich waren.
Auch wenn wir es nicht beweisen konnten, gingen wir davon aus, dass die drei verschwundenen Mädchen nicht mehr lebten. Die französische Polizei hatte lange gesucht, aber keine der jungen Frauen war je wieder aufgetaucht.
Und jetzt auch Colette.
Kirk ahnte, welche Gedanken sich hinter meiner Stirn abspielten. Er hob die Schultern und erklärte mir, dass er nichts, aber auch gar nichts wüsste.
»Das ist sogar möglich.«
»Frag doch diese alte Hexe!«
»Sie wird uns bestimmt helfen.«
Edna lachte.
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