07 - Asche zu Asche
entfernt. Obwohl das Viertel in den letzten Jahren saniert worden war, konnte man auch heute noch auf Spaziergängen durch die verkehrsberuhigten Straßen mit den kleinen Weinkneipen, den Blumengeschäften und Apotheken, Kontakt zu Frauen anknüpfen, die Sex für Geld anboten.
»Möglich«, antwortete Nkata. »Aber der Türsteher hat gesagt, Patten habe an dem Abend seinen Jaguar gefahren und ließ ihn sich bringen, als er gehen wollte. Nach Shepherd's Market wäre er bestimmt zu Fuß gegangen. Da hätte er doch nie im Leben einen Parkplatz gefunden. Kann natürlich sein, daß er einfach rumgekurvt ist und eine Schwester mit nach Hause genommen hat. Aber eigentlich ist dafür Shepherd's Market nicht das richtige Pflaster.« Nkata macht eine kleine Pause, lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ dann mit Genuß die Bombe platzen. »Gott sei's gedankt für die Parkkralle«, sagte er mit Inbrunst. »Und für die, die sie anbringen, und für die, die gekrallt werden. Besonders für die, die in unserem Fall gekrallt werden.«
Barbara sagte: »Was hat denn das -«
»Flemings Auto«, unterbrach Lynley. »Sie haben den Lotus-7 gefunden.«
Nkata lächelte. »Sie sind auf Draht, Sir. Das muß man Ihnen lassen. Und ich dachte immer, Sie seien nur wegen Ihrer hübschen Visage zum Inspector befördert worden.«
»Wo steht er?«
»Im Halteverbot in der Curzon Street. Als hätte der Fahrer die Parkkralle herausfordern wollen.«
»Du meine Güte«, stöhnte Barbara. »Mitten in Mayfair. Da kann sie überall sein.«
»Und es hat niemand angerufen, um das Ding entfernen zu lassen? Es hat niemand das Bußgeld bezahlt?«
Nkata schüttelte den Kopf. »Der Wagen war nicht mal abgeschlossen. Die Schlüssel lagen auf dem Fahrersitz. Die reinste Einladung zum Diebstahl.« Er schien ein Stäubchen auf seiner Krawatte entdeckt zu haben, denn er runzelte plötzlich die Stirn und schnippte mit zwei Fingern an die Seide. »Meiner Meinung nach hat die gute Gabriella Patten eine Stinkwut im Bauch.«
»Vielleicht hatte sie's auch nur eilig«, wandte Barbara ein.
»Die Schlüssel mitten auf dem Fahrersitz? Das hat mit Eile nichts zu tun. Das ist Absicht. Das heißt: Diesem gemeinen Schwein werd ich's zeigen.«
»Aber von ihr nirgendwo eine Spur?« fragte Lynley.
»Ich hab von der Hill Street bis zum Piccadilly sämtliche Häuser abgeklappert. Wenn sie da irgendwo ist, hält sie sich versteckt, und keiner sagt was. Wir können natürlich den Wagen unter Beobachtung stellen, wenn Sie sich davon was versprechen.«
»Nein«, entschied Lynley. »Sie hat ganz sicher nicht die Absicht, zu ihm zurückzukehren. Jetzt nicht mehr. Darum hat sie die Schlüssel liegengelassen. Damit er abgeschleppt und sichergestellt wird.«
»Genau.« Nkata machte sich eine stecknadelkopfgroße Notiz in sein Büchelchen.
»Mayfair.« Barbara wühlte in ihrer Handtasche und brachte eine kleine Packung Shortbread-Biskuits zum Vorschein, die sie mit den Zähnen aufriß. Sie schüttelte einen Keks in ihre Hand und reichte die Packung herum. Einen Moment kaute sie nachdenklich, dann sagte sie: »Da kann sie wirklich überall sein. In einem Hotel oder in einer Wohnung oder in einem Stadthaus bei Bekannten.
Sie weiß doch inzwischen, daß er tot ist. Warum meldet sie sich nicht?«
»Ich vermute, sie ist froh darüber«, meinte Nkata. »Ihr hat jemand abgenommen, was sie selbst gern getan hätte.«
»Indem er ihn umgebracht hat, meinen Sie? Aber wieso denn? Er wollte sie doch heiraten! Und sie ihn auch.«
»Na, Sie waren in Ihrem langen Leben doch bestimmt auch schon mal so wütend auf jemanden, daß sie ihm am liebsten den Kragen umgedreht hätten«, sagte Nkata. »Man ist fuchsteufelswild und brüllt: ›Ich könnte dich umbringen. Ich wollte, du wärst tot‹, und es ist einem in dem Moment völlig ernst damit. Aber man erwartet natürlich nicht, daß genau da eine gute böse Fee vorbeikommt und einem den Wunsch erfüllt.«
Barbara zupfte an ihrem Ohrläppchen und machte ein Gesicht, als dächte sie über Nkatas Worte nach. »Dann sitzen vielleicht auf der Isle of Dogs ein paar gute böse Feen.« Sie berichtete ihnen, was sie erfahren hatte, wobei sie besonders auf Derrick Coopers Abneigung gegen seinen Schwager hinwies, auf Jean Coopers dünnes Alibi für die Mordnacht - »Sie hat angeblich von halb zehn Uhr an im Bett gelegen und geschlafen, und kein Mensch kann's bezeugen« - und auf Jimmys Verschwinden, nachdem der Segelurlaub abgeblasen worden
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