Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
erklärte Faraday.
    »Dann brauchen Sie doch keine Skrupel zu haben, uns Auskunft zu geben.«
    »Darum geht es nicht, Inspector.« Er hob den Kopf und sah Lynley ins Gesicht. »Das sind Dinge, die Olivia betreffen. Sie sollten sich also von ihr, nicht von mir Auskunft geben lassen.«
    »Ich hab den Eindruck, daß hier allgemein sehr viel Energie aufgewendet wird, um Olivia Whitelaw zu schützen. Ihre Mutter schützt sie. Sie schützen sie. Sie schützt sich selbst. Wie kommt das Ihrer Meinung nach?«
    »Ich wende keine Energie dafür auf, Olivia zu schützen.«
    »Leugnen erfordert Energie, Mr. Faraday. Ebenso Ausflüchte und Lügen.«
    »Was, zum Teufel, soll das heißen?«
    »Daß Sie mit Fakten mehr als zurückhaltend sind.«
    »Ich habe Ihnen gesagt, wo ich die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zugebracht habe. Sie wissen, bei wem ich war. Ich habe Ihnen praktisch gesagt, was wir taten. Das ist mein Teil der Geschichte, den Rest müssen Sie sich woanders holen.«
    »Sie wissen also, worüber Olivia Whitelaw und ihre Mutter die ganze Nacht gesprochen haben.«
    Mit einem unterdrückten Fluch stand Faraday von seinem Hocker auf und lief mit großen Schritten durch die Werkstatt. Vom Fitneßstudio schallte Technomusik in voller Lautstärke herüber. Faraday riß das Tor seiner Werkstatt mit einem Ruck zum Boden herab. Das dämpfte die Technoklänge jedoch nur wenig.
    »Ich kann nicht mehr lange durchhalten. Olivia weiß das auch. Ich hab es überhaupt nur so lange geschafft, weil ich mir hier und dort immer wieder ein paar Stunden stehlen konnte, um Amanda zu sehen. Sie ist mir - ich weiß nicht. Man könnte vielleicht sagen, daß sie mein Rettungsanker ist. Ohne sie hätte ich das alles, glaube ich, schon vor langem hingeschmissen.«
    »Alles?«
    »Das Leben mit Olivia und ihrer Krankheit. Die ALS. Amytrophische Lateralsklerose. So heißt die Krankheit, die sie hat. Es wird ihr jetzt sehr schnell immer schlechter gehen.« Rastlos ging er von seinem Arbeitstisch zu einem Stapel alter Formen, die auf der anderen Seite des Raumes auf dem Boden lagen. Er stieß sie mit seiner Schuhspitze an und hielt den Kopf gesenkt, als er weitersprach. »Wenn sie die Gehhilfe nicht mehr benützen kann, braucht sie einen Rollstuhl. Und irgendwann wird sie nur noch liegen können und ein Atemgerät brauchen. Wenn es einmal soweit ist, kann sie nicht auf dem Boot bleiben. Sie könnte natürlich in ein Pflegeheim gehen, aber das will sie nicht, und ich möchte es ihr auch gern ersparen. Je länger wir uns über die Situation die Köpfe zerbrachen und nach Lösungen suchten, desto klarer wurde uns beiden, daß nur ihre Mutter helfen könnte. Das ist der Grund, warum Olivia am Mittwoch bei ihr war.«
    »Um ihre Mutter zu fragen, ob sie nach Hause kommen könne?«
    Faraday nickte.
    »Warum haben Sie beide mir das nicht gleich von Anfang an gesagt?« fragte Lynley.
    »Das hab ich Ihnen doch schon erklärt«, versetzte Faraday.
    »Oder ich hab es jedenfalls versucht. Sehen Sie denn nicht, was da abläuft? Sie lebt in dem Wissen, daß sie langsam stirbt. Jeden Tag verliert sie ein Stückchen Boden unter den Füßen. Sie und ihre Mutter hatten jahrelang nichts miteinander zu tun gehabt, und nun mußte sie plötzlich zu Kreuze kriechen und ihre Mutter um Hilfe bitten. Glauben Sie, daß ihr das leichtgefallen ist? Sie ist eine sehr stolze Frau. Sie ist durch die Hölle gegangen. Es wäre mir nicht eingefallen, sie zu irgend etwas zu zwingen, wenn ihr nicht danach war, Ihnen sämtliche Einzelheiten dieser Nacht anzuvertrauen. Ich finde, sie hat Ihnen sowieso genug erzählt. Was wollten Sie denn noch von ihr hören?«
    »Die Wahrheit«, antwortete Lynley.
    »Na, die haben Sie ja jetzt, nicht wahr?«
    Lynley hatte da seine Zweifel. Weniger bezüglich der Frage, ob er nun die Wahrheit hatte oder nicht, als Faraday selbst betreffend. Er hatte einen durchaus freimütigen Eindruck gemacht, nachdem er sich einmal zur Kooperation entschlossen hatte, aber eines an diesem Gespräch war doch sehr bezeichnend gewesen, und man durfte es nicht außer acht lassen: Solange er von sich selbst und seinen Aktivitäten in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag berichtet hatte, war er im hellen Schein des Neonlichts geblieben. Als er jedoch auf Olivia zu sprechen gekommen war, hatte er die Schatten gesucht.
    Licht und Schatten - das schien Lynley bei seinen Begegnungen mit Faraday und Olivia zu Miriam Whitelaw ein wiederkehrendes Motiv zu sein. Er konnte der bohrenden

Weitere Kostenlose Bücher