07 - Asche zu Asche
Spüle, Sir«, antwortete sie und trug die Teekanne zum Tisch. Sie sagte gerade: »Viel ist das ja nicht, aber wir müssen uns eben -«, als sie sich plötzlich erinnerte. Mit einem Knall setzte sie die Teekanne auf dem Tisch ab und rannte in die Küche zurück, wo Lynley gerade die Schublade aufzog. Sie griff an ihm vorbei und riß das getüpfelte Höschen und den rosaroten Büstenhalter heraus.
Er zog eine Augenbraue hoch. Sie stopfte die Unterwäsche in ihre Tasche. »In diesem Haus gibt es einfach nicht genug Schubladen«, sagte sie betont lässig. »Ich hoffe, Sie haben nichts gegen Teebeutel. Mit Lapsang-Souchong kann ich leider nicht dienen.«
Er nahm zwei Messer, zwei Gabeln und zwei Löffel aus der Schublade, sagte: »Teebeutel sind ganz in Ordnung«, und trug das Besteck zum Tisch. Sie folgte mit den Tellern.
Das Omelette war ein bißchen gummiartig, aber Lynley lobte:
»Das sieht vorzüglich aus, Havers«, und begann tapfer zu essen. Sie hatte beim Tischdecken die Gelegenheit wahrgenommen, um Liebe im Süden verschwinden zu lassen, aber er schien das Fehlen des Buchs gar nicht zu bemerken. Er war anscheinend völlig in Gedanken versunken.
Grübeln von längerer Dauer war nicht nach ihrem Geschmack. Nach einigen Minuten schweigenden Kauens und Schluckens begann sie sich unbehaglich zu fühlen und sagte schließlich: »Was ist?«
»Wieso?« fragte er zurück.
»Liegt's am Essen, an der Atmosphäre oder an der Gesellschaft? Oder vielleicht am Anblick meiner Unterwäsche? Sie war übrigens sauber. Oder an dem Buch? Hat Flint Southern es mit Star Soundso getrieben? Ich kann mich nicht erinnern.«
»Sie haben ihre Kleider gar nicht ausgezogen«, sagte Lynley nach einem Augenblick des Überlegens. »Wie ist das möglich?«
»Ein Regiefehler. Sie haben's also getan?«
»Würde ich mal denken, ja.«
»Wunderbar. Da brauch ich den Rest gar nicht mehr zu lesen. Das ist eigentlich ganz gut. Flint ist mir sowieso auf die Nerven gegangen.«
Sie aßen weiter. Lynley strich Brombeermarmel ade auf seinen Toast, wobei er die Butterflöckchen im Glas taktvoll übersah. Barbara beobachtete ihn mit Unbehagen. Sie war es nicht gewöhnt, daß Lynley sich in ihrem Beisein in längeres Nachdenken zurückzog. Ja, sie konnte sich keiner einzigen Gelegenheit in der Zeit ihrer Zusammenarbeit erinnern, bei der er nicht jede seiner Überlegungen und jeden seiner Gedankengänge zu einem Fall mit ihr besprochen hätte. Diese Bereitschaft, seine Ideen zu überprüfen und sie zu eigenen zu ermuntern, war eine Eigenschaft, die sie an ihm sehr bewunderte und an die sie sich im Lauf der Zeit so gewöhnt hatte, daß sie sie nun als selbstverständlich voraussetzte. Es war gar nicht seine Art, sie auszuschließen, und daß er es jetzt tat, kränkte sie fast.
Als er sich weiterhin ausschwieg, goß sie sich noch eine Tasse Tee ein und fragte schließlich: »Hat es mit Helen zu tun, Inspector?«
Sie weckte ihn damit immerhin so weit aus seiner Versunkenheit, daß er sagte: »Helen?«
»Richtig. Sie erinnern sich doch? Helen. Größe ungefähr eins siebenundsechzig. Kastanienbraunes Haar. Braune Augen. Reine Haut. Gewicht etwa vierundfünfzig Kilo. Na, klingelt's?«
Er gab noch einen Löffel Marmelade auf seinen Toast. »Es hat nicht mit Helen zu tun«, antwortete er. »Jedenfalls nicht vordergründig.«
»Eine sehr aufschlußreiche Antwort. Wenn es nicht mit Helen zu tun hat, womit denn?«
»Ich habe über Faraday nachgedacht.«
»Die Geschichte, die er uns erzählt hat?«
»Sie ist so glatt. Das stört mich.«
»Nun, wenn er Fleming nicht getötet hat, dann ist doch klar, daß er ein Alibi hat, nicht wahr?«
»Ja, aber es ist so grundsolide, während bei den anderen alles ein bißchen wacklig ist.«
»Pattens Alibi ist genauso solide wie Faradays«, konterte sie.
»Und Mollisons auch. Und auch das von Mrs. Whitelaw und Olivia. Sie glauben doch nicht im Ernst, daß Faraday diese Amanda Beckstead, ihren Bruder und die Nachbarn dazu angestiftet hat, eine Falschaussage für ihn zu machen? Außerdem, was hätte er denn von Flemings Tod gehabt?«
»Er persönlich vielleicht nichts.«
»Wer dann?« Barbara beantwortete ihre Frage gleich selbst.
»Olivia?«
»Sie könnten sich ja überlegt haben, daß Mrs. Whitelaw wahrscheinlich viel eher bereit wäre, ihre Tochter wieder aufzunehmen, wenn sie es schafften, Fleming aus dem Weg zu räumen. Meinen Sie nicht auch?«
Barbara tauchte ihr Messer ins Glas und bestrich ihren Toast
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