07 - Asche zu Asche
Frage, warum diese drei Menschen so beharrlich das Dunkel suchten, nicht ausweichen.
Lynley bestand darauf, sie nach Hause zu fahren. Nachdem Barbara ihm erzählt hatte, daß sie am Morgen, anstatt sich in das Getümmel auf den Straßen zu stürzen, lieber die Folterqualen einer U-Bahn-Fahrt auf sich genommen hatte, stellte er fest, daß Kilburn gar nicht weit von Belsize Park war, von wo es wiederum nur ein Katzensprung war bis Chalk Farm. Es wäre doch lächerlich, hielt er ihr vor, als sie protestierte, sie erst zum Yard zurückzubringen, wenn er sie innerhalb von zehn Minuten nach Hause fahren könne. Als sie nicht aufhörte zu widersprechen, sagte er, er habe genug von ihren albernen Widerreden, ob sie ihn nun endlich zu ihrer neuen Wohnung dirigieren wolle, oder ob es ihr lieber sei, wenn er blind durch die Gegend fahre und hoffe, sie durch Zufall zu finden.
Es war Barbara gelungen, ihn in den dreieinhalb Jahren ihrer beruflichen Partnerschaft von den harten Realitäten ihres Zuhauses in Acton fernzuhalten. Aber seinem eigensinnigen Gesicht sah sie an, daß sie heute abend mit ihrem Argument, daß er sie an der nächsten U-Bahn-Station absetzen könne, kein Glück haben würde. Zumal die nächste U-Bahn-Station ihr überhaupt nichts genützt hätte, da sie an der falschen Linie lag. Um von dort aus nach Hause zu kommen, hätte sie einen Riesenumweg fahren und zweimal umsteigen müssen. Maulend gab sie also klein bei und wies ihm den Weg zu ihrer Wohnung.
In Eton Villas überraschte Lynley sie damit, daß er den Bentley in eine Parklücke manövrierte und den Motor abstellte.
»Danke, daß Sie mich hergefahren haben, Sir«, sagte sie und öffnete die Wagentür, um auszusteigen.
Er stieg ebenfalls aus und blieb dann stehen, um die umliegenden Häuser zu mustern. Im selben Augenblick gingen die Straßenlichter an und beleuchteten sehr gefällig die edwardianischen Bauten ringsherum. Er nickte. »Eine hübsche Gegend, Sergeant. Schön ruhig.«
»Ja. Also, wann soll ich morgen -«
»Zeigen Sie mir Ihre neue Wohnung.« Lynley schlug die Wagentür zu.
Du lieber Gott, dachte sie. Am liebsten hätte sie lautstark protestiert, aber es gelang ihr, den Impuls zu unterdrücken.
»Äh - wie bitte, Sir?« fragte sie und dachte an sein Haus in Belgravia. In Gold gerahmte Ölgemälde, wertvolles Porzellan auf den Kaminsimsen, blitzendes Silber und Glasvitrinen. Eaton Terrace war eine andere Welt. Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte sie und sagte eilig: »Ach, du meine Güte. Da gibt's nicht viel zu zeigen, Inspector. Es ist überhaupt nichts. Ich glaube nicht, daß Sie -«
»Unsinn.« Schon marschierte er die Auffahrt hinauf.
»Sir«, rief sie, ihm hinterherlaufend. »Sir?« Aber als er das Tor aufstieß und auf die vordere Treppe des Hauses zuhielt, sah sie ein, daß alle Einwände sinnlos waren. Dennoch rief sie:
»Es ist nur ein Häuschen. Nein, stimmt gar nicht. Es ist nicht mal ein Häuschen. Es ist eher ein Schuppen. Sir, die Zimmer sind gar nicht hoch genug für Sie. Wirklich. Sie werden sich vorkommen wie Quasimodo, wenn Sie da reingehen.«
Ohne sich aufhalten zu lassen, ging er den Weg entlang zur Haustür. Da warf sie das Handtuch. »Ach, pfeif drauf«, sagte sie sich und rief ihm dann nach: »Inspector? Sir? Den anderen Weg. Nach hinten.«
Während sie ihn am Haus entlang zur Rückseite führte, versuchte sie sich zu erinnern, in welchem Zustand sie ihr Zuhause am Morgen verlassen hatte. Hatte sie irgendwo in der Küche Unterwäsche aufgehängt? War das Bett gemacht oder nicht? Das Frühstücksgeschirr weggeräumt? Krümel auf dem Boden? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie kramte nach ihrem Schlüssel.
»Ungewöhnlich«, sagte Lynley hinter ihr, während sie in ihrer Umhängetasche wühlte. »Ist das gewollt, Havers? Gehört das zu den neuen praktischen Wohnideen?«
Als sie den Kopf hob, sah sie, daß ihre kleine Nachbarin Hadiyyah ihr Versprechen gehalten hatte. Der in rosarote Plane eingehüllte Kühlschrank, der am Morgen noch vor der Erdgeschoßwohnung des großen Hauses gestanden hatte, befand sich jetzt neben der Tür zu Barbaras Häuschen. Samt einem mit Tesafilm angehefteten Brief, den Lynley Barbara reichte. Sie riß ihn auf. Im diffusen Licht, da aus einem der Fenster im rückwärtigen Teil des Hauses fiel, sah sie eine feine Handschrift, die wie gestochen wirkte: »Leider war es mir nicht möglich«, stand da, »den Kühlschrank in Ihr Haus zu stellen, da die Tür abgesperrt war. Tut
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