07 - Asche zu Asche
rief:
»Faraday?« und schlüpfte geduckt durch den Spalt. Barbara folgte ihm.
Chris Faraday drehte sich herum. Er stand an einer Werkbank, auf der zwischen Säcken mit Gips und allen möglichen Metallwerkzeugen verschiedene Gußformen lagen. An der Wand darüber hingen fünf subtil ausgearbeitete Bleistiftskizzen auf hauchdünnem Papier. Sie stellten Kassettenfelder dar, Gewölbebögen und andere Deckenornamente. Sie erinnerten in ihrer Feinheit an den Stil der Brüder Adam, gleichzeitig jedoch waren die Entwürfe kühner als die der Adams, als wären sie von einem Künstler geschaffen, der nicht die leiseste Hoffnung hatte, sie je verwirklichen zu können.
Faraday registrierte Lynleys kritischen Blick. »Mit der Zeit bekommt man soviel Taylor, Adam und Nash zu sehen, daß man plötzlich denkt: Sieht eigentlich ganz einfach aus, ich könnte doch selbst mal ein bißchen mit Stuck herumprobieren. Neue Entwürfe sind allerdings nicht sehr gefragt. Aber jemand, der die alten Formen reparieren kann, wird immer und überall gesucht.«
»Diese hier sind gut«, sagte Lynley. »Innovativ.«
»Mit neuen Ideen kommt man nicht weit, wenn man keinen Namen hat. Und ich hab leider keinen Namen.«
»Als was?« fragte Lynley.
»Nicht als Künstler. Höchstens als Restaurator.«
»Restauratoren sind gesucht, wie Sie eben selbst sagten.«
»Aber auf die Dauer reizt mich das nicht.« Mit einer Fingerspitze prüfte Faraday die Härte des Stucks und einer seiner Formen. Er wischte sich den Finger an seiner fleckigen Blue Jeans ab und hob einen Plastikeimer vom Boden auf. Den trug er zu einer Betonwanne am hinteren Ende seiner Werkstatt und füllte ihn mit Wasser. Über seine Schulter sagte er: »Aber Sie sind nicht hierhergekommen, um sich mit mir über Stuckarbeit zu unterhalten. Was kann ich also für Sie tun?«
»Sie können mir sagen, was Sie am letzten Mittwoch abend und in der Nacht getan haben. Aber diesmal bitte die Wahrheit.«
Faraday begann den Eimer mit einer Bürste auszuschrubben, die er von einem Bord über der Wanne genommen hatte. Er schüttete das Wasser aus und spülte den Eimer. Dann trug er ihn zur Werkbank zurück und stellte ihn neben einen Sack mit Gips. Seine Füße hinterließen einen deutlich sichtbaren Pfad im weißen Staub, der den Boden der Werkstatt bedeckte. Die Abdrücke überlagerten sich mit anderen, die bereits vorher dagewesen waren.
»Soweit ich feststellen kann, sind Sie ein intelligenter Mensch«, sagte Lynley. »Sie müssen doch gewußt haben, daß wir Ihre Geschichte überprüfen würden. Ich frage mich deshalb, weshalb Sie sie uns überhaupt erzählt haben.«
Faraday lehnte sich an die Werkbank. Er schien zu überlegen, was für eine Antwort er auf diese Bemerkung geben sollte. »Ich hatte gar keine Wahl«, sagte er schließlich. »Da Olivia dabei war.«
»Ach, und ihr hatten Sie erzählt, Sie seien auf einem Männerabend gewesen?« fragte Lynley.
»Sie erwartete, daß ich das erzählen würde.«
»Das ist ja eine interessante Unterscheidung, Mr. Faraday.«
Unter der Werkbank stand ein hoher Hocker auf Rollen. Den zog Faraday jetzt hervor und setzte sich. Barbara machte es sich so bequem wie möglich auf einer kleinen Trittleiter und zückte ihr Heft. Lynley blieb, wo er war. Anders als bei den Besuchen auf dem Boot war die Beleuchtung hier günstig. Neben dem Licht aus einer Neonröhre über der Werkbank, das Faraday direkt ins Gesicht fiel, drang auch von der Straße noch Helligkeit herein.
»Sie werden verstehen«, sagte Lynley, »daß wir eine Erklärung verlangen müssen. Sie sagen, Sie hätten uns die Geschichte von dem Männerabend erzählt, weil Miss Whitelaw erwartete, daß Sie das erzählen würden. Was hat das zu bedeuten?«
»Wenn ich etwas anderes gesagt hätte ...« Faraday rieb sich den Hals. »Das ist vielleicht ein Durcheinander«, murmelte er.
»Das, was ich in der Nacht getan habe, hat nur mit Olivia und mir zu tun. Und mit Fleming überhaupt nichts. Ich habe ihn gar nicht gekannt. Ich meine, ich wußte natürlich, daß er in Kensington wohnte, bei Olivias Mutter, aber das war auch alles. Ich bin dem Mann nie begegnet. Und Olivia auch nicht.«
»Dann dürfte es Ihnen doch keine Schwierigkeiten machen, uns über den vergangenen Mittwoch abend die Wahrheit zu sagen. Ich meine, wenn sie mit Flemings Tod nichts zu tun hat.«
Barbara raschelte bedeutsam mit den Seiten ihres Hefts. Faraday sah zu ihr hinüber.
»Olivia glaubte, die Geschichte von dem
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