07 - komplett
Küche, wo sie gerade den Suppentopf schrubbte.
Draußen herrschte winterliches Grau, kalte Luft erfüllte das Haus. Wenigstens war das Wasser warm, in das Francesca ihre geröteten Hände tauchte.
Ihren Schal hatte Francesca abgelegt, damit er nicht nass wurde. Eifrig reinigte sie den Topf und summte lächelnd eine fröhliche Melodie vor sich hin, als ihr Bruder eintrat. An der Art, wie er die Tür hinter sich schloss, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Beim Anblick seiner Miene verstärkte sich dieser Eindruck.
„Was ist passiert?“, fragte sie, nahm die Hände aus dem Wasser und trocknete sie an ihrer Schürze ab.
„Lord Holberton ist hier ...“ Noch mehr musste er nicht zu dem Thema sagen, alles andere las sie in seinen Augen. „Mama bittet dich, Tee aufzubrühen.“
Sofort pochte ihr Puls schneller. Doch sie ließ sich nichts anmerken und begann den Tee vorzubereiten. „Offenbar mag er dich sehr gern.“
„Wenn es bloß so wäre, Fran! Aber ich fürchte, er besucht uns nicht meinetwegen.
Auf dem Ball hat er dreimal mit dir getanzt.“
„Ja, außerdem mit Anne, Lydia und Sophy.“
„Jeweils nur einmal.“
„Und er hat dich in die Gesellschaft eingeführt, Tom. Deshalb wurden wir akzeptiert.
Sonst wäre der Abend eine Katastrophe gewesen.“
Achselzuckend tat er das Argument ab. „Gestern Morgen, beim Spaziergang durch den Garten von Holberton House, wich er nicht von deiner Seite.“
„Da er unser Gastgeber war, konnte er sich nicht anders verhalten.“
Eine Zeit lang schauten sie sich an, dann schwiegen sie, bis der Tee fertig war.
„Komm“, seufzte Tom, „gehen wir in den Salon.“
Sie nahm ihre Schürze ab und legte sie über einen der Stühle am Küchentisch. Fast schmerzhaft raste ihr Herz, und jene eigenartige Erregung stieg erneut in ihr auf.
Nach außen hin wirkte sie völlig normal. Sie glättete die losen Strähnen, die sich aus ihrem Haarknoten gelöst hatten, und befestigte sie mit den Nadeln, so gut sie es vermochte – obwohl ihre Finger bebten.
„Gewiss irrst du dich, Tom“, sagte sie leise. „Aber falls du recht hast, versichere ich dir, dass Lord Holberton nur seine Zeit verschwendet.“ Das Teetablett in den Händen, ging sie zur Küchentür.
5. KAPITEL
Als Francesca und Tom den Salon betraten, wärmte Lord Holberton seine Hände gerade vor dem Kaminfeuer. Er hatte seinen Einspänner selber zum Cottage gelenkt und einen großen Gewürzkuchen mitgebracht, der jetzt auf dem Tisch stand.
„Da bist du ja, Fran.“ Lächelnd hob Mrs Linden den Kopf. „Mit Tee und Biskuits. Darf ich Ihnen etwas anbieten, Sir?“
„Bitte, Madam“, antwortete Jack.
Mrs Linden füllte seine Tasse. „So gut haben wir uns neulich auf Ihrem Ball amüsiert.
Nicht wahr, Mädchen?“
„O ja, Mama, es war wundervoll“, antworteten Anne, Lydia und Sophy, die nebeneinander auf dem Sofa saßen, wie aus einem Mund.
Nur Francesca schwieg.
Lord Holberton nahm einen Schluck Tee, dann sah er sie an. „Und Sie, Miss Linden?
Ist der Abend zu Ihrer Zufriedenheit verlaufen?“
Forschend erwiderte sie seinen Blick. Hatte Tom recht? Spielte Jack Holberton mit ihr? Sie verspürte den Impuls, ihm zu erklären, das Fest sei halbwegs erträglich gewesen. In Wirklichkeit hatte sie sich elend gefühlt, bis er erschienen war. Und dann hatte sie seine Gesellschaft sehr genossen. „Wie meine Schwestern sagten, Sir, es war wundervoll.“ Doch die Botschaft ihrer Miene strafte die Worte Lügen.
Jacks Lächeln bildete winzige Fältchen in seinen Augenwinkeln. Fand er sie amüsant?
Jack blieb im Cottage, bis graue Schatten den Himmel verdüsterten.
„Wie früh es heute dunkel wird“, meinte Mrs Linden, „und es ist noch nicht einmal drei Uhr.“
Francesca stand auf und entzündete ein paar Kerzen, dann stellte sie die leeren Teetassen auf das Tablett. Dabei wanderte ihr Blick zum Fenster.
„O Gott!“, murmelte sie und schaute genauer hin.
Alle starrten sie an. Erschrocken beugte Mrs Linden sich vor und wollte aufstehen.
„Nein, nein, Mama, kein Grund zur Sorge“, beteuerte Francesca hastig. „Es schneit nur. Ziemlich stark.“
„Schnee!“ Sophy sprang vom Sofa auf und lief zum Fenster. „Ja, Fran hat recht!“, rief sie aufgeregt. „Da draußen ist alles weiß.“
„Lass mal sehen ...“ Lydia gesellte sich zu ihrer Schwester. „Ach, du meine Güte!“
„Vielleicht sollte Lord Holberton aufbrechen, bevor es noch schlimmer wird“, schlug Francesca vor.
Jack stand
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