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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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alles, was ich an Waffen besaß, bei meinem Pferd nieder. Als ich mich dann umdrehte, sah ich Nale-Masiuv schon kommen, mit langen, eiligen Schritten, gar nicht so langsam und würdevoll, wie es ihm als Häuptling ziemte. Das fiel mir auf. Er wollte sichtlich eher am Platz sein als ich. Warum? Es mußte das unbedingt einen Grund haben. Während ich ihm gemessenen Schritts entgegenging, beobachtete ich ihn scharfen Auges. An einer Stelle, welche die angegebene Mitte sein konnte, blieb er stehen und setzte sich nieder. Dabei hielt er die rechte Hand länger hinter sich, als notwendig war, um sich beim Niederlassen zu stützen. Hatte das einen Grund? Und wenn es einen hatte, welcher konnte es sein? Hatte er etwas hinter sich gelegt, was ich nicht sehen sollte? War er darum so rasch und eher als ich gekommen, um diesen Gegenstand verbergen zu können? Mußte diese Frage mit Ja beantwortet werden, so konnte dieser Gegenstand nichts andres als eine Waffe sein.
    Jetzt hatte ich ihn erreicht und stand nur noch drei Schritte von ihm entfernt. Sollte ich diese drei Schritte auch noch tun, um zu sehen, was er hinter seinem Rücken hatte? Nein; das wäre Old Shatterhands nicht würdig gewesen. Ich setzte mich langsam nieder. Dann bohrten sich unsre Augen förmlich ineinander; jeder wollte seinen Gegner taxieren, und zwar richtig taxieren.

Nale-Masiuv war ein lang und schmal gebauter, aber starkknochiger und sehnenkräftiger Mann im Alter von vielleicht fünfzig Jahren. Seine Backenknochen traten weit hervor; seine scharfe Adlernase und die dünnen, zusammengekniffenen Lippen ließen in Verbindung mit den kleinen, wimperlosen Augen auf festen Willen, Tatkraft, Falschheit und Verschlagenheit schließen. Er betrachtete mich langsam vom Kopf bis zu den Füßen herab, öffnete dann den Gürtel und das Jagdhemd und sagte:
    „Old Shatterhand mag hersehen!“
    „Warum?“ fragte ich.
    „Um sich zu überzeugen, daß ich keine Waffe habe.“
    Nun war ich grad im Gegenteil vollständig überzeugt, daß er hinter sich ein Messer oder etwas Ähnliches liegen oder in die Erde gesteckt hatte.
    „Warum sagt Nale-Masiuv diese Worte?“ antwortete ich. „Sie sind überflüssig.“
    „Nein. Du sollst sehen, daß ich ehrlich bin.“
    „Nale-Masiuv ist ein Häuptling der Comanchen, und Old Shatterhand ist nicht nur ein weißer Jäger, sondern er wurde zum Häuptling der Mescalero-Apachen ernannt. Die Worte von Häuptlingen müssen wie Schwüre gelten. Ich habe versprochen, keine Waffe mitzubringen, und so habe ich keine mit; das brauche ich dir nicht erst zu zeigen und zu beweisen.“
    Indem ich dies sagte, bog ich das rechte Bein ein und legte den Fuß unter das linke, um schnell aufspringen zu können. Er achtete darauf nicht. Er fühlte gar wohl den Stich, den ich ihm mit meinen Worten versetzt hatte, und antwortete:
    „Old Shatterhand spricht sehr stolz. Es wird die Zeit kommen, in welcher er demütiger redet!“
    „Wann wird das sein?“
    „Wenn wir ihn gefangengenommen haben.“
    „Da kann Nale-Masiuv warten, bis er gestorben ist. Du wirst mein Gefangener, aber ich werde nicht der deinige sein.“
    „Uff! Wie könnte Nale-Masiuv gefangen werden?“
    „Du bist es schon!“
    „Jetzt?“
    „Ja.“
    „Old Shatterhand führt Behauptungen im Mund, ohne sie beweisen zu können!“
    „Der Beweis liegt vor deinen Augen. Sieh dich um!“
    „Pshaw! Ich sehe Bleichgesichter!“ sagte er mit einer unendlich wegwerfenden Handbewegung.
    „Diese Bleichgesicht sind geübte Soldaten, denen deine Krieger nicht widerstehen können!“
    „Sie sind Hunde, denen wir die Felle lebendig über die Ohren ziehen werden. Kein solches Bleichgesicht ist imstande, es mit einem Roten aufnehmen zu können.“
    „So sag einmal, ob die Apachen rote Krieger sind!“
    „Sie sind es.“
    „So magst du erfahren, daß der hintere Teil Eures Lagers von Apachen eingeschlossen ist.“
    „Old Shatterhand lügt!“
    „Ich lüge nie, und du weißt gar wohl, daß ich auch jetzt die Wahrheit sage. Oder willst du behaupten, das Kriegsgeschrei der Apachen nicht gehört zu haben? Bist du taub?“
    „Wie groß ist ihre Zahl?“
    Ich war natürlich nicht so aufrichtig, ihm zu sagen, daß es nur fünfzig waren; ich antwortete:
    „So groß, daß sie allein genügen, euch zu vernichten.“
    „Sie mögen sich zeigen!“
    „Du wirst sie sehen, sobald es mir beliebt.“
    „Von welchem Stamm sind sie?“
    „Vom Stamm der Mescaleros, zu welchem ich und Winnetou

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