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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Halbkreis auszubilden hatte; ich plazierte mich voran, und dann ging es im Galopp vorwärts, auf der großen, ausgetretenen Fährte zurück und auf die ‚Hundert Bäume‘ zu.
    Es galt, so schnell zu sein, daß die Roten vollständig überrascht wurden und keine Zeit zur Überlegung fanden. Wir flogen wie ein Sturm über die Ebene, still und lautlos; nur der Hufschlag der Pferde war zu hören. Der Boden verschwand, sozusagen, hinter uns; unsre Linie rundete sich; die beiden Spitzen griffen schneller aus als die Mitte; wir näherten uns dem Lager mit rapider Schnelligkeit. Dort sah man uns, ohne zunächst zu erkennen, wer wir waren; als dann die Comanchen sahen, daß sie es mit Bleichgesichtern zu tun hatten, stießen sie ein markdurchdringendes Geheul aus, griffen zu den Waffen und rannten nach ihren Pferden – zu spät, denn unser Halbring hatte sich bereits geschlossen. Nun wollten sie sich nach rückwärts wenden, da aber erscholl weithin und über das ganze Lager und in die Wüste hinaus der Kriegsruf der Apachen. Er klingt wie ein mit der höchsten Kopfstimme ausgestoßenes, langgezogenes Hiiiiiiiiii , bei welchem man mit der Hand auf den Mund tremuliert. Als die Comanchen diesen Ruf hörten, wichen sie schnell von den Büschen zurück, denn sie erkannten, daß sie auch auf dieser Seite eingeschlossen seien.
    Wir hielten außer Schußweite von ihnen und sahen, welch eine Verwirrung sich ihrer bemächtigt hatte. Sie liefen hin und her; laute Rufe ertönten; da sie aber sahen, daß ihnen von keiner Seite etwas geschah, wurden sie ruhiger und hielten in einem engen Trupp am Wasser beisammen. Da stieg ich vom Pferd und ging langsam auf das Lager zu. Sie sahen mich kommen und waren jedenfalls sehr neugierig auf das, was ich beabsichtigte. Ich näherte mich ihnen bis auf eine Entfernung von zweihundert Schritten und rief ihnen zu:
    „Die Krieger der Comanchen mögen mich hören! Hier steht Old Shatterhand, der weiße Jäger, der mit Nale-Masiuv sprechen will. Wenn der Häuptling der Comanchen Mut besitzt, mag er sich mir zeigen!“
    Es entstand eine augenblickliche Bewegung unter ihnen, und trotz der Entfernung und trotzdem sie leise sprachen, war es mir, als ob ich halb unterdrückte Ausrufe des Schreckens hörte. Nach einer Weile trat einer hervor, welcher mehrere Federn im Schopf trug; er schwang den Tomahawk und rief mir zu:
    „Hier steht Nale-Masiuv, der Häuptling der Comanchen. Wenn Old Shatterhand seinen Skalp geben will, mag er herkommen; ich werde mir ihn nehmen!“
    „Sollen das die Worte eines tapfern Häuptlings sein?“ antwortete ich. „Ist Nale-Masiuv so feig, daß ihm ein Skalp, den er haben will, entgegengebracht werden muß? Wer Mut besitzt, der holt sich ihn!“
    „So komme Old Shatterhand her, um zu erfahren, ob er den meinigen bekommen kann!“
    „Old Shatterhand geht nicht auf Skalpe aus; er ist ein Freund der roten Männer und wünscht, sie vor dem Tod zu bewahren. Die Krieger der Comanchen sind ringsum eingeschlossen; ihr Leben gleicht der Wolle der wilden Rebe, die jeder Windhauch mit sich nimmt; aber Old Shatterhand möchte sie retten. Nale-Masiuv mag zu mir kommen, um sich mit mir zu beraten.“
    „Nale-Masiuv hat keine Zeit!“ erscholl es zurück.
    „Wenn er keine Zeit zur Beratung hat, so wird er Zeit haben, zu sterben. Ich gebe ihm eine Frist von fünf Minuten; hat er da noch nicht zugesagt, so werden unsre Gewehre sprechen. Howgh!“
    Mit diesem indianischen Wort der Bekräftigung drückte ich aus, daß ich fest entschlossen sei, meine Drohung auszuführen, und daß mich nichts darin hindern könne. Der Häuptling trat zu seinen Leuten zurück und verhandelte mit ihnen. Als die fünf Minuten verflossen waren, rief ich ihnen zu:
    „Die Frist ist vorüber. Was hat Nale-Masiuv beschlossen?“
    Er kam wieder einige Schritte vorwärts und fragte:
    „Meint Old Shatterhand es ehrlich mit dieser Unterredung?“
    „Old Shatterhand handelt stets ehrlich!“
    „Wo soll sie stattfinden?“
    „Grad in der Mitte zwischen uns und euch.“
    „Wer soll daran teilnehmen?“
    „Nur du und ich.“
    „Und jeder kehrt frei zu den Seinen zurück?“
    „Ja.“
    „Bis wir zurückgekehrt sind, dürfen die Krieger keiner Partei eine Feindseligkeit begehen?“
    „Das versteht sich von selbst.“
    „Und wir haben keine Waffen bei uns.“
    „Keine!“
    „So mag Old Shatterhand gehen und alle seine Waffen ablegen; ich werde gleich kommen.“
    Ich kehrte nach unsrer Linie zurück und legte

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