070 - Der Galgenbaum im Jenseits
führte uns. Sein Orientierungssinn war sagenhaft.
Als wir die Höhle erreichten, traf mich der Schock mit der Wucht eines Keulenschlages. Jubilee sterbenskrank, eine Aussätzige! Und Tuvvana und Cruv konnten ihr nicht helfen.
Auch Cinto wußte keinen Rat, und so hängte ich meine ganze Hoffnung wieder einmal an Parthos. Wenn der Zauberer auch nichts für Jubilee tun konnte, war der sympathische Prä-Welt-Floh verloren.
Er zog sich mit dem Mädchen ins tiefste Innere der Höhle zurück und bat uns, ihn mit ihr allein zu lassen.
Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß ich in der darauffolgenden Nacht kein Auge zutun konnte. Fast zwölf Stunden standen Parthos zur Verfügung.
Wenn es ihm nicht gelang, in dieser Zeit die Krankheit aus Jubilees Körper zu vertreiben, würde sie mit Sicherheit sterben.
Die Nacht war endlos lang.
In der Dunkelheit sah ich Cruv und Tuvvana - eng umschlungen. Mr. Silver und Roxane ebenfalls.
Auch Jesse Higgins und Tom Bellwood schliefen - sie hatten während unseres Rückwegs immer wieder betont, wie dankbar sie uns für die Rettung wären.
Vor der Höhle lag der Shanggin. Er schnarchte. Ich mußte lächeln.
Auch Bilco schlief den Schlaf des Gerechten, nur ich konnte keine Ruhe finden. Ich beschäftigte mich mit meinen Gedanken immerzu mit Jubilee, und ich drückte ihr ganz fest die Daumen. Das war herzlich wenig - ich weiß.
Cinto schlief natürlich nicht in seiner Rüstung. Aber er trug sein Kettenhemd. Der goldene Dolch würde ihm in Zukunft helfen, viele Gefahren besser zu meistern.
Als endlich die Sonne aufging, setzte ich mich auf. Müde und abgespannt schaute ich in die Dunkelheit, dorthin, wo sich Parthos mit Jubilee befand, und ich fürchtete mich vor dem Moment, wo mir Parthos entgegentreten und sagen würde, daß seine Zauberkräfte nicht gereicht hätten.
Bewegung in der Finsternis…
Parthos?
In mir krampfte sich alles zusammen.
Ich sah eine Gestalt. Es war nicht Parthos.
»Jubilee!«
Mein Schrei weckte die anderen, und sie freuten sich mit mir. Jubilee war geheilt! Parthos hatte ein Wunder vollbracht.
Er trat hinter das Mädchen, sah erschöpft aus. Der Kampf gegen die Krankheit hatte ihn sichtlich ausgelaugt, aber er sagte, wir brauchten uns um ihn keine Sorgen zu machen, er würde bald wieder zu Kräften kommen.
Jubilee kam auf mich zu. »Tony«, flüsterte sie.
Hübsch war sie. Verdammt hübsch. Und überhaupt nicht mehr krank. Da gab es keine Beulen, keine Narben, kein schleimiges Sekret.
»Komm in meine Arme, Prä-Welt-Floh«, sagte ich.
Sie weinte, als sie gegen mich sank, und ich mußte etliche Male kräftig schlucken.
»Du hast all deine Schulden bezahlt, Parthos«, sagte ich dankbar.
Bilco trat neben seinen Vater. Der Zauberer legte seinen Arm um seinen Sohn.
»Werdet ihr auf die Erde zurückkehren?« fragte Parthos.
»Ja, und zwar noch in dieser Stunde«, antwortete ich. »Wirst du Rache nehmen an Sastra?«
Der Zauberer nickte. »Sobald ich wieder bei Kräften bin, mache ich mich auf den Weg zu ihm.«
Ich wandte mich an Cinto. »Und was hast du vor?«
»Ich reite weiter. Allein.«
»Wohin?«
Der Vernichter hob die Schultern. »Vielleicht finde ich einen Ort, wo ich in Frieden leben kann.«
Ich wünschte ihm, Bilco und Parthos viel Glück. Die anderen schlossen sich diesen Wünschen an, und dann bereiteten wir uns auf unsere Rückkehr vor…
ENDE
[1] Siehe Tony Ballard Nr. 69 »Duell um das Höllenschwert«
[2] Siehe Tony Ballard Nr. 68 »Das Schädelgrab«
[3] Siehe Tony Ballard Nr. 50 »Als der Silberdämon starb«, und folgende
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