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0700 - Aphilie

Titel: 0700 - Aphilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Erliegen. Die Regierung hatte ihr Ziel erreicht. Es war ihr zwar nicht gelungen, die echten Kopien „des Buches" zu erfassen, aber zumindest der weiteren Verbreitung „des Buches" war Einhalt geboten.
    Zu den wenigen, die „das Buch" besaßen, gehörten Sylvia Demmister und Sergio Percellar. Sie waren natürliche Immune und hatten sich bis zu dem Tag, an dem sie im Lehrsaal einer europäischen Universität einander zum ersten Mal begegneten, mehr schlecht als recht durchs Leben geschlagen, Teilnahmslosigkeit heuchelnd, den göttlichen Funken der Liebe unter ausdruckslosen Mienen verbergend. Sie hatten sofort Zuneigung zueinander gefaßt. Auf gänzlich altmodische und unlogische Art und Weise hatten sie sich ineinander verliebt.
    Sylvia besaß eine Kopie „des Buches". In nächtelangem Bemühen hatten sie beide den Text auswendig gelernt, da sie fürchten mußten, daß eines Tages ein Agent der Regierung hinter ihr Geheimnis kommen und „das Buch" konfiszieren würde.
    Sie prägten sich die Texte des Buches in der ursprünglichen Wortfolge so nachhaltig ein, daß sie zum festen Bestandteil ihres Bewußtseins wurden.
    Als die Regierung verlauten ließ, daß im Laufe des kommenden Jahres der Personal-Identifizierungs-Kodegeber eingeführt werden solle, da wußten Sergio und Sylvia, daß ihre Stunde endgültig geschlagen hatte. Der PIK war ein winziges, elektronisches Gerät, das nach dem Willen der Regierenden jeder Mensch künftig in seinem Körper tragen solle. Der PIK strahlte in regelmäßigen Abständen ein Signal aus, das charakteristisch für den Träger des Geräts war. Dieses Signal wurde von den Sensoren der rund um die Erdoberfläche verteilten Computer des Personal-Überwachungs-Systems, PIMOS, aufgefangen. Auf diese Weise wußte PIMOS zu jeder Sekunde, wo irgendein beliebiger PIK-Träger sich aufhielt.
    PIMOS war der Ansatz und die Grundbedingung für ein System, das der Regierung die totale Überwachung jedes einzelnen Menschen ermöglichen sollte.
    Der Gedanke der vollkommenen Überwachung war Sylvia und Sergio unerträglich. Sie hatten längst von dem Gerücht gehört, nach dem es im Innern der Insel Borneo eine Kolonie der Immunen geben sollte. Sie machten sich auf den Weg nach Südostasien. Vor zwei Tagen waren sie in Bangkok angekommen. Einen Tag hatten sie damit verbracht, unter der Hand nach einer See- oder Luftverbindung nach Borneo zu forschen. Wer nach Borneo wollte, war der Staatspolizei automatisch verdächtig. Daher mußten sie ihre Forschungen mit höchster Vorsicht betreiben. Dann kam der Zwischenfall, bei dem es der Staatspolizei um ein Haar gelungen wäre, Sergio in eine Hypnofalle zu bugsieren.
    Er hatte die Gefahr abwehren können, aber Borneo waren sie damit nicht um einen Schritt nähergekommen. Jetzt lagen sie am Rande von Bangkok in einem Park, lauschten auf das Rauschen der Blätter und starrten hinauf zu den Lichtern der Sterne des Mahlstroms.
    Der Freund Medaillon sandte ihre ersten, tastenden Strahlen durch das Blattwerk des Gebüschs. Sergio wachte auf. Ein paar Augenblicke lang lag er völlig ruhig und lauschte den Geräuschen des erwachenden Tages.
    Neben ihm lag Sylvia. Sie schlief noch. Er betrachtete sie, und ein Gefühl der Zärtlichkeit stieg in ihm empor. Sylvia war nicht schön im klassischen Sinne des Wortes, aber sie war eine überaus anziehende, erregende Frau. Selbst die Farblosigkeit und Monotonie der modernen, aphilen Kleidung vermochten die vollendeten Formen ihres Körpers nicht zu verbergen. Sylvia hatte dunkle Augenbrauen und langes, rötliches Haar. Da die Aphilie jedoch keine langen, wehenden Haare kannte, hatte sie sie unter einem Band gerafft, so daß ihre Frisur dem Standard-Bubikopf der aphilen Weiblichkeit entsprach. Ihre Brauen hatten ihr schon manche Schwierigkeit verursacht. Der Kontrast zwischen Haar und Brauen nämlich ließ die Brauen gefärbt erscheinen, und da die Aphilie in ihrer nur - logischen Denkweise alle Art von Kosmetik für wertlosen Schnickschnack hielt, war Sylvia des öfteren darauf angesprochen worden, sie solle das Färben der Augenbrauen unterlassen.
    Sylvia begann sich zu rühren. Sie schlug die Augen auf, blickte ihn an und lächelte. Sie richtete sich zu sitzender Stellung empor und sah sich um. Medaillon erschien über dem Horizont und tauchte die Welt in ein rotgoldenes Licht.
    Sylvia reckte sich und stand auf.
    „Was steht für heute auf dem Programm?" erkundigte sie sich.
    „Ich habe darüber nachgedacht", antwortete

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