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0700 - Aphilie

Titel: 0700 - Aphilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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vor zehn Jahren geboren wurde, erbte das bereits mutierte Seelengefüge seiner Eltern und war daher seelisch von Anfang an so gebaut, als hätte es schon siebzig Jahre unter Medaillon gelebt. Ich habe keinen Zweifel daran, daß im Laufe der nächsten Monate und Jahre die seelische Veränderung bei allen Menschen zum Durchbruch kommen wird. In zehn Jahren wird es einfach keinen Menschen mehr geben, der Emotionen empfinden kann. Es wird nur noch Wesen geben, die logisch denken und im übrigen ihren Urtrieben gehorchen."
    „Ohne Ausnahmen...?"
    „Ein paar Ausnahmen wird es schon geben", gestand Waringer zu, „eine Handvoll vielleicht, womöglich auch ein paar tausend.
    Aber nicht genug, als daß sie ins Gewicht fallen könnten. Das sind diejenigen, die psychisch von Grund auf anders gestaltet sind als normale Menschen und denen die Strahlung daher nichts anhaben kann. Denkt nur an die Mucierer auf Goshmos-Castle. Sie sind, soweit wir das beurteilen können, in ihrer Emotionalität völlig normal. Eben deshalb, weil sich ihre seelische Struktur von der unseren grundlegend unterscheidet."
    Bedrücktes Schweigen herrschte in dem kleinen, fensterlosen Raum. Aber plötzlich fing Geoffry Waringer noch einmal an zu sprechen.
    „Eine Gruppe von Ausnahmen wird es allerdings für alle Zeiten geben", sagte er mit sonderbarer Betonung, und als er aller Augen erstaunt und wißbegierig auf sich gerichtet sah, fuhr er fort: „Es steht nämlich fest, daß Zellaktivatoren, deren Tätigkeit sich ja auch zum großen Teil auf hyperenergetischer Ebene abspielt, ein Strahlungsfeld erzeugen, in dem die gefährliche Komponente des Medaillon-Spektrums völlig aufgesogen wird."
    Er sah sich um und gab seinen Worten Zeit zu wirken. Dann schloß er mit traurigem Lächeln: „Das heißt, meine Herren, daß ausgerechnet wir der allgemeinen Lieblosigkeit nicht zum Opfer fallen werden. In einer Welt der Gefühllosigkeit werden die Aktivatorträger die einzigen sein, die noch so empfinden wie normale Menschen. Leider bin ich mir noch nicht ganz im klaren, ob ich mich darüber freuen oder ob ich vor dieser Aussicht erschrecken soll."
     
    *
     
    Es war einer der wenigen Abende, die Perry Rhodan an jenem Ort verbrachte, den er sein Heim nannte: ein geräumiges Appartement an der Peripherie des Kerns von Imperium-Alpha gelegen, oberirdisch und mit einer Reihe großer Fenster ausgestattet, die auf die mächtige Stadt hinausblickten.
    Medaillons roter Schimmer lagerte noch über der Erde, obwohl der riesige Glutball der Sonne längst hinter dem Horizont verschwunden war. Rhodan ruhte bequem in einem Gliedersessel, den er in die Nähe des Fensters hatte gleiten lassen. Gedankenverloren starrte er hinaus in die purpurrote Dämmerung. Da erklang hinter ihm, aus dem Halbdunkel des Raumes, die Stimme einer Frau, in der Zärtlichkeit ebenso mitschwang wie verhaltene Sorge.
    „Hat das fürchterliche... Ding schon einen Namen? Weiß man schon, wie man sich darauf beziehen muß, wenn man darüber spricht?"
    Ein knappes Lächeln huschte über Rhodans Gesicht.
    Er antwortete, ohne dabei den Kopf zu wenden: „Da kennst du Geoffry schlecht, wenn du meinst, er setzte uns über ein Phänomen in Kenntnis, ohne auch gleich einen Namen dafür parat zu haben."
    „Nun, wie nennt er es?" wollte Orana wissen.
    „Aphilie", lautete die Antwort, „der Mangel an Liebe. Nicht triebhafter Liebe, sondern Nächstenliebe."
    „Aphilie", wiederholte Orana fast flüsternd. „Wie harmlos das klingt, und doch ist es drauf und dran, die Menschheit zu zerstören."
    „Vielleicht sehen wir die Sache zu schwarz", versuchte Rhodan sie zu trösten. „Auch Wesen, die nur logisch denken, können überleben."
    „Überleben schon", gab Orana zu, „aber was wird das für eine Welt sein! Stell dir vor: Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind ist ein Naturinstinkt. Sie entspringt dem Trieb zur Erhaltung der Art.
    Mütter werden also fortfahren, sich um ihre Kinder zu sorgen, sie zu schützen und ihnen ein Heim zu bieten. Was aber werden sie empfinden, wenn ihre Liebe nicht erwidert wird? Denn die Liebe des Kindes zu seiner Mutter entspringt keinem Urinstinkt."
    „Die Mutter wird sich nichts daraus machen, denn auch ihr ist mittlerweile alle Emotion fremd", widersprach Rhodan.
    Gänzlich unbeeindruckt von diesem logischen Einwand fuhr Orana mit wachsendem Eifer fort: „Wenn du mit anderen zusammen am Mittagstisch sitzt und deinem Nebenmann bei der Auswahl einer Scheibe Roastbeef den Vortritt

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