Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0241 - Der Teufel bündelt neue Blüten

0241 - Der Teufel bündelt neue Blüten

Titel: 0241 - Der Teufel bündelt neue Blüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Teufel bündelt neue Blüten
Vom Netzwerk:
An diesem nasskalten Novemberabend wurde ich Zeuge eines Mordes.
    Mir blieb keine Zeit, um einzugreifen. Die Mörder kamen in einem Wagen und verschwanden gedankenschnell hinter den Regenschleiern, mit denen New York an diesem Tage verhangen war.
    Es regnete Bindfäden, und der Sturm peitschte heftige Böen vom Hudson her durch die 45. Straße. Von der Hutkrempe plätscherte ein stetes Bächlein über meine Nase. Tropfen sprühten in den hochgestellten Kragen meines Mantels und sickerten kalt den Rücken hinunter.
    Ich war unterwegs, um mir die neueste Sensation anzusehen; den Twist, jener Tanz, der von einem Tag zum anderen die große Mode geworden war.
    Noch hundert Schritt, und ich würde mein Ziel erreicht haben: die Bar mit dem komischen Namen WAGON-WHEEL. Sie war mir als das Eldorado des Twist bezeichnet worden. Ich sah gerade die rote Neonbeleuchtung über dem Eingang, als eine schattenhafte Gestalt aus der Bar trat. Es war ein Mann, der wie alle Passanten den Hut tief in die Stirn gezogen und den Kragen hochgeklappt hatte.
    Der Mann blieb einen Augenblick stehen und schien unschlüssig zu sein, welche Richtung er einschlagen sollte. Dann kam er genau auf mich zu.
    Hinter mir leuchteten in diesem Augenblick die Scheinwerfer eines Wagens auf und versuchten, den Regenschleier zu durchdringen. Kaskaden von Wasser aufwirbelnd, kam das Fahrzeug schnell näher. Ich drückte mich gegen die Hauswand, um dem aufspritzenden Schmutzwasser aus dem Weg zu gehen. Man hätte meinen können, der Fahrer des Wagens lege es darauf an, mich zu durchnässen, denn plötzlich schwenkte er auf die verkehrte Straßenseite. Gerade als ich ärgerlich den Kopf wandte, raste der Wagen an mir vorbei. Für eine Sekunde sah ich in dem heruntergekurbelten Fenster den blau schimmernden Lauf einer Maschinenpistole.
    Mit einem mächtigen Sprung brachte ich mich im nächsten Hausflur in Sicherheit. Im gleichen Augenblick hörte ich den ratternden Stoß einer Tommy Gun, dem das Surren und Pfeifen von Querschlägern folgte.
    Als ich die Nase wieder hinausstreckte, sah ich die roten Schlusslichter des Wagens in Richtung Ninth Avenue verschwinden.
    Mir hatte das Feuerwerk offensichtlich nicht gegolten. Dort aber, wo ich zuletzt den Mann aus dem WAGON-WHEEL gesehen hatte, lag etwas dicht an der Hauswand. Von Weitem sah es aus wie ein halb gefüllter Sack.
    Es war der Mann. Mehr als ein Dutzend Kugeln hatte ihn getroffen. Von überallher tauchten Neugierige auf. Eine Trillerpfeife schrillte, und eine Sirene gab Antwort. Ein Cop kam die Straße heraufgetrabt und drängte sich fluchend durch den Ring, der sich um den Toten gebildet hatte.
    Dem Cop war eine solche Situation durchaus nicht unbekannt. Er ließ seinen Blick in die Runde gehen und fragte:
    »Wer hat etwas gesehen?«
    »Er wurde aus einem Wagen heraus erschossen«, meldete sich einer der Umstehenden zu Wort. »Ich stand gerade hinterm Fenster und sah das Mündungsfeuer.«
    Zwei oder drei andere hatten dieselbe Beobachtung gemacht, und da auch ich nicht hätte mehr sagen können, hielt ich den Mund. Es war klar, dass der Wagen in einiger Entfernung gewartet hatte. Als der Mann das Lokal verließ, hatte man ihn kaltblütig erschossen.
    Wer es war, würde ich jederzeit von der Mordkommission der Stadtpolizei erfahren können, falls mich das interessieren solle. Vorläufig ging mich die Sache dienstlich nichts an.
    Es sah aus wie einer der von Zeit zu Zeit verübten Gangstermorde. Es war genau die Manier, auf die die kleinen und großen Könige der Unterwelt ihre Streitigkeiten auszutragen pflegen.
    Ich setzte also meinen Weg fort und trat in das WAGON-WHEEL.
    Hier schien man von dem Drama auf der Straße nichts gemerkt zu haben. Die Kappelle jaulte, quiekte und trommelte. Einige Pärchen produzierten sich Hüften wackelnd dem andächtig staunenden Publikum.
    Ich setzte mich an die Bar und betrachtete den bis zum letzten Platz angefüllten Raum. Neben tanzwütigen Teenagern sah ich eine ganze Menge elegant gekleideter Damen und Herren, die den neusten Nervenkitzel aus der Nähe betrachteten.
    Dazwischen lungerten Taschendiebe und Schlepper von Spiellokalen und zweifelhaften Nachtklubs.
    Zwei junge Burschen kamen herein, schüttelten sich und kamen an die Bar.
    »Gib uns zwei Doppelte«, sagte der eine zu dem Wirt und fügte so ganz beiläufig hinzu. »Da draußen haben sie eben einen umgelegt.«
    »Siehst du, ich habe doch recht gehabt«, meinte mein Nachbar zur Linken. »Ich sagte ja gleich, dass

Weitere Kostenlose Bücher