0701 - Draculas Blutgemach
Königin zu erleben, aber keine Hexe, die Tod und Vernichtung auf ihre Fahnen geschrieben hatte.
Sie handelte im Sinne Liliths, die nicht anders reagierte. Sie frönte der Lust, und sie zerstörte gleichzeitig. Das hatten bereits die Völker der Antike gewußt, bei denen Lilith ebenfalls ein Begriff war, wenn auch unter anderem Namen.
Sie strich noch einmal mit beiden Händen über den dicken Stoff hinweg. Er war härter als das ungewöhnliche Futter an der Innenseite. Sie wußte nicht, aus welch einem Material es bestand, aber sie hatte nachgeforscht und festgestellt, daß es sich wie Haut anfühlte…
Tier- oder Menschenhaut? Es war ihr egal, weil bei diesem Mantel nur die Funktion zählte.
Natürlich fragte sie sich, ob der Blutgraf Dracula etwas darüber gewußt hatte.
Sie konnte es sich kaum vorstellen, sonst hätte er den Mantel öfter getragen und durch gewisse Zeitreisen auch woanders seine blutigen Spuren hinterlassen als nur in Rumänien. Wahrscheinlich wußte er nicht, was er da in seinem Besitz gehabt hatte.
Sie trug ihn jedenfalls mit Stolz, und bei jedem Schritt schwang das Kleidungsstück in seiner unteren Hälfte wie eine Glocke um ihre Beine. Das Wasserbecken mußte sie umschreiten. Diesmal hatte sie nicht mehr den Eindruck, beobachtet zu werden. Im Gegenteil, sie fühlte sich sicher.
Keiner würde ihr etwas anhaben können…
Einen flüchtigen Gedanken verschwendete sie noch an den Mann, der in die Grube mit den Pfählen gefallen war. Er hatte versucht, sie, die Hexe, zu stoppen. Es war bei einem lächerlichen Versuch geblieben. Er würde gegen sie nichts erreichen können, gar nichts. Sie war immer besser, sie war immer stärker.
Dann passierte sie die Fackeln. Sie stanken nach verbranntem Pech. Schwarzer Rauch umwehte sie wie lange Rußwolken, wischte an ihrem Gesicht vorbei und über die Haare hinweg.
Bis zur Tür war es nicht mehr weit.
Hinter ihr lag das Refugium des Blutgrafen, seine Stätte der Lust, aber auch ein Ort des Todes. Nicht umsonst hatte er dort die Grube mit den Pfählen angelegt. Wahrscheinlich würde er die Schreie seiner Opfer hören wollen, wenn er sich amüsierte.
Wer so etwas tat, war kein Mensch mehr. Der zählte bereits zu den Kreaturen einer anderen Welt und hätte gut ins Pandämonium hineingepaßt.
Vor der Tür stoppte Assunga.
Sie wunderte sich, denn die war breiter, als sie angenommen hatte.
Sie zeigte einen graugrünen Anstrich, durch den die Maserung des Holzes schimmerte.
Darüber wunderte sie sich nicht. Es gab eine andere Tatsache, die sie als ungewöhnlich ansah.
Es war das Schloß.
Nicht allein, daß es sich in der Türmitte befand, es kam auch noch etwas anderes hinzu, es war übergroß und besaß die Form eines Kreuzes, wobei die Kanten jeweils zugespitzt waren, als sollten sie in Lanzenspitzen enden.
Ein derartiges Schloß hatte die Hexe noch nie gesehen, und sie wunderte sich weiter darüber, daß der Schlüssel von außen steckte.
Auch er war ungewöhnlich lang. Den Bart konnte sie nicht sehen, er war in der Öffnung verschwunden, dafür aber den langen Stiel und das Oval des Schlüsselgriff, in das sogar mehr als ein Finger hineinpaßte. Sie konnte drei von ihren hineinschieben.
Sie bückte sich und brachte ihr Gesicht näher an das Schloß heran.
Assunga tat es nicht zum Spaß, denn ihr war ein gewisser Geruch aufgefallen, den sie sehr genau kannte.
So roch nur Blut…
Woher stammte der Geruch? Sickerte die Flüssigkeit vielleicht unter dem Türspalt her?
Assunga schaute genauer nach, aber ihr fiel nichts auf. Es gab keine Flüssigkeit, die aus dem anderen Raum vor die Tür geflossen wäre.
Wieso dann der Geruch?
Wieder konzentrierte sie sich auf das ungewöhnliche Schloß mit der Kreuzform.
Und jetzt sah sie es.
Das Blut sickerte wie ein fingerdicker Streifen aus dem Schlüsselloch hervor.
Assunga lächelte.
Sie glaubte jetzt, eine Lösung zu wissen. Das Türschloß mit der Kreuzform sollte durch das aus dem Schlüsselloch sickernde Blut verhöhnt werden.
Das mußte einfach die Erklärung sein.
Jetzt war Assunga noch gespannter auf die Begegnung mit dem Blutgrafen. Sie konnte es kaum erwarten, ihm gegenüberzustehen, aber sie wußte auch, daß sie sich Zeit nehmen mußte und auf keinen Fall erkennen lassen durfte, wie neugierig sie auf Dracula war.
Sehr kühl und gelassen bleiben, möglicherweise ihre Gewalt gegen die seine setzen, denn für Dracula würde sie keine Gespielin sein, sondern ein Eindringling, den er nicht
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