0701 - Draculas Blutgemach
gerufen hatte.
War die Tür verschlossen?
Eine Klinke hatte sie nicht gesehen, so faßte sie behutsam den Schlüssel an und versuchte, ihn herumzudrehen.
Es klappte nicht.
Demnach war die Tür offen.
Assunga nickte. Nur das hatte sie eigentlich wissen wollen. Einen Moment später drückte sie die Tür nach innen, um das Reich des schrecklichen Blutgrafen zu betreten…
***
Sah so das Ende eines Geisterjägers aus? Abgestürzt in die Grube des Vlad Dracula und von den alten Pfählen aufgespießt. Ein nahezu klassisches Ende.
So sah meine unmittelbare Zukunft aus, falls mir nicht noch etwas einfiel.
Aber was konnte ich denn tun? Gedanken wirbelten durch meinen Kopf. Hatte ich noch eine Chance zur Flucht?
Der Stoß war sehr kräftig gewesen. Er hätte mich mehreren Pfählen gleichzeitig entgegenkatapultiert, und ich wäre von einigen Spitzen aufgespießt worden.
Ich rollte mich zusammen.
Ich tat es instinktiv, machte mich klein, dachte an das, was mir mein Karatelehrer immer und immer wieder eingebläut hatte. Nur nicht aufgeben, nur nicht strecken, sich so klein wie möglich machen, dem Feind kein Ziel bieten.
Hier waren die Pfähle meine Feinde!
Sie lauerten, sie würden mich aufspießen wollen, und sie berührten mich bereits.
Ich schrie unwillkürlich auf, erwartete den Druck und den grellen Schmerz, der meine Brust in zwei Hälften teilte und einen gewaltigen Blutstrom aus der Wunde schießen lassen würde.
Das passierte nicht.
Etwas knackte, knirschte. Ich spürte den Druck an der Schulter, dann glitt er über meinen Rücken hinweg. Wieder hörte ich ein Knirschen, im nächsten Moment bekam ich einen Schlag gegen den Rücken, erlebte einen harten Ruck, der mich festhielt, meinen Fall stoppte, und dann erwischte mich der Ruck.
Ich hing fest!
Erst jetzt öffnete ich die Augen, die ich in einem Reflex geschlossen hatte.
Ich erwartete, auf dem Grund der Grube zu liegen, aber das war nicht der Fall.
Ich pendelte über ihm, denn eine der Pfahlspitzen hatte sich durch meine Kleidung gebohrt, die noch soviel Widerstand besaß, daß sie mein Gewicht halten konnte.
Ein Lob dem Hemdenstoff, auch wenn ich das Ding im Ausverkauf erworben hatte.
Blödsinn, welche Gedanken mir durch den Kopf schossen, aber sie zeugten gleichzeitig von der Erleichterung, die mich überfallen hatte. Ich wußte nicht, ob ich es endgültig geschafft hatte, ich konnte möglicherweise immer noch rutschen und auf den nächsten Pfahl fallen, der meinen Körper durchbohrte.
Wieder knirschte es.
Ich drehte den Kopf.
Zwei Pfähle waren tatsächlich unter meinem Gewicht zusammengebrochen. Noch im nachhinein lobte ich mich für meine Tat, die mir das Leben gerettet hatte, und ich jubelte innerlich meinem Karatetrainer zu. Hätte ich mich nicht so klein gemacht, wäre alles verloren gewesen, würde ich nicht mehr leben, so aber sank ich langsam nach unten, begleitet von den knirschenden Geräuschen des brechenden Pfahls.
Ich wurde jetzt mutiger, bewegte meinen rechten Arm und hämmerte die Handkante gegen einen Pfahl, an dem noch Knochenreste klebten.
Mein Schlag reichte aus, um ihn brechen zu lassen.
Dann riß auch der Stoff.
Ich fiel – und landete relativ weich, denn der Boden der Grube war mit Blättern, Gras und einer moosartigen Masse gefüllt, die fast wie ein Kissen wirkte.
Auf den Bauch war ich nicht gefallen. Ich lag auf der Seite. Trotzdem hatte mein Gesicht noch genügend Dreckspritzer abbekommen, aber was war das alles dagegen, daß ich es geschafft hatte, mein Leben zu retten? Verdammt, ich lebte!
Und ich lachte.
Ich mußte einfach lachen, schickte die Echos am Rand der Grube hoch, denn mir war es gelungen, der Mördergrube des Blutgrafen Dracula zu entwischen.
Das glaubte mir keiner. Ich hätte ihm auch keinen Vorwurf machen können, aber es war für mich und mein Ego wichtig, daß ich es geschafft hatte.
Noch immer liegend schaute ich mich um. Die mich umgebenden Pfähle kamen mir vor wie starre, tote Baumstümpfe, deren Rinde durch Messer geglättet worden war.
Beinahe genoß ich es, im Dreck zu liegen, denn dieses zu spüren, bedeutete gleichzeitig für mich, am Leben zu sein.
Es war noch immer schwer für mich, dies einigermaßen fassen zu können, aber es entsprach den Tatsachen.
Ich lebte.
Ich lachte.
Diesmal nicht so laut. Es war eher eine Reaktion auf das Erlebte, es klang glucksend, kichernd, und ich schlug mit der flachen Hand in den Matsch hinein und dachte daran, daß auch Pfähle nicht für
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