0701 - Draculas Blutgemach
Schlange.
»Woher hast du den Mantel?«
»Er gehört mir!«
Zamacks breiter Mund wurde noch breiter, als er den Kopf schüttelte. »Nein«, sagte er mit rauher Stimme. »Nein, das stimmt nicht. Der Mantel gehört dir nicht.«
»Doch, ich…«
»Du hast ihn gestohlen!« Zamack flüsterte böse. »Ja, du hast ihn gestohlen, du hast den Grafen bestohlen, und das wird dir schlecht bekommen, darauf kannst du dich verlassen. Er mag es nicht, wenn man ihm etwas wegnimmt. Ich trage die Verantwortung, auf seine persönlichen Dinge zu achten, und diese Aufgabe werde ich erfüllen.«
»Du irrst dich, es ist mein Mantel!«
»Niemals!«
»Doch!«
Es bereitete ihr Spaß, den Einäugigen mit knappen Widersprüchen zu reizen, und irgendwann würde er die Geduld verlieren und durchdrehen. Aber sie war stärker, viel stärker.
Wieder bückte sie sich, um den Mantel aufzuheben.
Zamack handelte. Er bewegte seine rechte Hand. Die lange Peitschenschnur hob vom Boden ab, schlug in der Luft einen Kreis und raste auf die Hexe zu.
Es war kein hart geführter Schlag, und Assunga wich auch nicht aus, obwohl ihr dies leichtgefallen wäre. Sie schaute zu, wie sich die Peitsche um ihren Körper wickelte.
Zamack lachte. Er freute sich diebisch. Sein Gesicht verzog sich, die Haut spannte sich dabei, als würde sie im nächsten Augenblick einfach zerreißen.
»Komm her zu mir. Komm her!« Er verstärkte den Zug, und Assunga mußte dem Druck folgen, da sich die Peitschenschnur bereits zu hart um sie gewickelt hatte.
Sie war größer als der Einäugige, der widerlich roch und sich bestimmt tagelang nicht gewaschen hatte.
»Du solltest mal ein Bad nehmen«, schlug Assunga vor. »Hier ist genügend Wasser.«
»Ich will mich nicht waschen, meine Liebe, sondern mich mit dir beschäftigen. Alles andere ist uninteressant. Wir beide werden eine nette Unterhaltung haben. Wir werden über den Mantel sprechen, denn ich will wissen, woher du ihn hast.«
»Ich sage es dir!«
Zamack nickte. Er sah sich auf der Siegerstraße. »Ja, das ist gut. Los, raus mit der Sprache!«
»Nicht sofort. Du mußt mich erst freilassen. Ich hasse es, gefesselt zu sein.«
»Das kann ich mir denken.« Er schaute in ihr Gesicht, als wollte er sich vergewissern, daß sie es auch ernst meinte. Assunga versuchte, so gleichgültig und harmlos wie möglich auszusehen. Der Einäugige durfte keinen Verdacht schöpfen. Mit ihm hatte sie noch etwas vor.
Ihre Rache würde ihn erwischen wie Blitz und Donner zugleich.
Zamack gehörte zu den Menschen, die sich auf zwei Dinge verließen. Erstens auf sich selbst und seine Kraft, und zweitens auf die Macht und den Schutz des Blutgrafen, denn er gehörte zu den Vertrauten Vlad Draculas.
Sein Grinsen wurde faunisch, als er nickte. Assunga aber spürte mit ihrem sicheren Instinkt, daß Zamack es auf keinen Fall ernst meinte. Er würde seine Versprechungen niemals halten.
Er ließ sie trotzdem frei.
Die Riemen lösten sich von Assungas Körper und huschten über den Boden hinweg, als der Einäugige die Peitsche in seine Richtung zerrte.
»Jetzt wirst du reden!« sagte er.
»Nicht über den Mantel!«
Zamack erfaßte die Antwort kaum. Er trat einen Schritt zurück und fing an zu grinsen. Dann schnappte er nach Luft, als könne er das alles nicht fassen.
»Was sagtest du?«
»Daß ich nicht über den Mantel reden werde.«
Der Einäugige legte den Kopf schief. Seine rechte Hand bewegte sich hektisch, die Peitschenschnur allerdings blieb im Kontakt mit dem Steinboden.
»Aha, und worüber willst du dann mit mir sprechen?«
»Über dein Ende, Einauge!«
Zamack hob die freie Hand. Er hatte große Hände, die linke ballte er zur Faust. Aus seinem Mund drangen flüsternde Laute, er schüttelte den Kopf, blickte für einen Moment gegen seine Peitsche, dann hob er den Kopf wieder an.
Er sah in Assungas Gesicht.
Und er sah ihre Augen!
Furchtbar sahen sie aus. So rund, so düster und gleichzeitig rot, als wären sie mit einem hellen Blut gefüllt worden. Es waren keine menschlichen Augen mehr, das war bereits der Blick eines Dämons, eines fremden Geschöpfs, das nur einen menschlichen Körper besaß.
Das war… furchtbar.
»Nun, Zamack?« hauchte die Hexe gerade so laut, daß er die Worte verstehen konnte. »Was sagst du nun? Willst du mir noch immer deine Peitsche um den Körper schlagen? Willst du mir noch immer meinen Mantel wegnehmen, oder hast du es dir überlegt…?«
Er holte keuchend Luft. Schweiß stand auf seiner Stirn
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