0704 - Der Pestbringer
Rücken!«
Durch die Nase atmete ich tief und scharf ein. Das durfte doch nicht wahr sein, das war einfach so verrückt, daß man es nicht fassen konnte.
Auch Suko schüttelte den Kopf. Er ärgerte sich ebenfalls darüber, daß uns ein weibliches Greenhorn überlistet hatte.
Vielleicht hielt Beth heute zum erstenmal eine Waffe in der Hand. Sie hatte noch nie geschossen, aber sie stand unter Dampf, war erregt, und das Zucken ihres Zeigefingers konnte eine Katastrophe auslösen. Ich stand lieber einem bewaffneten Profi gegenüber als einem Laien, dessen Handlungen zu sehr vom Gefühl geleitet wurden. Ein Profi handelte eiskalt und überlegt.
Auch Greta Morgan war von der Entwicklung völlig überrascht worden. Sie konnte ihr nicht gefallen, und sie sprach ihre Enkelin an. Das heißt, sie versuchte es.
Schon nach zwei Worten schnitt ihr Beth das Wort ab. »Hör auf, Grandma, es hat keinen Sinn! Ich habe mich nun einmal entschieden, und damit hat es sich!«
»Aber sei doch vernünftig, Kind. Du…«
»Nein, Grandma!«
Ich mischte mich ein und gab meiner Stimme einen ruhigen Klang. »Lassen Sie Ihre Enkelin, Mrs. Morgan. Sie wird irgendwann selbst zur Vernunft kommen!«
Beth kümmerte sich um ihren Freund. Sie sprach ihn hastig an. »Geh weg, Carter! Lauf weg! Schnell, ich halte hier die Stellung. Du mußt dich verstecken…«
Er überlegte noch. Den Kopf hatte er vorgedrückt, schaute sich dabei um, aber wir taten nichts. Ein breites Grinsen glitt über seine Lippen, als er sagte: »Verfluchtes Kreuz! Dein verfluchtes Kreuz!«
Dann startete er und war dabei so schlau, nicht in die Schußlinie hineinzulaufen. Hinter unserem Rücken huschte er entlang auf die Tür zu und war Sekunden später nicht mehr zu sehen.
Wir hatten verloren.
Ich zuckte noch einmal zusammen, als die Haustür zufiel. Gleichzeitig senkte Beth die Waffe. Das Mädchen zitterte so stark, daß es die Beretta nicht mehr halten konnte. Sie rutschte ihr aus der Hand, und ich fing sie auf.
Suko nahm die Verfolgung auf. Er würde keinen Erfolg damit haben, das stand für mich fest. Carter Eastland kannte sich in Farthham aus, Suko war fremd.
Das Mädchen weinte. Es schämte sich, es war in die Arme der Großmutter gefallen, und die alte Frau stützte ihre Enkelin ab, während sie beruhigend auf sie einsprach.
Ich hielt mich da raus. Es hatte keinen Sinn, ihr Vorwürfe machen zu wollen, sie hätte sie nicht verstanden. Zudem reagieren Verliebte sowieso nicht normal.
Suko kam zurück. Sein Gesicht zeigte einen ärgerlichen Ausdruck. Er hatte also keinen Erfolg gehabt.
Ich war ziemlich sauer. Uns war eine gute Spur zerschnitten worden. Carter Eastland hätte uns den Weg zeigen können, und wahrscheinlich wußte er auch einiges von den Hintergründen, über die wir nur global informiert waren.
Daß hier etwas vorbereitet wurde, hatten wir längst mitbekommen. In der folgenden Nacht würde etwas passieren. Es hing mit einem Knappen zusammen, einem gewissen Ampitius, der ein Erbe hinterlassen hatte und höchstwahrscheinlich auch die Horror-Reiter gekannt hatte. Vor ihrem Auftauchen fürchtete ich mich. Mittlerweile rechnete ich schon mit dem Schlimmsten. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie plötzlich erschienen wären, um das Chaos zu verbreiten.
»Was ist mit ihr?« fragte Suko und deutete auf Beth.
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Sie stand unter einem Wahn, sie war verändert.«
»Verliebt.«
»Auch.«
»Meinst du, daß es mehr gewesen ist? Daß man sie beeinflußt hat, ohne daß wir es merkten?«
»Da werden wir sie fragen.«
Greta Morgan hatte zugehört. Sie war der Meinung, daß ihre Enkelin kaum in der Lage war, eine vernünftige Antwort zu geben. Sie hatte das junge Ding in den Schaukelstuhl gedrückt und es allein gelassen. Wie eine Puppe daß Beth darin. Der Stuhl schwang vor und zurück. Das leise Knarren des Materials durchbrach die Stille wie ein Wimmern.
Die alte Dame sah die Lage sehr realistisch. Sie trat an uns heran, damit sie flüstern konnte. »Ich weiß auch nicht, was in das Kind gefahren ist. Tut mir leid, aber da bin ich überfragt. Ich… ich müßte erst nachdenken.«
»Sie würden kaum eine Lösung finden.«
Greta lächelte. »Zunächst dachte ich ja, daß sie nur verliebt gewesen ist. Aber das kann es ja wohl nicht sein - oder?«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Was war es dann?«
Sie schaute uns so bittend an, daß wir schon gezwungen waren, ihr eine Antwort zu geben. »Es ist der Bann gewesen, der
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