0705 - Schrei nach dem Satan
Grandma!«
Greta hörte den Schrei ihrer Enkelin, sie hastete auf Beth zu und bekam mit, wie die Zwanzigjährige schwankte und sich auf ihrem Gesicht eine Leichenblässe ausgebreitet hatte.
Das Mädchen fiel in ihre Arme. Greta hörte Beth weinen, strich über ihr Haar und versuchte, mit ruhig gesprochenen Worten bei ihr die Angst zu vertreiben.
Die alte Frau konnte sich nicht vorstellen, wer da war. Welche Person, die anscheinend weiblich gewesen sein musste, denn Beth hatte von einer sie gesprochen.
Und wo war sie gewesen?
Greta Morgan schaute sich um. Das Zimmer zeigte keine Spuren, die auf das Eindringen eines Fremden hingewiesen hätten. Das Fenster war geschlossen und die Scheibe nicht zerstört. Da musste sich Beth etwas eingebildet haben, eine andere Alternative gab es nicht.
Vielleicht waren es wirklich die Nerven gewesen, die ja unter einem so schrecklichen Beschuss gestanden hatten. Beth musste einfach weinen, sie zitterte, und Greta strich ihr immer wieder über den bebenden Rücken.
»Es ist ja gut, Kind. Niemand ist hier außer uns beiden. Es war auch keiner in deinem Zimmer.«
»Nein«, schluchzte sie. »Hier ist auch keiner gewesen, das kannst du mir glauben.«
»Na bitte.«
»Aber am Fenster. Da… da …«
»Es ist leer. Ich sehe niemanden.«
Beth zog die Nase hoch. »Klar, Grandma, klar. Jetzt nicht mehr, aber, ich habe sie gesehen.«
»Wen hast du denn gesehen?«
Sie musste erst Luft holen, bevor sie antworten konnte. »Ich habe die Hand gesehen, Grandma. Eine große, schwarze Hand, aber sie sah so aus, als wäre ein Handschuh über sie gestreift worden. Da kannst du sagen, was du willst, ich sah sie am Fenster, und als ich genauer hinschaute, war sie verschwanden.«
»Eine Hand also…«
»Ja, eine Hand.«
Greta Morgan wollte nicht sagen, dass sich ihre Enkelin geirrt hatte. Unter Umständen hätte sie das in die falsche Kehle bekommen.
Sie Wollte das Mädchen nicht noch mehr aufregen.
Über zwei Minuten hinweg standen die beiden so unterschiedlichen Frauen in der Mitte des Raumes. Es geschah nichts weiter mehr, keiner zeigte sich am Fenster, es erschien kein Gesicht, auch die ungewöhnliche Hand war nicht zu sehen.
»Beth, meine Liebe«, sagte die alte Frau leise, »ich will dir ja nichts unterstellen, aber könnte es nicht sein, dass dir deine Nerven einen Streich gespielt haben? Dass du dir möglicherweise etwas eingebildet hast?«
»Ich soll gelogen haben?«
»Das meine ich nicht. Wenigstens nicht bewusst. Aber du stehst doch unter Stress, wie ich meine. Und da wäre es doch möglich, dass du dich geirrt hast oder nicht?«
»Ich… ich weiß nicht.«
»Wer sollte denn eine so große Hand haben?«
Beth hatte sich wieder gefangen. Sie drückte sich von ihrer Großmutter weg, putzte sich die Nase und sagte mit leiser Stimme: »Ich habe doch auch einen dunklen Handschuh gesehen. Er war sehr groß, und er strich von außen her über die Scheibe hinweg. Ich hörte kein Geräusch, nicht einmal ein Quietschen oder so.«
»Aber sie hat die Scheibe berührt?«
»Ja, das hat sie.«
»Und ein Gesicht hast du nicht gesehen?«
Beth schüttelte den Kopf.
Greta Morgan legte die Stirn in Falten. Sie schwankte zwischen Glauben und Nichtglauben. Einerseits war in diesem Ort alles möglich, andererseits stand Beth unter einem starken Druck. Da konnte es vorkommen, dass man etwas sah, das in Wirklichkeit nicht existierte. Aber Greta wollte sich selbst davon überzeugen. Zwar hatte sie durch das Fenster in den Garten schauen können, dort aber nichts entdeckt, weil die Schatten doch länger geworden waren. So entschloss sie sich, auf das Fenster zuzugehen und es zu öffnen.
Beth wollte sie festhalten. »Nein, Grandma, tu das nicht…«
Sie drehte sich halb um. »Warum denn nicht?«
Beth rang die Hände. »Weil ich… weil ich nicht will, dass dich die Hand packt.«
Greta Morgan lächelte. »Sollte sie das versuchen, werde ich sie eben abreißen.«
Ob sie wollte oder nicht, Beth musste einfach lachen. Diese Reaktion war typisch für ihre Großmutter gewesen.
Sie ließ sich auf nichts ein, sie kannte keine Furcht, denn sie war eine Frau, die das Leben gemeistert hatte.
»In meinem Alter, Kind, da hat man keine Angst mehr. Daran solltest du immer denken.«
»Aber die Gefahr…«
»Werden wir gleich sehen oder auch nicht.« Sie hielt bereits den Griff umfasst und drehte ihn.
Ein kurzer Ruck reichte aus, um das Fenster zu öffnen, und kühlere Luft strömte in den Raum, wo sie
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