0706 - Herr der Vulkane
Deckung auf, als wäre sie aus Pappe. Ihre rechte Faust kam hoch. Die Ausbilderin wollte noch mit dem Oberkörper ausweichen - zu spät. Nicole traf sie auf die Kinnspitze.
Allerdings reichte dieser Hieb nicht, um die hart gesottene Matrone außer Gefecht zu setzen. Aber Nicole ließ nicht locker.
Wutschnaubend versuchte Zyla einen Gegenangriff. Es machte sie sauer, von einer blutigen Anfängerin überhaupt getroffen worden zu sein. Das war ihr Fehler. Sie verlor die Kontrolle über ihre Gefühle.
Als Nicole den Zorn in Zylas Augen sah, wusste sie, dass sie schon gewonnen hatte.
Die Französin blieb ruhig. Plötzlich kam sie sich vor wie im Boxring. Sie steppte ein paar Schritte rückwärts, um die Reaktionen ihrer Gegnerin zu beobachten. Dabei ließ sie ein paar Schläge der Ausbilderin an ihren gestreckten Armen abgleiten.
»Bleib stehen!«, brüllte Zyla mit bebender Stimme. »Bleib stehen und kämpfe anständig!«
Das ließ sich Nicole nicht zweimal sagen. Plötzlich und überraschend stieß sie vor. Ihr Ellenbogen landete in Zylas Magengrube. Und bevor sich die Ausbilderin von diesem Treffer erholt hatte, verpasste Nicole ihr einen wohldosierten Handkantenschlag in den Nacken.
Sie wollte Zyla nicht ernsthaft verletzen. Doch die Ausbilderin sollte sehen, dass sich Nicole nicht alles gefallen ließ.
Die Karate-Attacke hatte der Matrone den Rest gegeben. Sie verdrehte die Augen, bis man nur noch das Weiße sah und brach auf dem Boden zusammen.
Den Zaatu-Mädchen blieben vor Staunen die Münder offen stehen.
»Wir sollten sie wiederbeleben«, schlug Nicole lässig vor, »sonst wissen wir nämlich nicht, was wir als Nächstes üben sollen!«
***
Bador fühlte sich nicht wohl.
Das kam bei dem Masdo äußerst selten vor. Normalerweise war er so gesund wie eine Kombutu-Echse, die gerade aus dem Ei geschlüpft war.
Gewiss, an diesem Tag hatte er sich fürchterlich geärgert. Ein Lichtsignal von einer Racu-Brigade hatte die Hauptstadt erreicht. Die Soldaten waren in einem Dorf auf der Mul-Hochebene auf Widerstand gestoßen. Angeblich sollte sogar ein Dod getötet worden sein, was Bador immer noch nicht glauben konnte. Wozu hatte er schließlich seine Dods mit leichter Feuermagie ausgestattet? Doch wohl deshalb, um diese Provinz-Zaatus in Angst und Schrecken zu versetzen.
Der Masdo wollte abwarten, bis die Versprengten dieser Racu-Brigade in der Hauptstadt zum Rapport eingetroffen waren.
Doch mit seiner Rache war er nicht so geduldig.
Nachdem Bador durch das Lichtsignal erfahren hatte, um welches Dorf es ging, hatte er sofort seine Vulkan-Magie aktiviert.
Er konzentrierte sich voll und ganz darauf, einen möglichst großen Vulkan direkt an diesem Ort ausbrechen zu lassen. Sollten doch diese Dreckskerle alle verrecken!
Doch auch der örtliche Widerstand war es nicht, der ihm diesen Tag verdorben hatte. An so etwas war er inzwischen gewöhnt. Es dauerte nie lange, bis diese Feiglinge klein beigaben.
Nein, den Masdo störte etwas anderes. Zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er so etwas wie Furcht.
Todesangst.
Selbstverständlich hätte Bador das niemals zugegeben. Noch nicht einmal gegenüber sich selbst. Aber neuerdings spürte er eine unfassbare Bedrohung, die sich gegen ihn richtete. Nichts, was greifbar gewesen wäre. Das machte es ja gerade so tückisch.
Der Masdo fühlte es ganz deutlich. Es gab eine Kraft, die sich gegen ihn und seine Herrschaft richtete. Diese Kraft war fähig, sogar seine Vulkan-Magie zu bezwingen.
Unsinn!, schalt sich der Tyrann. Es gibt auf Zaa überhaupt keinen Zauber, der es mit der Macht der Masdos aufnehmen kann. Und ich bin der einzige, der diese Riten beherrscht. Wer sollte mir wohl entgegentreten können? Etwa einer von diesen alten Trotteln, die in ihren Höhlen-Einsiedeleien hocken? Die können sich höchstens selber ein kleines Feuer zaubern, damit sie im Winter nicht erfrieren! Oder einer von meinen eigenen Dods? Aber was die über Magie wissen, reicht niemals, um mich vom Thron zu stoßen! Ich bin der mächtigste Mann von Zaa!
Und doch blieb dieses ungute Gefühl. Es ließ sich nicht abschütteln.
Nervös streifte der Masdo durch seine Privatgemächer. Er hob eine Schriftrolle auf, überflog die Keilbuchstaben und warf sie wieder auf den Tisch. Dann ging er hinüber zum Fenster. Er streckte den Arm aus.
Sein Leibdiener reichte ihm einen Becher Wein. Der Masdo trank mit langen Schlucken. Er blickte auf den Seitenflügel seines Palastes. Unten auf dem
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