0706 - Verkünder des Sonnenboten
verblüfft.
„Er erwähnte den Namen Vhrato!"
„Das gibt's doch nicht, Sir. Der Vhratoismus ist eine Modetorheit von Gäa."
„Offensichtlich nicht," Die Hand mit dem Degen senkte sich. Die Klinge durchbohrte das Tier und tötete es. Ein Junge mit einem blauen Umhang eilte herbei und fing das Blut mit einer Schale auf.
Oberst Tabhun löste sich aus seiner Deckung. Er ging langsam auf die Versammlung zu. Zögernd folgte ihm Captain Woreman.
Der Mann, der als Priester fungierte, war weißblond und von gedrungener Gestalt. Die Art, wie er sich bewegte, ließ darauf schließen, daß er über beträchtliche Körperkräfte verfügte. Sein von der Sonne gebräuntes Gesicht wurde von tiefen Falten durchzogen. Es ließ erahnen, daß dieser Mann genau wußte, was er tat. Als er das Tier fallen ließ, wendete er Tabhun zufällig das Gesicht zu.
Vor Überraschung entfiel ihm der Degen. Er richtete sich ruckartig auf, und er hob die Hände leicht an, als wolle er sich vor einer Erscheinung schützen, die nicht wirklich sein konnte.
„Vhrato", rief er zunächst leise, dann aber immer lauter. Er sank auf die Knie. „Vhrato, Brüder und Schwestern, Vhrato ist endlich zu uns gekommen, um uns die Freiheit zu bringen. Zeigt eure Demut."
Die Fretiklianer drehten sich um. Einige von ihnen schrien auf, als sie die beiden Offiziere sahen. Der Ruf „Vhrato" pflanzte sich durch die Menge fort.
Vancon Tabhun schritt entschlossen aus. Abwehrend hob er die Hände.
„Reden Sie keinen Unsinn", befahl er energisch. „Ich bin Oberst Vancon Tabhun von der DOOGEN, und ich habe nichts mit Vhrato zu tun."
Der Priester lächelte verständnisvoll. Er eilte auf den Kommandanten zu. Drei Meter vor ihm blieb er stehen, streckte die Arme aus und verneigte sich feierlich.
„Ich verstehe, Vhra ... hm, Oberst Tabhun. Ich verstehe." Er richtete sich auf und legte die Hände an die Brust. „Sie können versichert sein, daß ich Ihr Geheimnis nicht preisgeben werde."
„Geheimnis? Quatsch", fuhr der Kommandant auf. „Bringen Sie keine Gerüchte in Gang, Mister."
„Ich habe ja schon verstanden, Meister. Verzeihen Sie mir meine Ungeschicklichkeit."
„Er begreift es nicht, Sir", sagte Woreman. Voller Unbehagen verfolgte er, daß die Männer und Frauen sie umringten.
Der Oberst stemmte die Hände in die Hüften.
„Wollen Sie mir bitte zuhören", rief er. „Wir wollen Mißverständnisse von Anfang an vermeiden."
„Wie energisch er ist", sagte eine Frau in seiner Nähe.
„Und so männlich", fügte eine andere hinzu, die neben ihr stand.
„Ich habe mir Vhrato ganz anders vorgestellt", erklärte ein Mädchen, das sich zu ihnen gesellte und Tabhun mit glänzenden Augen betrachtete. „Nicht so schön."
„Apter Haras hat recht gehabt", stellte eine andere Frau träumerisch fest. „Wenn Vhrato kommt, werden wir ihn sogleich erkennen. Und wir haben ihn erkannt."
Aufgeregt redeten die Männer und Frauen aufeinander ein.
Oberst Tabhun versuchte, zu Wort zu kommen, aber niemand hörte ihn. Zornig blickte er sich zu Captain Woreman um. Der Offizier grinste.
„Was lachen Sie?" brüllte der Kommandant ihn an.
„Nichts, Sir", erwiderte Woreman, der sich vergeblich bemühte zu verbergen, wie erheiternd er die Situation empfand. Oberst Vancon Tabhun fuhr herum. Er packte den Priester an der Brust.
„Bringen Sie Ihre Leute zur Ruhe", befahl er. „Verdammt, sagen Sie ihnen, daß sie vernünftig sein sollen."
„Das können Sie angesichts dieser Situation wahrhaftig nicht von ihnen verlangen, Vhrato", entgegnete der Priester lächelnd.
„Wir freuen uns so, daß der Befreier der Galaxis zu uns gekommen ist. Bitte, haben Sie Verständnis."
Oberst Tabhun begriff, daß es sinnlos gewesen wäre, jetzt noch weitere Erklärungen abzugeben. Niemand glaubte ihm. Er mußte abwarten, bis die Fretiklianer sich wieder beruhigt hatten. Sie waren augenblicklich nicht gewillt, ihn überhaupt nur anzuhören.
„Ich möchte Sie in unsere Siedlung führen, Vhrato", schrie der Priester, der Mühe hatte, die Menge zu übertönen. „Hier sind Sie gefährdet. Ich werde Ihnen später alles erklären."
Wiederum blickte Tabhun sich zu Woreman um. Der Offizier zuckte resignierend die Schultern und gab ihm damit zu verstehen, daß er zu dem gleichen Schluß gekommen war. Sie mußten warten.
Seltsamerweise mußte Oberst Tabhun an Kaiser Karl denken.
Er wußte genau, daß der Pensionär sich über sein Mißgeschick köstlich amüsieren
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