0706 - Verkünder des Sonnenboten
herüberkomme und dabei von zahlreichen Störungen überlagert werde. Eine eigenartige Faszination ging von ihr aus, der sich keiner entziehen konnte.
Und sie stammte eindeutig von dem schattenhaften Etwas, das mitten in der Hauptleitzentrale stand und sich von dem Schuß völlig unbeeindruckt zeigte.
„Hört mich an", sagte der unheimliche Besucher. „Ich stehe am Beginn einer neuen Zeit, denn Vhrato, der Sonnenbote, wird Licht in euer Dasein bringen. Die Menschheit und die Milchstraße werden wieder frei sein durch Vhrato."
Oberst Tabhun trat entschlossen auf die Gestalt zu.
„Wer sind Sie?" fragte er. „Antworten Sie. Wer ist Vhrato?"
Das Schattenwesen verschwand so überraschend, wie es erschienen war. Plötzlich waren die Männer und Frauen wieder allein in der Hauptleitzentrale.
„Das Raumschiff ist weg", meldete der Ortungsoffizier.
Der Kommandant blickte auf den Panoramaschirm. Von dem Geisterschiff war nichts mehr zu sehen. Ein Meer von funkelnden Sternen füllte die Projektionsfläche. Die Ortungsinstrumente zeigten nur noch die Trümmer der zerschossenen Walzenraumer an.
„Verstehen Sie das, Sir?" fragte Major Eastro. „Gibt es denn diesen Vhrato wirklich?"
„Ich kann Ihnen keine Antwort geben. Ich weiß nicht mehr als Sie."
„Dieses Raumschiff hat die Übermacht der Springer in die Flucht geschlagen. Es verfügt über eine Bestückung, die alles in den Schatten stellt, was wir bisher kennengelernt haben."
„Wenn Sie damit sagen wollen, daß das ein ausreichender Beweis für die Existenz Vhratos ist, dann muß ich Ihnen widersprechen." Tabhuns Gestalt straffte sich. „Wir fliegen nach Fretiklia, um den Siedlern dort Hilfsgüter und einige Spezialisten zu überlassen. Und dann kehren wir nach Gäa zurück."
„So schnell schon, Sir?"
„So schnell, Eastro. Das Eingreifen dieses Geisterschiffs ist immerhin so überraschend, daß Lordadmiral Atlan darüber informiert werden muß.
*
Oberst Vancon Tabhun betrat das Medo-Center der DOOGEN.
Der Bordarzt arbeitete an einem Analysator. Er erhob sich, als er den Kommandanten sah.
„Wie steht's mit ihm?" fragte Tabhun.
„Schlecht", entgegnete der Mediziner. „Er wird nicht durchkommen. Er ist schon zu alt."
„Das habe ich befürchtet. Bitte, führen Sie mich zu ihm."
Wenig später stand Tabhun am Bett in der Krankenkabine Kaiser Karls. Der Greis war mit einem Lebenserhaltungssystem verbunden. Sein Gesicht war eingefallen, und die Augen lagen tief in den Höhlen. Sie blitzten jedoch vergnügt auf, als der Oberst sich auf die Bettkante setzte.
„Hallo, alter Sternenräuber", sagte der Verletzte mit heiserer Stimme. „Ist es schon soweit?"
„Du wirst wieder auf die Beine kommen, Kaiser."
„Klar werde ich das. Darüber waren wir uns von Anfang an einig. Aber leider nur in Stücken." Er lächelte mühsam. „Weißt du, meine Großmutter nannte mich immer Kleiner Muck. Wie konnte sie ahnen, daß ich mal als Mucy enden würde?"
„Du wirst noch ein paar Jahre in Ruhe leben können, Kaiser.
„Du bist ein ganz guter Kommandant, Vancon, aber ein schlechter Lügner. Laß nur, mich regt mein Ende nicht auf. Ich habe lange genug gelebt, und du hast mir ja schließlich noch einiges geboten. Wissen möchte ich allerdings, ob ich als Mucy noch ich selbst bin oder nicht. Weißt du das?"
„Ich habe keine Ahnung, Kaiser."
„Wann sind wir auf Gäa?"
„In fünf Stunden."
Kaiser Karl schloß die Augen.
„Es war nett, daß du mich noch einmal besucht hast."
*
Lordadmiral Atlan hörte sich den Bericht von Oberst Tabhun bis zum Ende an, ohne eine einzige Frage zu stellen. Danach ließ er sich das Filmmaterial vorführen, das von dem unwirklichen Raumschiff hergestellt worden war.
„Wir haben auch die schattenhafte Gestalt angemessen, die in der Zentrale erschienen ist", erklärte der Kommandant. „Das Ergebnis ist gleichermaßen enttäuschend. Es sind lediglich einige fotografische Aufnahmen gelungen, die allerdings auch nicht viel mehr zeigen als schattenhafte Konturen."
„Es war richtig, daß Sie sofort wieder nach Gäa zurückgekehrt sind", sagte der Arkonide. „Diese Information ist wahrscheinlich bedeutender, als Sie sich vorstellen können. Darüber hinaus müßten die Cyborgs, von denen ich Ihnen erzählt habe, bereits im System sein. Sie würden also wahrscheinlich auf jeden Fall zu spät dort eintreffen. Ich hoffe, daß Kalteen Marquanteur inzwischen schon Kontakt mit den Multi-Cyborgs aufnehmen
Weitere Kostenlose Bücher