071 - Der Hexer mit der Schlangenhand
Mann die Kraft nahm, die Geschicke
der PSA so zielstrebig zu leiten. Vor einigen Jahren war sein Leben keinen Cent
mehr wert gewesen. Bei einem Autounfall verlor er sein Augenlicht. Während der
Operation war er vier Minuten klinisch tot. In dieser Zeit machte sein Gehirn
eine Veränderung durch, und von dem Augenblick an konnte er Stimmungen und
Gefühle wahrnehmen. Er war zum Empathen geworden. Gedanken konnte er zwar nicht
lesen, aber Regungen des Unterbewußtseins, unbewußte oder auch bewußte Gefühle.
In diesen
Sekunden nahm er sich vor, mit Larry Brent ins Gespräch zu kommen. Vielleicht
konnte er bei dieser Gelegenheit etwas registrieren.
Eigentlich
hatte er die Absicht, X- RAY-3 mit der Untersuchung der rätselhaften Vorgänge
in London zu beauftragen. Aber er entschied sich anders.
Wenn Larry
Brent damals eine Angelegenheit als »unbedenklich« eingeordnet hatte, gab es
dafür einen Grund.
Es war
anzunehmen, daß Brent diesmal zur gleichen Beurteilung kam. Das konnte unter
Umständen ein schweres Risiko zur Folge haben.
Gefahr für
seinen besten Mann, weil er diese Bedrohung - aus welchem Grund auch immer -
nicht erkannte.
X-RAY-1 rief
die Informationen über die Vorgänge vor elf Monaten aus den Computern ab.
Dann drückte
er eine Taste und nahm über das eingelassene Mikrophon in der Schreibtischplatte
Verbindung zu X- RAY-17 auf ...
●
»Hier spricht
X-RAY-1. Mister Kasuki?«
David Gallun
war über jede Agentin und jeden Agenten informiert, der außerhalb wie innerhalb
der PSA-Zentrale tätig war.
Im Büro mit
der Aufschrift X-RAY-17 schaltete ein Mann auf »Sendung«.
»Yes, Sir ?« fragte der Agent.
Es handelte
sich um einen Japaner, in Tokio geboren. Er war klein und untersetzt und machte
auf Menschen, die ihn nicht kannten, eher einen unscheinbaren Eindruck. Dazu
kam, daß er Brillenträger war, das Gestell auf seiner Nase verlieh ihm den Eindruck
eines biederen, harmlosen Geschäftsmannes.
Doch wie so
oft trog auch dieser Eindruck. Tanaka Kasuki war ein wahrer Meister in der
Kunst des Taekwon-Do. In diesem asiatischen Kampfsport konnte ihm kaum einer das
Wasser reichen, selbst Iwan Kunaritschew, der beste Taekwon-Do-Kämpfer in der
PSA hatte seine Schwierigkeiten mit ihm gehabt. Und Iwan war ein wahres As.
Doch das
waren nicht die einzigen Vorteile von X-RAY-17. Darüber hinaus war er Kenner
der japanischen und chinesischen Mythologie. Zwar befand sich diese Götter- und
Geisterwelt in einer typisch taoistischen Ausgeglichenheit, die fast allen
anderen Mythologien fremd war, aber schon allzu oft hatte es Übergriffe
gegeben, die nicht zuletzt durch X-RAY-17 zurückgeschlagen werden konnten.
»London«,
sagte X-RAY-1. »Dort hat sich etwas Beunruhigendes zugetragen ...« Präzise
berichtete er von den Dingen, die ihm bisher bekannt geworden waren.
»Lao To Hiau,
Sir«, fragte X-RAY-17. »Es gibt keinen Zweifel daran, daß es sich um die
sogenannte »göttliche Schlange« handelt...«
»Was wissen
Sie über Lao To Hiau, X- RAY-17 ?«
Der
japanische PSA-Agent überlegte einen Moment. »Nun, Sir«, entgegnete
er dann,
»gerade bei jener vorhistorischen Schlangengottheit widersprechen sich die
geläufigen mythologischen Aussagen. Wenn ich einen Extrakt ziehen sollte, würde
ich bedonders auf einige übereinstimmende Eigentümlichkeiten hinweisen. Lao To
Hiau soll sich, wie es heißt, in den Geist seines Volkes versetzen können .«
»Was ist darunter
zu verstehen ?«
»Lao To Hiau
vermag - so interpretiere ich es jedenfalls - Menschen aus der Ferne zu
kontrollieren und zu beherrschen. Die Legende schweigt sich darüber aus, wie
der Schlangengott auf die Erde gekommen ist. Einmal eingetroffen, hat er jedoch
sofort damit begonnen, sich ein Reich zu errichten. Erst als das gesamte Volk
seiner Region sich gegen ihn erhob, konnte er niedergeworfen werden. Dann wurde
er aus seinem Gefängnis befreit. Die plausibelste Theorie besagt, daß Lao Ti
Hiau seine Kraft oder Macht von denen bezieht, die an ihn glauben. Je größer
seine Anhängerschaft ist, desto mächtiger wird er selbst.
Daraus
schließe ich, daß der Schlangengott jetzt noch verhältnismäßig schwach ist. Die
lange Gefangenschaft in der Höhle, in der man ihn eingekerkert hat, dürfte an
seiner Substanz gezehrt haben. Er muß erst wieder eine kleine Anhängerschaft
gewinnen, bevor er sich daran machen kann, ein neues Reich zu errichten, das
seinem alten in Glanz und Größe nicht nachsteht
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