071 - Im Angesicht des schwarzen Gottes
Waschküche.
Billy weint! dachte sie. Ich muß zu ihm!
Mütter vermögen Unmenschliches zu leisten, wenn sie ihre Kinder weinen hören. Wäre Billy nicht gewesen, hätte Talia Lambert bestimmt das Bewußtsein verloren. Für Billy riß sie sich zusammen. Für ihren Sohn mobilisierte sie die allerletzten Kraftreserven, die gerade noch ausreichten, um das Obergeschoß zu erreichen.
Vor ihr lag der düstere Flur.
Talia legte ihre zitternden Hände auf das weiße Holz von Billys Tür und hatte große Mühe, seinen Namen auszusprechen.
»Billy!« krächzte sie. »Billy, hörst du mich? Ich bin es, deine Mummy.«
»Mummy!« schluchzte der Junge auf.
»Würdest du bitte die Tür aufschließen?«
Billy hörte sie nicht. Er weinte wieder laut.
»Billy«, sagte die bebende Frau eindringlich. »Bitte laß mich rein.«
Endlich klackte das Schloß, und dann öffnete sich die Tür. Talia Lambert trat ein. »Oh, Billy.«
Sie nahm ihn hoch.
»Mummy…« Der Kleine vergrub sein Gesicht in ihrem Hals, weinte und zitterte.
»Es ist vorbei, mein Junge«, sagte Talia. »Es ist alles wieder in Ordnung. Der Mann ist weg.«
Sie schloß die Tür und sperrte sicherheitshalber auch ab. Dann begab sie sich mit Billy auf dem Arm zum Fenster. Billys Gesicht ruhte immer noch auf ihrem Hals, und sie spürte seine heißen Tränen auf ihrer Haut.
In der Dunkelheit bewegten sich zwei Gestalten.
Schemen…
Sie entfernten sich, und Talia Lambert dankte dem Himmel dafür.
Sie legte Billy aufs Bett, sprach beruhigend auf ihn ein und streichelte ihn unermüdlich. Sie erzählte ihm viel, um ihn abzulenken.
Billy fischte sich seinen Teddy, umarmte ihn wie seinen allerbesten Freund und schloß die Augen. Talia zog den Schlafrock aus und legte sich neben ihn.
Billy schlief schon bald. Kinder vergessen schnell.
***
Talan 12 und Talan 13 hatten sich in die Wohnung des Verräters begeben. Mit äußerster Akribie durchsuchten sie sie. Keinen Raum ließen sie unbeachtet, und in David Gillings Schlafzimmer wurden sie schließlich fündig.
Sie setzten sich sofort mit Talan 1 in Verbindung. Don Suzman hatte bereits ungeduldig auf ihren Anruf gewartet.
Ihr Bericht fiel kurz aus. Sie beschränkten sich auf das Nötigste, denn Telefonen durfte man nicht trauen. Durch einen technischen Fehler konnte es passieren, daß sich jemand in ihr Gespräch wählte und mitbekam, was lief. Dann hätten sie unter Umständen im Handumdrehen die Polizei am Hals gehabt, und danach stand ihnen überhaupt nicht der Sinn.
Talan 1 sagte seinen Brüdern, er sei mit ihrer Arbeit zufrieden, und er beorderte sie ins Bethaus zurück.
Sie wollten Gillings Wohnung verlassen, aber dann kam ihnen etwas dazwischen.
Ein Wagen.
Ein schwarzer Rover…
***
»Hier muß es sein«, sagte ich und setzte meinen Fuß mit Gefühl aufs Bremspedal. Vor dem Haus, in dem David Gilling wohnte, war Platz für zwei Autos. Ich machte es mir mit dem Rover in dieser großen Lücke bequem.
Fystanat stieg aus. Seiner Miene war anzusehen, daß er immer noch sauer auf sich war. Er verzieh sich seinen Fehler nur sehr schwer.
»Mach nicht so ein Gesicht«, sagte ich. »Wir bringen die Sache ins Lot.«
Er nickte, aber so ganz schien er von meinen Worten nicht überzeugt zu sein.
Wir betraten das Gebäude, und wenig später stellten wir fest, daß Gillings Wohnungstür aufgebrochen worden war. Ich warf Fystanat einen irritierten Blick zu.
»Sieht so aus, als wäre bereits jemand vor uns hier gewesen«, raunte Mason Marchand.
Ich legte meine Hand auf die Tür und drückte sie vorsichtig auf. Lautlos schwang sie zur Seite, und wir blickten in eine finstere, verwaiste Wohnung.
Ich trat ein, und meine Nackenhärchen sträubten sich. Fystanat folgte mir und schloß die Tür hinter sich.
»Mach mal Licht«, sagte ich.
Mason Marchand suchte den Schalter, und Augenblicke später war es hell in der Diele. Sämtliche Türen standen offen. Küche, Bad, WC, Wohnzimmer, Schlafzimmer. Alle Räume waren von der Diele aus zu erreichen.
»Jemand muß hier schon herumgeschnüffelt haben«, sagte Fystanat.
»Mal sehen, was für uns übriggeblieben ist«, sagte ich.
»Das hier!« sagte plötzlich eine fremde, schneidende Stimme, und dann traten uns zwei Kerle entgegen, mit denen garantiert nicht gut Kirschen essen war.
Sie machten einen gefährlichen Eindruck, und ihre Gefährlichkeit erhöhte sich noch durch die Kanonen, die sie in ihren Händen hielten.
Ein Blick in ihre kalten Augen verriet mir eine
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