071 - Im Angesicht des schwarzen Gottes
doch Dejoux war noch nicht heimgekommen.
Die Tatsache, daß er immer noch dort draußen durch die Nacht lief, gefiel mir ganz und gar nicht.
»Habt ihr wenigstens die schwarze Kralle?« wollte Mason Marchand wissen.
Mr. Silver hielt ihm die leere Schatulle hin. »Sie ist verschwunden. Jemand muß sie sich geholt haben, während wir uns auf dem Weg hierher befanden.«
»Da läuft einem doch wirklich die Galle über«, knurrte der Mann aus der Welt des Guten.
Roxane und Mr. Silver hatten inzwischen eine Menge Notizen gesichtet, und eine davon war ihnen besonders ins Auge gesprungen, weil sie mehrmals rot unterstrichen war, und weil sich daneben eine Zeichnung befand, die die verschwundene schwarze Kralle darstellte.
Mr. Silver machte mich darauf aufmerksam. »Hier haben wir einen Namen und eine Adresse«, sagte er. »David Gilling, City Road 81. Ich wette, der Mann ist für unseren Fall interessant, Tony.«
»Soll ich ihn aufsuchen?« fragte Fystanat.
»Nicht allein«, sagte ich. »Ich komme mit dir.«
»Du traust mir nichts mehr zu«, brummte der Mann aus der Welt des Guten.
»Aber nein…«
Er winkte ab. »Laß nur, Tony. Ich kann dich verstehen. Aber ich werde versuchen, meinen Fehler wiedergutzumachen.«
»Davon bin ich überzeugt, Fystanat«, sagte ich. »Darf ich dich trotzdem zu Gilling begleiten?«
»Na schön.«
Ich wandte mich an Mr. Silver und seine Freundin. »Ihr haltet inzwischen hier weiter die Stellung.«
»Hoffentlich geht uns der Wertiger ins Netz«, sagte der Ex-Dämon. »Sein nächstes Opfer hat bestimmt nicht mehr soviel Glück wie der Busfahrer.«
***
Weathers schlug zu, und die schwarze Kralle hätte Talia Lambert getötet, wenn nicht in diesem Moment ein dumpfes Brüllen durch das Haus gegangen wäre, das die Todeskralle wenige Zentimeter vor dem Hals der Frau stoppte.
Das Gebrüll des Wertigers riß den Besessenen regelrecht zurück.
Talans Magie hatte sie zusammengeführt, das Monster und den Mann mit der schwarzen Kralle. Sie waren keine Feinde mehr, sondern Verbündete auf einer schwarzen Ebene.
Der Wertiger und der Besessene mit der Todeskralle gehörten zusammen, und Weathers verspürte den unbändigen Wunsch, sich mit der Bestie zusammenzuschließen.
Er hatte den Wertiger mit Hilfe der schwarzen Kralle geschaffen. Obwohl er Dejoux' Verwandlung nicht miterlebt hatte, wußte er jetzt davon.
Es gab diesbezüglich keine Geheimnisse mehr für ihn. Er vermochte gewissermaßen hinter die schwarzen Kulissen zu sehen, erkannte Zusammenhänge, die ihm noch vor kurzem fremd und unvorstellbar gewesen waren.
Dejoux war in der Nähe. Er hatte sein Gebrüll vernommen, und plötzlich war ihm diese neue Verbindung wichtiger als der Mord an Talia Lambert.
Er ließ von ihr ab, schloß die Tür auf, öffnete sie und schob die Frau achtlos zur Seite. Irgendwo dort draußen wartete der Wertiger auf ihn.
Weathers verließ das Haus. Im Obergeschoß wimmerte Billy Lambert, doch das kümmerte den Besessenen nicht mehr. Er trat in die schwarze Nacht hinaus und blickte sich suchend um.
Es raschelte in den nahen Büschen, und dann schnellten Zweige auseinander, und der Wertiger zeigte sich. Weathers ging auf ihn zu. Er wußte, daß er das Monster nicht zu fürchten brauchte.
Ihm fiel auf, daß der Wertiger verletzt war, und nun spürte auch er die Verletzung, die ihm Talia Lambert zugefügt hatte, stärker.
Weathers musterte das kräftige Ungeheuer.
»Ich bin verletzt«, sagte er. »Du auch.«
Das Monster stieß ein zorniges Fauchen aus. Langsam verwandelte sich die Bestie in jenen Mann, der einst Weathers' Boß gewesen war. Jetzt waren sie gleichberechtigte Höllenpartner. Keiner würde dem anderen mehr Befehle erteilen. Sie würden von nun an alles gemeinsam tun.
Dejoux zog Weathers hinter die Büsche und erzählte ihm, wie er zu seiner Verletzung gekommen war. Die Wunde behinderte ihn, deshalb wollte er in dieser Nacht nichts mehr unternehmen.
Er schlug vor, in sein Haus zurückzukehren. Weathers war damit einverstanden. Auch ihm würde es morgen bessergehen.
Und er würde sich bis dahin eine Verletzung beigebracht haben, die auch ihn zum Wertiger machte.
***
»Billy!« Talia vernahm das Schluchzen ihres Kindes und kämpfte sich mühsam hoch.
Sie konnte nicht begreifen, warum sie noch lebte, warum der schreckliche Kerl von ihr abgelassen hatte. Aber sie suchte nach keiner Antwort, sondern nahm die Tatsache einfach hin und schleppte sich mit schweren Schritten aus der
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