0713 - Roboter lügen nicht
vielmehr das Gefühl, daß bei ihm nicht mehr alle Schrauben festsitzen."
„Für Verrückte bin ich auch nicht zuständig", knurrte der Sergeant.
„Verstanden, Sarge", gab der Dürre zu. „Aber die Wachroboter sind auch nicht gerade auf den Kopf gefallen. Wenn sie den Mann auf die Wache bringen anstatt zum Lazarett, dann liegt da ein Fall vor, um den Sie sich kümmern müssen."
Mit Hilfe eines Paragraphen der Dienstvorschrift war der Sergeant noch immer zu kriegen gewesen. Er sah auf und erklärte mürrisch: „Na schön... bringen Sie den Mann 'rein!"
Der Dürre trat vor das Schott, so daß es sich öffnete.
„Komm 'rein!" rief er.
Ein kleiner Mann trat zögernd durch die Öffnung. Er war von schmächtigem Wuchs, hatte ein kleines, schmales Gesicht, das nicht gerade von überschäumender Intelligenz zeugte, eine flache Stirn und darüber wirres, schwarzes Haar.
„Wie heißt du?" fauchte der Sergeant ihn an.
Der Kleine machte eine verwirrte Bewegung.
„Das... da-da-das weiß ich nicht!" stotterte er.
Der Sergeant musterte seinen Untergebenen.
„Der Mann ist ja doch betrunken!"
„Ich bin nicht betrunken!" protestierte der Schwarzhaarige.
„Irgend etwas ist mir zugestoßen, aber ich weiß nicht mehr, was. Ich... ich kann mich an überhaupt nichts mehr erinnern."Seine Rede war einigermaßen zusammenhängend und kurierte den Sergeanten von der Ansicht, er sei betrunken. Damit blieb ihm nur noch die Möglichkeit, zu jener anderen Hypothese Zuflucht zu nehmen, die er dem Dürren bereits vorgetragen hatte: Der Mann war verrückt. Er griff zum Interkom und drückte die Taste der nächsten Krankenstation. Auf dem Bildschirm erschien ein älterer Arzt.
„Ich habe hier einen Irren für euch", sagte der Sergeant. „Könnt ihr ihn abholen, oder soll ich ihn hinüberbringen lassen?"
Der Arzt war ernst.
„Wie kommen Sie zu dem Mann?" wollte er wissen.
„Die Wachroboter haben ihn aufgegabelt und ihn einem meiner Leute übergeben."
Der Blick des Arztes wurde um eine Nuance finsterer.
„Dann ist der Mann nicht irre. Wenn er es wäre, würden ihn die Roboter direkt hierhergebracht haben. Wie kommen Sie überhaupt zu der Ansicht..."
„Er kann sich an nichts erinnern, nicht einmal an seinen Namen", fiel der Sergeant dem Arzt ins Wort.
„Das hat mit Irrsinn nichts zu tun. Was weiter?"
„Und... und er stottert!" fiel dem Sergeant zum Glück noch ein.
Da wurde es dem Arzt zu bunt. Er explodierte förmlich.
„Das soll ein Anzeichen von Irrsinn sein?! Mann, wenn ich Sie laut genug anschreie, dann fangen Sie selbst an zu stottern. Ich empfehle Ihnen dringend, Ihre Dienstvorschriften durchzulesen und zur Kenntnis zu nehmen, daß Sie einen Mann, der Ihnen unbequem ist, nicht einfach an die nächste Krankenstation abschieben können!"
Der Bildschirm erlosch. Der Sergeant hatte ein hochrotes Gesicht. Schnaufend wandte er sich an den Dürren. Der reckte protestierend die Arme in die Höhe.
„O nein!" rief er. „Sie werden Ihre Wut nicht an mir auslassen!
Ich kann für die ganze Sache nichts. Aber ich habe eine Idee."
Der Sergeant besann sich eines Besseren. Aber ganz vermochte er seinen Groll nicht zu unterdrücken.
„Was für eine Idee?" knurrte er.
„Wir sollten die Identität des Mannes feststellen. Vielleicht wird er irgendwo gesucht."
Der Sergeant war einverstanden. Der Dürre bat den kleinen Schwarzhaarigen um die Identifizierungsmarke, die jedes Mitglied der Besatzung ständig bei sich zu tragen hatte. Der Mann mit dem verlorenen Gedächtnis wußte nicht, was eine ID-Marke war, er erlaubte dem Dürren jedoch, seine Taschen zu durchsuchen. Die Suche war bald erfolgreich. Der Dürre förderte eine ovale, rosafarbene Plastikmarke zum Vorschein. Er reichte sie dem Sergeanten, der die Plakette in einen eigens dafür vorgesehenen Eingabeschlitz an seinem Interkomgerät steckte.
„Jetzt werden wir bald wissen, woran wir sind", sagte er dazu.
*
Galbraith Deighton löschte den Bildschirm seines Interkom-Empfängers und wandte sich seinem Adjutanten zu.
„Sie wird überleben", sagte er ernst. „Gerade noch um ein Haar haben sie sie durchgebracht."
Über das Gesicht des Majors spielte ein schwaches Lächeln.
„Es ist fast pietätlos, die nächste Frage zu stellen", bemerkte er.
„Wann sie wieder vernehmungsfähig sein wird?" erkundigte sich Deighton.
„Sie erraten es, Sir."
Deighton schüttelte den Kopf.
„Ich habe mich nicht getraut, die Mediziner danach zu fragen", bekannte
Weitere Kostenlose Bücher