0714 - Attacke der Doppelgänger
ging seine Alternativen durch. Er konnte die Männer nicht verfolgen. Freunde, die er um Hilfe hätte bitten können, gab es auch nicht und Zamorras eigene Freunde befanden sich eine Welt weit entfernt.
Schlimmer kann es für ihn wohl kaum noch werden, dachte er und nahm den Telefonhörer ab. Entschlossen wählte er die Nummer. Es knackte mehrmals, dann hörte er em Freizeichen.
Jemand nahm ab und schwieg.
»Hallo?«, fragte Yves.
Er hörte eine Person am anderen Ende atmen.
»Hm«, begann er verunsichert, »hier ist Yves Cascal. Hier ist eben was Seltsames passiert. Ein Mann ist in den Blumen aufgetaucht.«
Das hatte er zwar nicht selbst gesehen, aber wenn Zamorra aus der anderen Welt gekommen war, musste er die Blumen benutzt haben.
»Hm… Er wurde von drei anderen zusammengeschlagen und entführt. Einer der Männer war sehr groß mit vernarbten Händen und einem künstlichen Kehlkopf. Das ist alles.«
Er schwieg.
»Danke«, sagte eine Stimme im Hörer.
Dann hörte Yves nur noch das Besetztzeichen.
Er legte den Hörer zurück und sah in den Regen hinaus. Irgendetwas hatte er mit seinem Anruf in Bewegung gesetzt.
Er hätte nur zu gerne gewusst, was…
***
Eine Woche zuvor
Sie hatte ihren Auftrag fast vergessen.
So viel war in der letzten Zeit geschehen, dass Natasha kaum noch an ihr Treffen mit Scarth dachte und wenn, beruhigte sie sich selbst mit dem Glauben, dass er mit anderen Dingen beschäftigt war.
Zumindest hatte sie das bis vor wenigen Minuten getan. Jetzt kletterte sie jedoch mit klopfendem Herzen aus dem Swimmingpool und nahm kalt lächelnd das Handtuch entgegen, das Scarth ihr reichte.
»Setzen wir uns«, sagte er mit einem Blick auf die Gartenstühle, die neben einem zusammengefalteten Sonnenschirm standen.
Um diese Zeit war normalerweise niemand außer Natasha am Pool. Sie schätzte die morgendliche Frische und die Ruhe, die kurz nach Sonnenaufgang über dem Anwesen lag. Niemand störte ihre Gedanken, niemand unterbrach sie bei ihren gleichmäßigen Runden durch das kühle Wasser.
Niemand hätte es gewagt.
Selbst Ty begleitete sie nie, ahnte wohl, dass dies die einzige Zeit des Tages war, die Natasha ganz für sich allein hatte.
»Sie sind früh auf«, sagte Scarth.
»Kommen Sie zur Sache, Scarth!«
Natasha schlug das Handtuch um ihre Schultern und setzte sich. Scarth blieb stehen, die Hände tief in den Taschen seiner schwarzen Hose. Es war ein psychologischer Trick, den sie sofort erkannte. Der dunkle Anzug, seine stehende Position, all das wies ihn als Autoritätsperson aus, während sie sich in ihrem Bikini, zusammengekauert auf einem Gartenstuhl, klein und verletzlich fühlen sollte.
Arroganter Affe , dachte sie.
»Es hat mich gewundert, dass Sie noch nicht zu mir gekommen sind, Natasha. In den drei Wochen, die seit unserem Gespräch vergangen sind, müssen Sie doch nützliche Erkenntnisse zusammengetragen haben.«
»Das habe ich.«
Scarth hob die Augenbrauen. »Und die haben Sie mir nicht mitgeteilt?«
»Nein, warum auch« Sie zuckte mit den Schultern. »Er benimmt sich wie immer.«
Scarth hielt ihren Blick. »Worüber hat er mit Ihnen gesprochen?«
»Ty ist besorgt über das Geschäft mit dem ERHABENEN. Er fürchtet eine Invasion der Dynastie, wenn die Rebellion niedergeschlagen ist.«
»Was noch?«
»Das übliche. Er interessiert sich für nichts außer Macht, Geld und Sex.«
Sie spie ihm das letzte Wort förmlich entgegen, wollte ihm deutlich machen, wie er die Beziehung zwischen ihr und Seneca zu sehen hatte. Keine Zuneigung, kein Vertrauen, eine reine Bettgeschichte, die weder ihm noch ihr etwas bedeutete.
Scarth wandte sich ab und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Sie haben also keine Veränderung an ihm festgestellt?«
Seine Stimme hatte einen gefährlich lauernden Unterton und für einen Moment befürchtete Natasha, in eine Falle geraten zu sein. Doch daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern.
»Nein«, log sie. »Er benimmt sich völlig normal.«
Scarth schwieg einige Sekunden, dann sagte er ohne sich umzudrehen: »Das war alles, danke.«
Natasha stand auf und ging zur Terrassentür. Dort verharrte sie einen Moment und sagte über die Schulter hinweg: »Ich frage mich, wie Ty Seneca wohl darauf reagieren würde, wenn ihm jemand erzählt, dass Sie ihm nachspionieren.«
Dann verschwand sie im Haus.
Sie spürte Scarths Misstrauen, wusste aber auch, dass er nicht auf sie verzichten konnte, so lange sie sich ständig in Tys Umgebung
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