0717 - Stygias Opfer
verunsichern - oder sogar in den Wahnsinn zu treiben. Und er musste wissen, warum das geschah.
Langsam setzte er sich in Bewegung.
Quer über die Straße, dem Spukhaus entgegen.
Aber was er tat, war nicht gut - gar nicht gut…
***
Zamorra und Nicole fuhren bis ins Zentrum der Stadt, wo Nicole genügend Boutiquen kannte, in denen sie sich neu ausstaffieren konnte. Die DOB-Abteilungen normaler Kaufhäuser tatens ja nicht, wie Zamorra immer wieder bedauernd feststellte. Nicole kaufte extravagante, teuflisch teure Mode, die es in recht ähnlicher Form von anderen Marken viel preisgünstiger in gleicher Qualität gab - und trug die Sachen drei- oder viermal, um sie dann im Schrank verstauben zu lassen oder in die Kleidersammlung zu geben.
Aber das war eine Extravaganz, die sie wohl nie aufgeben würde - wie auch ihren Perückentick. Sie besaß für etwa jeden zweiten Tag im Jahr eine andere Perücke, und wenn sie mal ihr eigenes Haar zur Schau stellte, war das garantiert gefärbt. In ihrer Original-Haarfarbe hatte sie wohl bisher nicht einmal Zamorra gesehen. Und wenn doch, so wusste er nichts davon…
Im Normalfall drückte sie die Kosten für ihre modischen Sperenzchen gern Zamorra aufs Auge - als »Dienstkleidung«, da sie ja offiziell als seine Sekretärin arbeitete. Aber hin und wieder brachte es der Parapsychologe doch fertig, sein Veto einzulegen. Diesmal fiel ihm das allerdings ein wenig schwer, da es herbstlich kühl geworden war und die recht offenherzige Gewandung aus der Welt Koda für niedrigere Temperaturen nicht unbedingt geeignet war. Ganz abgesehen davon, dass Nicole sich in den Sachen nicht sehr wohl fühlte - des überstandenen Abenteuers wegen, an das sie nicht unbedingt ein Andenken mit nach Hause nehmen wollte.
Aber Zamorra sorgte dafür, dass sie diesmal nicht das teuerste wählte.
»Du bist unmöglich, Chef!«, fuhr sie ihn hinterher an. »Du hast meinen Ruf in dieser Boutique völlig ruiniert! Ist dir eigentlich klar, dass das hier eine ganz besondere Szene ist?«
»Mir ist klar, dass du mir eine Szene machen willst«, seufzte er. »Aber in dem Kram, den du gekauft hast, siehst du noch bezaubernder aus als in den teureren Sachen…«
»Klar«, fauchte sie. »Und am liebsten siehst du mich ja sowieso ganz ohne wertvolle oder billige Sachen…«
»Und schon sind wir uns wieder einig«, schmunzelte er. »Weg mit den überflüssigen Fetzen…«
Die schmiss sie von sich, als sie sich in einer kleinen Billig-Herberge in der Nähe einquartiert hatten. Niemand fragte nach dem Pass, niemand wunderte sich über fehlendes Gepäck oder über ihr immer noch ein wenig ramponiertes Aussehen. Nur die Zimmermiete musste im Voraus und in bar bezahlt werden, und die Toilette und die winzige Dusche befanden sich auf dem Korridor.
Was Nicole nicht daran hinderte, splitternackt über selbigen Korridor zu schreiten, um die Dusche für längere Zeit in Beschlag zu nehmen.
Derweil entledigte Zamorra sich zunächst einmal seiner magischen Stiefel.
»Die Stiefel haben ihre Schuldigkeit getan, die Stiefel können gehen«, meckerte Lefty.
»Er braucht uns nicht mehr, er will uns los sein«, grummelte Righty. »Wetten, dass er uns gleich aus dem Fenster wirft?«
»Schnauze!«, sagte Zamorra.
»Siehst du?«, meuterte Righty. »Sogar über existenzielle Grundprobleme dürfen wir nicht reden!«
»Als er mit uns im Sumpf steckte, da waren wir ihm gerade recht! Und jetzt schmeißt er uns weg!«
»So sind die Menschen eben«, seufzte Righty. »Undankbar von früh bis spät!«
»Wollt ihr wohl endlich die Klappe halten?«, rief Zamorra. »Sonst werfe ich euch wirklich weg.«
»Das ist Erpressung!«, schrie Lefty.
Zamorra, der mittlerweile beide bis zur Mitte der Oberschenkel reichenden Stiefel abgestreift hatte, nahm die beiden Meuterer und verschloss sie im Schrank. Dort randalierten sie noch eine Weile. Als Nicole ins Zimmer zurückkehrte, waren sie aber bereits still.
»Mach bloß den Schrank nicht auf«, warnte Zamorra.
Daran war Nicole in diesem Moment auch gar nicht interessiert. Sondern an ihrem geliebten Lebensgefährten und Chef, und danach an einer Mütze Schlaf - in dieser Reihenfolge. Aber vorher schickte sie auch ihn erst noch unter die Dusche.
***
Devere zögerte. Für einen Moment schien die warnende Stimme in ihm stark genug zu werden, und der Reporter zog die Hand wieder zurück, die er bereits nach dem Griff der Haustür ausgestreckt hatte.
Aber dann siegte die Neugier.
Er öffnete die
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