0718 - Geheimmission der Frauen
nur geteilte Meinungen hervor; Bull wurde der Zündfunke, der die Normalen im Unterseeversteck in zwei Lager spalten konnte. „Sie wundern, sich, Roi? Warum eigentlich?" fragte vorwurfsvoll ein Organisator.
Danton warf ihm einen verblüfften Blick zu. Dann fragte er zurück, kühl und in sarkastischer Verwunderung: „Warum ich mich wundere? Sie fragen, Radun? Weil wir froh sein können, daß Bully bei uns ist. Ich frage mich, warum jemand Zweifel an ihm haben kann!"
Reginald Bull erhob sich halb aus seinem Sessel und sagte mir rauher Stimme: „Laß nur, Roi. Ich kann sie verstehen. Ich war so lange das Symbol der Unterdrückung und der erbarmungslosen Jagd auf euch ... auf uns... daß es schwer ist, eine andere Vorstellung zu haben."
Er ließ sich schwer in den Sessel zurückfallen. „Richtig!" sagte der Cheflogistiker der Organisation. „Das ist es. Wir können Bull nicht trauen. Das bedeutet nicht, daß wir ihm nicht glauben wollen, wir vermögen es nur nicht."
Ein Teil der gesunden Menschen freute sich von Herzen darüber, daß Reginald Bull bei ihnen war, nachdem ihm die Flucht aus Imperium-Alpha gelungen war. Weitaus mehr gefährdet als viele in der alten Festung der Lemurer am Meeresgrund, hatte sich Bull nach seiner persönlichen „Sekunde der Wahrheit" entschlossen, auf welcher Seite er stehen würde. Hier im Lager der Immunen, bei der OGN von Roi Danton. Mit seinem Wissen über sämtliche Aktivitäten der Aphilen war er unersetzlich. „Bully, der uneingeschränkt mein Vertrauen besitzt", führte Roi ruhig aus, „hat uns vier Jahrzehnte lang verfolgen lassen. Das ist richtig, niemand leugnet es ab, die Leiden werden nicht ungeschehen gemacht."
„So ist es!" sagte eine Frau, die verantwortlich war für die medizinische Hilfe Und die damit zusammenhängenden Probleme innerhalb der Organisation. Roi winkte müde ab. „Ja, richtig. Wir können uns nicht erlauben, über ihn zu richten. Es ist auch überflüssig, darüber zu diskutieren, ob wir einen Kranken dafür verantwortlich machen können, was er während seiner Krankheit getan hat. Das ist ein Problem, so alt wie die Menschheit."
„Roi!" sagte Bull, dessen kämpferische Natur im Augenblick erheblich gelitten hatte, „ich kann mich selbst verteidigen. Außerdem weiß ich, daß alles Reden nichts nützt. Deine Freunde brauchen einen Beweis.
Wenn ich es schaffe, werde ich ihn liefern."
Roi hämmerte mit der flachen Hand auf die Tischplatte und rief scharf: „Hör auf mit diesem Selbstmitleid. Wir werden hier klären, was zu klären ist. Und wenn ich hier in die Runde sehe und dieses Mißtrauen in euren Gesichtern sehen muß ... ich könnte mich schütteln."
Er schwieg, selbst überrascht von seinem Ausbruch. Als er den Kopf hob, sah er in die dunklen Augen eines großen, dunkelhaarigen Mannes. Es war der Entdecker der PHARAO. Um die Lippen des Mannes, etwa neunzig Jahre war der Professor alt, lag ein verständnisvolles Lächeln. „Ich greife Sie nicht an, Mister Bull", sagte Radun halblaut. „Ich bin auch im Augenblick nicht sarkastisch.
Aber für einen Teil der Mensehen, die sich in den Schutz unserer Organisation geflüchtet haben, sind Sie das Symbol und der Repräsentant der Aphilie. Und wie weit uns diese Krankheit gebracht hat, sehen wir ja. Ein Teil der Menschheit jagt den anderen."
Bull schwieg. Die Einwände gegen seine Person, die in Porta Pato unterschwellig vorhanden waren, wurden hier laut. Das war immerhin etwas - Dinge, die ausgesprochen wurden, konnten durch Argumentation beseitigt werden. Äußerlich schien Bull ruhig und gelassen zu sein, aber er fühlte sich, als wäre er aus einem vierzigjährigen Traum erwacht. Vierzig Jahre lang hatte er unter dem Einfluß der Krankheit gehandelt. Er hob die Hand. Die Gespräche, die zögernd hin und her gingen, verstummten. „Vielleicht gelingt es Ihnen", sagte er und machte eine Handbewegung, die den Raum umfaßte, „mir zuzuhören. Ich kann nicht verlangen, daß Sie mir jedes Wort glauben, aber Sie wissen, daß ich so gut wie alle Kenntnisse besitze, die mit der Jagd auf Sie zusammenhängen.
Ich kann Ihnen zwei Pläne vorschlagen. Hören Sie mich an."
Die Versammlung spiegelte ziemlich deutlich wider, wie die Verhältnisse in Porta Pato standen. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge oder Rebellen lehnte Bull ab. Sie waren vielleicht durch eine drastische Aktion oder durch ein Wunder zu überzeugen, aber für sie war Bull tatsächlich eine Symbolfigur. Durch ihn hatten sie
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