0718 - Geheimmission der Frauen
sollte, als die erste der Meldungen zu hören war. Instinktiv hatte sie den richtigen Sender eingestellt.
Sie blieb regungslos stehen und hörte, daß im Lauf des Tages drei Kranke, zum Teil nach heftiger Gegenwehr, gefangengenommen worden waren. Die Untersuchung der mitgeführten Gegenstände hatte nichts ergeben. Die Verhöre würden morgen früh stattfinden. „Alle drei! Nayn, Terfy und Marhola!" sagte Nano und wußte, daß sie einer Festnahme oder einer Entdeckung nur deswegen entgangen war, weil sie mit niemandem Kontakt aufgenommen hatte. Sie war lediglich durch die Stadt gegangen und hatte sich unaufhörlich neue Bilder eingeprägt. Aber auch sie hatte nichts gesehen und erfahren, was mit ihrer Mission in Verbindung zu bringen war. Sie wußte nicht mehr über die Fluchtorganisation der Immunen als vor der Landung.
Ich muß ihnen helfen. Ich muß sie herausholen! dachte Nano.
Sie zog sich an, suchte Waffen zusammen und bestellte ein Essen. Während sie sich stärkte, versuchte sie einen Plan zu fassen. Aber sie war noch immer unschlüssig, als sie einen Taxigleiter kommen ließ und zum Präsidium fuhr. Inzwischen war es neun Uhr abends.
Jetzt waren die Gänge und Gehflächen, die Räume zwischen den Häusern und die kleinen Plätze viel belebter als zu jeder anderen Tageszeit. Langsam ging Nano Balwore auf das Tor des Präsidiums zu.
Aus der Dunkelheit löste sich eine Gestalt und kam auf sie zu. Ihr Kopf fuhr herum, und sie sah einen schmalen Mann mit schwarzem Haar. „Ihre Kolleginnen sind dort drinnen, nicht wahr?" fragte der Mann ruhig und in sachlichem Tonfall. .„Ja. Was soll die Frage?" fragte sie zurück. Es war das erste Gespräch mit einem Terraner seit der Landung, abgesehen vom Hotelpersonal. „Ich helfe Ihnen, Ihre Freundinnen dort herauszuholen", sagte der Mann und lächelte kurz. Er stand regungslos neben ihr, dann blickte er hinüber zum Präsidium. Dort gab es nur noch hinter der Hälfte der Fensterflächen Licht. Eine Reihe Polizeigleiter stand vor dem Gebäude. „Warum wollen Sie mir helfen?" fragte Nano. „Und woher wissen Sie von uns?"
„Ich bin Spezialist für schwierige Aufgaben und technisch dafür ausgerüstet. Sie haben allein keine Chance."
Sie schüttelte fassungslos den Kopf. Sie war größer als der Mann vor ihr, aber von dem Fremden ging eine unbestimmte Drohung aus. Gut, er war ein Mann, und sie hatte keine Erfahrung mit dieser Hälfte der Menschheit. Aber trotzdem spürte sie, daß er ein ebensolcher Kämpfer war wie sie. „Keine Chance?"
„Nein. Denn Sie sind nicht von der Erde. Woher kommen Sie?"
Es mußte ein Immuner sein, denn Nano konnte sich nicht vorstellen, daß ein Kranker so sprach. „Von einem Mahlstromplaneten. Sie kennen den Namen nicht", erwiderte sie halb gegen ihren Willen. „Wer sind Sie?"
„Ich bin Jocelyn, der Specht. Ich bin ein Mann, der unabhängig von den Gesetzen lebt. Kann sein, daß die Polizei mich ebenfalls so verfolgen wird wie Sie. Eines Tages. Soll ich Ihnen helfen?"
„Natürlich!" sagte sie fast vorwurfsvoll. „Aber wie gehen wir vor?"
„Das lassen Sie meine Sorge sein. Ich brauche alle vier Frauen, denn ich habe vor, mit Danton ein Arrangement zu treffen."
„Also gibt es doch eine Organisation der Immunen?"
„Es gibt eine Organisation der Kranken, ja. Aber wir verlieren Zeit. Wie dachten Sie Ihre Freundinnen zu befreien?"
„Ich habe keine Idee, wirklich!" sagte die junge Dunkelhäutige niedergeschlagen.
Sie ging langsam neben dem kleineren Mann her, auf einen Gleiter zu. Es war sehr merkwürdig. Sie vertraute ihm, obwohl sie ziemlich sicher war, daß es sich um einen Kranken handelte. Aber er war anders als alle anderen. Er hatte sie angesprochen, und er wußte alles. Er verfolgte einen bestimmten Plan. Auf alle Fälle würde er die drei Mädchen befreien, und sie würde ihm helfen. Dann konnte man weitersehen. „Wir müssen die Stadt verlassen!" sagte sie, als sie im Gleiter saßen und sie erkannte, daß das Instrumentenpaneel voller Spezialinstrumente war. „Zweifellos. Ich habe für alles gesorgt. Es ist wichtig, daß wir schlagartig alle Polizisten außer Gefecht setzen. Und das wird in diesem Gebäude schwierig sein. Passen Sie auf."
Er sagte ihr, was zu tun war.
Dann warteten sie. Um Punkt drei Uhr nachts verließen sie den Gleiter und gingen auf das Gebäude zu, bogen davor ab und verschwanden in einer Seitenstraße. Jocelyns Schritte waren unhörbar, die Negerin schlich ihm nach. Plötzlich standen
Weitere Kostenlose Bücher