0720 - Zwei Verdammte aus Aibon
konnte, war Kool über ihm.
Beide Hände stemmte er gegen den Körper. Er drückte ihn mit seiner irren Kraft gegen den Untergrund und gab dem Tier keine Chance, obwohl es mit den Pfoten um sich schlug, auch den Kopf hektisch bewegte und zubeißen wollte.
Er schaffte es nicht.
Kool schlug zu.
Es war ein brutaler Hieb, der die Bewegung des Tieres erstickte. Einen Moment später landete Rugan neben seinem Artgenossen. Er lachte, in seinem Maul blitzten die Zähne.
»Jetzt?«
»Ja, für uns beide.«
Sie gaben dem Hund keine Chance. Er winselte noch einmal, dann war von ihm nichts mehr zu hören.
Dafür von den beiden Verdammten.
Saskia Beaufort aber wartete gelassen ab. Sie wußte genau, daß ihre Helfer die Beute finden würden. Dafür hatte sie einen Instinkt. Bisher hatten sie jede Beute bekommen, und sie dachte daran, daß Tiere flinker waren als Menschen.
Es war schon eine Fügung des Schicksals gewesen, die sie mit den beiden Aibon-Verdammten zusammengebracht hatte. So hatte sie von einer Welt erfahren, die sie nicht kannte und jetzt von den Erzählungen her liebte.
Sie wollte hin, hineintauchen in dieses geheimnisvolle Reich zwischen den Welten. In das Paradies der Druiden, von dem einige Legenden berichteten, die aber von den Menschen nie für bare Münze genommen worden waren.
Vielleicht schaffte sie es, dieses Land einmal zu sehen, auch wenn die beiden ausgestoßen worden waren.
Einmal schreckte sie zusammen, als die Glocke des Kirchturms anschlug.
Es war nur ein dünner Klang, als hätte jemand eine Totenglocke gebimmelt, und er wiederholte sich auch nicht.
Auf Menschen brauchte sie nicht zu hoffen. Sie hockten in ihren Häusern, hatten zwar das Licht eingeschaltet, aber die Fenster mit den Rolläden verdeckt, damit niemand in die Wohnungen hineinschauen konnte und sie sah.
Sie wußten, daß die Angst in Gestalt der beiden Verfluchten unterwegs war.
Ein junger Bursche hatte sich vor kurzem aus einem Seiteneingang gestohlen und war zu einem anderen Haus so schnell gelaufen, als wäre jemand mit der glühenden Peitsche hinter ihm her.
Auch er ließ sich nicht mehr sehen.
Inzwischen war es völlig finster geworden. Wie ein großer Sack lag die Nacht über Terrymore. Da zählten auch die wenigen Laternen nicht, die ihr Licht verstreuten und dabei einige der geparkten Fahrzeuge mit einem Schleier überzogen.
Sie hörte Schritte.
Sofort drehte Saskia sich herum.
Es waren zwei Gestalten, die durch die Dunkelheit glitten und sich dicht beisammen hielten.
Keine Feinde, sondern Rugan und Kool, die von ihrem Raubzug zurückkehrten.
Saskia brauchte nicht erst zu fragen, ob sie Erfolg gehabt hatten, denn sie kauten noch immer. Als sie nahe genug heran waren, sah sie die blutverschmierten Lippen.
»War es gut?«
Kool nickte.
»Seid ihr denn satt?«
Diesmal gaben beide die Antwort, indem sie ihre Köpfe heftig schüttelten.
»Aber Tiere gibt es nicht mehr«, sagte Beaufort.
»Und Menschen?« fluchte Kool.
Sie nickte, lachte leise und sagte: »Gut, dann wollen wir mal den Schrecken nach Terrymore bringen…«
***
Der Rote Ryan also!
Immer wenn er erschien, dann ging es um ein bestimmtes Land, um ein Gebiet zwischen den Welten, daß Aibon hieß, für viele Druiden ein Paradies war, für manche Menschen aber als Fegefeuer angesehen wurde. Mir schoß einiges durch den Kopf, und natürlich stellte ich mir dabei die Frage, was Aibon und der Rote Ryan mit diesem schrecklichen und widerlichen Fall zu tun hatten. Es war mir noch ein Rätsel. Ich ging allerdings davon aus, daß mich der Rote Ryan aufklären würde.
Auch Jessica Long hatte ihn gesehen und sich erschreckt, denn er sah in seinem Aufzug wirklich wild aus. Er trug Sachen, die aussahen, als wären sie aus großen Blättern zusammengeschustert worden, und er erinnerte mich immer an den Papageno aus Mozarts Zauberflöte.
»Wer ist das, John?«
Ich faßte Jessica an. »Keine Sorge. Ich kenne ihn gut. Es ist der Rote Ryan.«
»Ein Flötenspieler?«
»Auch.«
»Und wo kommt er her? Ich meine, so plötzlich…«
»Von weit her, meine Liebe. Ich kann dir das jetzt nicht erklären, aber es ist nicht unsere Welt.«
»Na ja…«. Jessica Long verstummte.
Der Rote Ryan hatte die Flöte sinken lassen. Er stand vor mir und verbeugte sich leicht. Ob dies spöttisch gemeint war, wußte ich nicht. Ich wollte es einmal dahingestellt sein lassen.
»Du also«, sagte ich.
»Warum nicht?«
Ich hob die Schultern. »Du kannst mich für einen Narren
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