0720 - Zwei Verdammte aus Aibon
grauenhaft. Dann wären ja auch die Menschen in Gefahr.«
»Ich glaube, daß man es so sehen muß. Es sei denn, wir können sie vorher stellen.«
»Und wo?«
»Bei dieser Frau. Sie lebt einsam. Ihre Hütte bietet für die beiden ein ideales Versteck.«
»Da hast du recht.«
»Dann laß uns so schnell wie möglich hingehen. Ich habe immer mehr den Eindruck, daß uns die Zeit davonläuft.«
Um abzukürzen, liefen wir quer durch das Gelände und erreichten unseren Wagen in Rekordzeit.
An dem Rover hatte sich niemand zu schaffen gemacht. Keine Scheibe war zerschlagen und auch kein Reifen zerstochen worden. Hier mußte man mit allem rechnen.
Ich hatte Jessica den Plan gegeben. Sie las ihn im letzten Licht des schwindenden Tages und im Schein meiner kleinen Leuchte, die sie mit der Linken hielt.
Ihre Anweisungen kamen knapp und präzise. Ich konnte das Ziel nicht verfehlen und sah es schon sehr bald vor mir.
Das Haus war alt, es sah brüchig aus, stand schief und wirkte verlassen.
In der Nähe rutschte der Fluß durch sein Steinbett. Ich stieg aus und ging allein auf das Haus zu.
Jessica folgte mir zwar, blieb aber weiter zurück.
Ich betrat den Bau.
Um es vorwegzunehmen. Es war leer. Ich fand auch den Eingang zum Keller, leuchtete hinein und der widerliche Geruch wehte mir auch hier entgegen.
Da unten also hatten sie gehaust. Am Rand der Luke stehend, ließ ich den Lampenstrahl hin- und hergleiten, sah eine Feuerstelle, die noch heiß war, entdeckte auch zwei primitive Fellager, dazu Töpfe, Pfannen und Tiegel.
Jessica war mir gefolgt. Sie sah aus, als wollte sie sich jeden Augenblick die Nase zuhalten. Dabei glitt ihr Blick unstet in die Runde. »Sie sind ausgeflogen, wie?«
»Ja, so ist es.«
»Und was machst du jetzt?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Jessie. Oder besser, ich kann es dir sagen. Wir werden diesen ungastlichen Ort so schnell wie möglich verlassen und zurück nach Terrymore fahren.«
»Das meine ich auch. Bist du denn sicher, daß du sie dort finden wirst?«
Ich hob die Schultern. »Was heißt sicher? Gehen wir mal davon aus, daß sie hungrig sind.«
»Hör auf, John.«
»Ich will aber verhindern, daß sie den Hunger stillen können. Dazu müssen wir einfach nach Terrymore, wobei ich hoffe, daß wir nicht zu spät kommen.«
Jessica nickte nur. Ich schob sie vor, sie drängte sich an mich. Dicht nebeneinander hergehend verließen wir das Haus.
Der Himmel hatte eine dunkle Farbe bekommen. Nur über den fernen Bergen lag noch ein heller Flecken. Sie sahen aus wie verschobene Bettücher. Ich ging auf den Rover zu, der trotz des morastigen Bodens die Strecke geschafft hatte.
Noch einen Schritt war ich vor ihm, als ich ein bekanntes Geräusch hörte.
Eine Melodie.
Flötenspiel…
Das schaffte nur einer - der Rote Ryan.
Und einen Moment später erschien er aus dem Schatten der Dämmerung wie eine Gestalt aus dem Märchen…
***
Sie waren da, aber sie waren nicht zu sehen. Sie hatten den Dorfeingang erreicht und hielten sich im Schatten der ersten Häuser auf, die nicht mehr bewohnt waren.
Die Frau stand, ihre beiden Helfer hatten sich rechts und links neben sie geduckt wie zwei Tiere, die jeden Augenblick in die Höhe springen wollten.
Ein stiller Ort lag vor ihnen.
Kein Wagen fuhr über die Straße, die wenigen Laternen gaben ein so mieses Licht, auf das man auch hätte verzichten können, und auf der Straße selbst bewegte sich nichts.
Auch den einzigen noch verbliebenen Hund sahen sie nicht. Den aber wollten sie haben.
Die Frau hörte neben sich ein Knurren. Es drang aus den Kehlen ihrer beiden Begleiter. Sie kannte diese Geräusche, denn sie besagten, daß Rugan und Kool hungrig waren. Lange würden sie es nicht mehr aushalten. In ihren Augen funkelte die Gier. Beide hielten die Mäuler weit offen, die harten Zähne leuchteten.
Kool drückte sich hoch. Mit der Schulter schabte er über die Hauswand. »Ich habe es. Ich… ich rieche es. Ich weiß es genau. Das Tier hat sich versteckt.«
»Wo?« hechtete Rugan.
»Nicht weit. Können wir gehen?« Die Frage galt Saskia Beaufort.
Die dunkelhaarige Frau überlegte nicht lange. Es war besser, wenn die beiden Verfluchten erst einmal zufriedengestellt wurden. Der Hund war praktisch eine Vorspeise. »Ja, holt ihn euch, aber seid vorsichtig. Ich werde hier warten.«
Das hatten die beiden gehofft. Die Zeit zwischen der Dämmerung und der Dunkelheit war für sie ideal. Da konnten sie ungesehen durch den Ort huschen, denn es gab
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