0724 - Der Stasi-Vampir
unter anderem auch Will Mallmann heißt?«
Meier überlegte einen Moment.
Dann winkte er ab. »Nein, diesen Namen habe ich noch nie gehört.«
»War auch nur nebenbei gefragt.«
»Warum?«
»Vergessen Sie es.« Ich räusperte mich und mußte niesen, allerdings sehr verhalten. »Gut, Mr. Meier, Sie haben mir jetzt die Lage erklärt, aber das wird nicht alles gewesen sein, schätze ich. Sie haben sich mit mir getroffen, weil Sie etwas von mir wollen.«
»Richtig.«
»Ich soll den Schwarzen stellen und die übrigen Stasi-Vampir-Clique aufmischen.«
»Das wäre ideal.«
»Für mich auch. Fragt sich nur, wo ich den Hobel ansetzen soll.«
»Bei uns. In Dresden.«
»Allein?«
»Wie meinen Sie das?« Er legte seine Stirn in Falten. »Soll ich an Ihrer Stelle reisen?«
»So habe ich das nicht gemeint. Dresden liegt nicht weit von Leipzig entfernt, und dort sitzt Kommissar Stahl, mit dem ich schon hervorragend zusammengearbeitet habe und der in etwa dort die gleiche Funktion besitzt wie ich hier. Auch er kümmert sich um Fälle, die den Bereich der nachvollziehbaren Realität oft genug verlassen.«
»Ich kenne seine Funktion.«
»Ist er dann informiert?«
Meier schüttelte den Kopf und erteilte mir eine einleuchtende Antwort. »Wir wollten den Kreis der Eingeweihten bewußt so klein wie möglich halten. Schließlich sind die Stasi-Vampire so etwas wie eine Brandbombe, die jeden Augenblick explodieren kann.«
»Da haben Sie recht.«
»Wenn ich Sie aber richtig verstanden habe, würden Sie gern mit Ihrem Freund zusammenarbeiten.«
»Das ja.«
»Wie vertrauenswürdig ist er.«
»Sehr. Vertrauenswürdiger jedenfalls als manche Geheimdienstleute, die es schafften, sagenhaft schnell die Seiten zu wechseln und sich nun bei ihren ehemaligen Feinden tummeln.«
»Ging das gegen mich?«
»Es ist mir egal, ob Sie sich den Schuh anziehen. Kommen wir wieder zur Sache. Ich werde also nach Dresden fahren und dort meine Ermittlungen aufnehmen.«
»So ist es.«
»Können Sie mir auch sagen, wie ich das machen soll? Welche Anhaltspunkte habe ich?«
»Eigentlich keine. Sie fangen praktisch von vorn und im Nichts an. Aber es gibt da eine Hoffnung«, sprach er schnell weiter, bevor ich protestieren konnte. »Es gibt noch alte Seilschaften, wir haben die Informationen, die über Jahre hinweg zurückliegen, und ich hatte das Glück, sie vor kurzem noch einsehen zu können.«
»Sie nahmen sich die Akten vor?«
»Das tat ich. Dabei stieß ich auf einen Fall, der schon zehn Jahre zurückliegt, und er scheint mir der Schlüssel zu sein.« Meier hob einen Finger. »Vor zehn Jahren wurde eine gewisse Helga Stoßflug entführt. Sie verschwand einfach von der Bildfläche. Ihr Mann, Helmut Stoßflug, der diesen Fall bei der zuständigen Polizei meldete, war fest davon überzeugt, daß seine Frau von einem Vampir geholt worden war. Das hat er jedenfalls zu Protokoll gegeben und auch unterschrieben.«
»Sie haben die alte Akte gelesen?«
»Sicher.« Er griff unter seinen Mantel. »Hier ist eine Kopie davon. Sie können sich selbst überzeugen.«
Eines mußte man diesem auf mich unsympathisch wirkenden Zeitgenossen lassen. Er beherrschte das Geschäft.
Ich faltete die Blätter auseinander. Es waren drei dünne Kopien. »Ich lese sie später.«
Erich Meier nickte. »Gut, dann wäre unser Gespräch damit beendet, sage ich mal.«
»Hier schon.«
Er lächelte. »Sie meinen, daß wir uns in Dresden wiedersehen werden, Mr. Sinclair?«
»Kann doch sein.«
Er schüttelte den Kopf. »Es wird nicht geschehen, denn ich bin nicht mehr dort tätig. Ich arbeite auf anderen Gebieten, außerdem fühle ich mich in Dresden nicht mehr wohl.«
»Verstehe.«
»Dann wünsche ich Ihnen viel Glück. Wühlen Sie den Sumpf dieser Brut richtig durch. Sie werden bestimmt noch einige Überraschungen erleben.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Lassen Sie mich jetzt gehen?«
»Sicher, warum nicht?« fragte ich lachend.
»Ohne mich zu verfolgen. Ich werde aus Ihrem Land so heimlich verschwinden, wie ich gekommen bin. Unser Gespräch hat praktisch nicht stattgefunden.«
»Und was ist mit den Verfolgern, von denen Sie gesprochen haben und vor denen Sie sich fürchten?«
»Ich werde es schon überstehen. Aber ich habe Sie nicht angelogen. Es hat sie gegeben, die alten Stasi-Vampire sind wieder aufgewacht, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten.«
»Nichts dagegen.«
Er nickte mir noch einmal zu und ging. Okay, ich würde ihm den Gefallen tun und ihn
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