073 - Dämonenrache
hätte alle der Reihe nach geohrfeigt.«
Scharfrichter Rimbeaud lachte. Es klang gekünstelt.
»Die Guillotine ist wieder sauber«, sagte Merchant. »Was machen wir jetzt?«
»Wir müssen ihn in den Sarg legen.«
»Er ist schwer.«
»Du bist doch ein kräftiger junger Mann.«
»Ich fasse Tote nicht besonders gern an.«
»Und dann arbeitest du ausgerechnet bei mir? Wo ist eigentlich Emile geblieben?«
»Er erledigt die Formalitäten und holt das Geld.«
»Stimmt. Ich habe ihn ja selbst nach oben geschickt. Ich werde alt. Nimm du die Beine.«
Claude Merchant fasste mit an. Er hievte zusammen mit Rimbeaud den Rumpf des Toten vom Brett. Man musste sie immer einige Zeit liegen lassen. Sonst besudelte man sich die ganze Kleidung mit Blut. Der Körper Dumarches fühlte sich schon ganz kalt an.
Der einfache Blechsarg stand am Aufgang zum Schafott. Sie brauchten die Überreste von dem Massenmörder nur die vier Stufen hinunterzutragen.
Rimbeaud hatte sich für diese Arbeit eine Gummischürze umgelegt. Trotzdem tropfte noch Blut auf seine Hosenbeine. Er fluchte lästerlich und hob den Oberkörper keuchend in den Sarg.
»Der Kopf liegt bei den Füßen«, sagte Merchant.
»Dann leg ihn doch auf die andere Seite«, keuchte Rimbeaud. Dumarche war kein leichter Mann gewesen.
Rimbeaud war ein großer Mann. Jetzt reckte er sich zu seiner vollen Größe.
»Ich glaube, wir haben uns jetzt einen Schluck verdient, Claude. Hältst du mit?«
»Schnaps? Immer!«
Der Scharfrichter brachte eine Flasche zum Vorschein und entkorkte sie. Es gab einen schmatzenden Laut.
Claude Merchant hatte auch einen schmatzenden Laut gehört.
Doch der kam aus dem Sarg.
»He, Chef! Der Sarg!«
»Nun lass doch diesen dämlichen Sarg. Beinahe glaube ich, du hättest deinen Beruf verfehlt. Es hat dir doch sonst nichts ausgemacht.«
»Schauen Sie mal in den Sarg, Chef!«
»Da liegt ein Toter! Na und?«
»Der Tote bewegt sich, Chef. Der ist gar nicht tot. Als ich den Kopf auf die andere Seite gelegt habe, ist er wieder zusammengewachsen. Es hat richtig geschmatzt, Chef. Ehrlich. Chef!«
Scharfrichter Rimbeaud entfiel die Flasche.
Leon Dumarche hatte sich im Sarg nicht nur bewegt!
Er kam heraus!
***
Rimbeaud starrte wie hypnotisiert auf den Striemen, der wie ein roter Wollfaden den Hals des Hingerichteten umspannte.
Dumarches Augen blieben weiß und blicklos. Und doch schien er damit sehen zu können. Sein Kopf ruckte in die Richtung der beiden Männer, sein wulstiger Mund verzog sich zu einem hässlichen Grinsen. Speichel tropfte aus den Winkeln der dicken Lippen. Roter, mit Blut vermischter Speichel.
Der Geköpfte streckte sich, die Arme wie ein Gorilla hängen lassend, seine mordenden Hände zu Fäusten geballt. Sein mächtiger Brustkorb hob und senkte sich. Ein tierhaftes Röcheln brach aus dem Mund, die auszischende Luft brachte den Speichel zum Schäumen.
Fahl leuchtete das Weiß seiner Augäpfel, von einem geheimnisvollen Schimmer durchstrahlt.
»Rimbeaud«, kam eine Stimme wie aus einem tiefen Brunnen. Eine Stimme, die das Entsetzen gebar.
Rimbeaud wollte schreien, doch das Grauen schnürte ihm die Kehle zu.
»Scharfrichter«, kam es von Dumarche, »du stehst obenan auf meiner Liste. Die Zeit der Rache ist schnell gekommen. Du wirst der Erste von vielen sein...«
Grausam war das Lächeln in diesem hässlichen Gesicht. Die Wangenknochen traten hart hervor.
Nun bewegte sich der Geköpfte auf den Scharfrichter zu.
Claude Merchant erwachte aus seiner Trance. Auch er hatte sich nicht mehr bewegen können, hatte in nacktem Entsetzen Augen und Mund aufgerissen.
»Ich habe nichts damit zu tun!«, winselte er kläglich. »Ich kann wirklich nichts...«
Dumarches Oberkörper fuhr zum Gehilfen herum. Gespenstisch leuchtete das Weiß seiner leeren Augen.
»Schweig!«
Dann war der Massenmörder an Rimbeaud heran. Wie stählerne Klauen umfassten seine Hände den ebenfalls nicht kleinen Scharfrichter und hoben ihn hoch wie eine Puppe.
Dumarche fletschte seine schadhaften Zähne. »Ich habe noch nie eine Guillotine bedient, Rimbeaud. Aber ich wollte es immer schon mal versuchen.«
Der Scharfrichter wusste nicht mehr, wie ihm geschah. Der Hingerichtete schleppte ihn ab wie einen Sack Stroh. Vier Stufen bis zum Blutgerüst.
Ein viehisches Gelächter schallte über den Gefängnishof, als Dumarche das Fallbeil mit der bloßen Hand an der oberen Kante packte und es mit Wucht hinunterstieß.
Er hatte Rimbeaud so hingelegt und hielt ihn
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