0734 - Dem Wahnsinn nahe
unterbrochen worden war. Aber es gab keinen Gegenstand, der den Schatten hätte werfen können, zudem strahlten weder ein Mond noch eine Sonne am Himmel.
Wieso hatte der Schatten entstehen können?
Ich ging jetzt viel langsamer weiter, war auf der Hut, hätte beinahe noch meine Beretta gezogen, bis mir einfiel, daß dies irgendwie lächerlich wirkte.
Was konnte ich mit einer normalen Waffe in einer fremden Welt wie dieser schon anrichten?
Nichts, gar nichts.
Ich schlich auf den Schatten zu. Je näher ich herankam, um so besser konnte ich ihn erkennen, denn er war ziemlich breit.
Plötzlich hatte ich die Lösung.
Das war kein Schatten, das war eine Lücke! Ein breiter Spalt mitten im Gestein.
Ich war noch einige Yards von ihm entfernt und verhielt mich entsprechend vorsichtig. Bisher hatte ich das wunderbar weiche Licht gesehen, der breite Spalt aber unterbrach diesen Fluß. Aus seiner Tiefe schien die Finsternis hervorzusteigen wie eine unheimliche Macht, die dabei war, das andere Licht zu verdrängen.
Der Rand der Spalte zeichnete sich überhaupt nicht ab. Es gab weder eine Erhöhung noch eine Vertiefung. Das breite Loch begann ohne Übergang.
Ich blieb dicht davor stehen und schaute darüber hinweg.
Hier war mein Weg zu Ende. Dieser Riß im Boden war einfach zu breit, um ihn überspringen zu können. Das hätte nicht einmal der Weltmeister im Weitsprung geschafft.
Umkehren oder bleiben?
Bevor ich mich zu einer der beiden Alternativen entscheiden konnte, entdeckte ich die Bewegung in der dunklen Tiefe des Spalts. Es war nichts zu erkennen, trotzdem entstand dort unten eine gewisse Unruhe, die auch nicht dort blieb, sondern allmählich an beiden Wänden entlang in die Höhe stieg.
Ich konnte nicht erkennen, was sich da tat, aber der Vergleich zu einem Höllenspalt kam mir in den Sinn, wo es brodelte und kochte und der Satan den Schrecken noch mehr anheizte.
Hier war es ein quirlender, brodelnder und auch kochender Nebel, der sich in die Höhe drückte.
Graue Wolken, an manchen Stellen sehr dunkel, an anderen wieder heller, als würde von unten her Licht gegen sie leuchten.
Unheimlich sah die Szenerie aus.
Ich wartete und ging sicherheitshalber zwei Schritte zurück, damit mich die Überraschung nicht zu stark traf.
Etwas zischte.
Es hörte sich an, als wäre inmitten des Spalts ein Ventil geöffnet worden.
Dann drückte sich der Nebel hoch. Er hatte das Ende des Spalts erreicht und jagte mit einem fauchenden Geräusch aus ihm hervor. Er war eine helle Wolke, die allerdings ihre Form veränderte, kaum hatte sie den Spalt verlassen.
Sie quetschte sich mehr zusammen, so daß sie ziemlich dünn aussah und wie Rauch in die Höhe stieg.
Es blieb nicht beim Rauch.
Es formte sich etwas hervor.
Mir stockte der Atem, als ich es sah. Das war wieder einmal Irrsinn, denn die Gestalt vor mir sah aus wie ein haushoher Tiger, eine Riesenkatze, ein mordlüsternes Raubtier, dessen Rachen weit geöffnet war und das Zähne wie Säbel hatte. Sie würden mich in Sekundenschnelle erreichen.
Der obere Teil des Körpers existierte in einer festen Form, der untere verschwamm im Nebel. Aber das blieb nicht so. Je mehr Zeit verging, um so stärker materialisierte sich das Wesen.
Der Körper war von einem weißen Fell bedeckt, auf dem sich blasse, gelbe Flecken abzeichneten.
Ein derartiges Tier kannte ich von der Mutter Erde her nicht, auch nicht in verkleinerter Form.
Das hier war ein Monstrum auf einem fremden Planeten. Ein Wesen, das seine Form verändern konnte. Es zeigte sich einmal als Nebel, dann wieder als fester Gegenstand.
Das war kaum zu fassen.
Auch der Rest des riesigen Raubtieres materialisierte sich, und seine gewaltigen Vorderpfoten ebenfalls mit scharfen Krallen versehen - stützte er auf dem Rand der Spalte ab.
Ich kam mir vor wie ein Zwerg oder wie eine Ameise, die es mit dem Elefanten aufnimmt.
Ich hätte auch rennen können, so schnell und so weit ich wollte. Diesem Wesen wäre es immer gelungen, mich mit einem Sprung zu erreichen. Ohne ein großer Pessimist zu sein, war es doch nur eine Frage der Zeit, wann es mich anspringen und zerreißen würde. Es sei denn, der Teleporter griff ein, doch von ihm und seiner schauerlichen Musik war weit und breit nichts zu sehen und zu hören…
ENDE des zweiten Teils
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