0737 - Asha Devis Höllenfahrt
Devi die furchtbare Wahrheit.
Der Dämon hatte ihr diese Erinnerung soeben eingepflanzt! Und zwar nur, um sie zu quälen!
»Du kannst uns nicht drohen, Asha Devi«, fuhr der Rakshasa hämisch fort. »Aber ich will deine Frage trotzdem beantworten - du bist nach wie vor in Indien.«
»Gleich lache ich mich tot!«
»Das ist nicht nötig«, bemerkte der Dämon trocken, »dann das bist du schon. Wir begrüßen dich hier im äußersten Kreis der Unterwelt. Und wir geleiten dich nun zu unserem mächtigen Herrscher. Er wird dir selbst erklären, was hier in unserer Welt mit dir geschehen soll.«
»Du sprichst von Ravana, nicht wahr?«
Als Dämonenpolizistin kannte Asha Devi natürlich den Namen des obersten Anführers der Rakshasas.
»Ja, ich meine den Großen Ravana.«
»Aber der ist doch tot!«, höhnte Asha Devi. »Getötet von den Göttern! Indra hat ihn mit seinem Vajra [4] getroffen, und Rama hat euren Oberdämon mit seinem Pfeil durchbohrt!«
»Na und?«, erwiderte der Rakshasa. »Es stimmt, Ravana ist tot. Aber das bist du selbst auch, Asha Devi! Und nun vorwärts!«
Der letzte Satz hatte den anderen Dämonen gegolten. Sie schleppten nun die Sänfte mit Asha Devi darin tiefer in die Höllenschlünde.
Der Inspectorin wurde erst jetzt ihre ausweglose Lage bewußt. Sie befand sich in der Hölle, allein, den Kreaturen der Finsternis hilflos ausgeliefert.
Wenn sie nicht ihr Vertrauen in die Götter gehabt hätte, dann wäre sie auf der Stelle wahnsinnig geworden…
***
»Das ist eine Falle, Chef!«
Nicole Duval zeigte sich äußerst aufgeregt, nachdem die Inkarnation Shivas verschwunden war.
»Schwarzmagisch war unser unerwarteter Besucher jedenfalls nicht, Nici. Merlins Stern hat keinen entsprechenden Alarm gegeben.«
»Stimmt schon - aber gegen Baba Yaga beispielsweise war das Amulett doch auch machtlos. Chef, ich frage mich einfach nur, wie es zu dieser Rettungsaktion aus heiterem Himmel kommen soll.«
Zamorra konnte das Mißtrauen seiner Lebensgefährtin verstehen. Seinerzeit in Indien hatte er selbst mit dem Gott in Gestalt des alten mageren Mannes gesprochen. Diese Inkarnation war nun wieder aufgetaucht oder ähnelte der früheren Version in Indien zumindest wie ein Zwilling.
Nicole hingegen war bei diesem Treffen nicht dabei gewesen. [5]
»Vielleicht ist mein Typ ja gar nicht gefragt«, sagte Zamorra schmunzelnd. »Du kennst doch Asha Devi. Die beißt sich lieber die Zunge ab, als jemanden um Hilfe zu bitten.«
»Ja, und sie hat dabei keine Hemmungen, sich zu blamieren«, bestätigte Nicole und dachte mit Schaudern an die Autopanne zurück, die sie einmal gemeinsam mit der indischen Polizistin hatten erleben müssen. »Ich frage mich einfach nur, ob nicht mehr hinter dieser Geschichte steckt als das, was Shiva uns gesagt hat.«
»Ich halte es auch für möglich, dass Kali wieder einmal eine Intrige spinnt, Nici. Aber… Würdest du deine Hilfe verweigern, wenn eine Freundin dich darum bittet?«
»Selbstverständlich nicht. Allerdings frage ich mich, wie unsere Polizistin eine Bitte vorträgt. Bisher haben wir von ihr ja immer nur mehr oder weniger Befehle oder Anweisungen bekommen. Wenn Asha nicht so biestig wäre, würde sie es einem viel leichter machen, sie zu mögen. Darum glaube ich, dass Asha eher in den untersten Höllenpfuhlen versinken würde, als dich um Hilfe zu bitten.«
Zamorra zuckte mit den Achseln.
»Lassen wir uns überraschen.«
***
Eine furchtbare Reise begann.
Die Rakshasas trugen Asha Devi in der goldenen Sänfte durch einige Teil-Höllen des hinduistischen Kosmos, ohne dabei eine Pause einzulegen.
Die Inspectorin erblickte die Feuersäulen von Kalasutra. In ihnen wurden Mörder geröstet, die zu Lebzeiten einen Brahmanen getötet hatten.
Im Fegefeuer von Asipatravana hingegen zermalmten mächtige Walzen aus Granit herrschsüchtige Könige, die ihre Untertanen grausam unterdrückt hatten.
An einem unwirtlichen Ort namens Kumbhika musste Asha Devi mitansehen, wie unbarmherzige Menschen in Öl gekocht wurden.
Was habe ich hier eigentlich verloren?, fragte sich die Inspectorin immer wieder. Sie verstand immer noch nicht, warum sie in der mythischen Unterwelt Indiens gelandet war.
Gewiss, dieser verfluchte Fanatiker hatte sie erschossen, weil sie nicht richtig aufgepasst hatte.
Asha Devi hatte einen Fehler begangen!
Niemals, so hatte sie sich bei ihrem Eintritt in den Polizeidienst vorgenommen, würde sie auch nur den kleinsten Fehler begehen oder eine Schwäche
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