0738 - Die Nächte der Ratten
zerschrammt, am Lenkrad eine Frau«, und er beschrieb Nicole so gut, wie er sie in Erinnerung hatte. »Vielleicht ist sie ja mit dem Wagen irgendwo liegen geblieben«, fügte er noch hinzu, aber das wurde in der Zentrale schon nicht mehr gehört, weil ein übereifriger Kollege bereits die Fahndungsmeldung an alle im Einsatz befindlichen Fahrzeuge funkte.
Die Jagd begann…
***
Nicole winkte Zamorra zu sich. Kopfschüttelnd betrachtete er den verbeulten Porsche und grinste dann. »Frau am Steuer…«
Sie sah ihn drohend an. »Wenn du nicht vorsichtiger mit deinen Bemerkungen bist, siehst du gleich genauso aus wie das Auto!«
»Eine recht uncoole Vorstellung«, gestand er. »Aber da du ja die beste Fahrerin weit und breit bist…« Er stieg ein. »…die sich in diesem Fahrzeug befindet…«
Sie gab ruckartig Gas. Zamorra wurde gegen die Rückenlehne gepresst und hätte fast den kleinen Alu-Koffer verloren, in dem sich allerlei magische Utensilien befanden.
»Wohin fahren wir?«, fragte er.
Sie seufzte. »Schätzungsweise erst mal zu Pierre an den Eirisatzort. Die Flics werden staunen, wenn ich ihnen den Porsche wieder vor die Nase stelle. Eigentlich wollte ich den ja zur Präfektur bringen.«
»Deshalb die Plastikhandschuhe?«
Nicole nickte. »Faß bloß nichts an«, warnte sie.
»Du hast 'nen Vogel, Nici«, seufzte Zamorra. »Wie bist du auf diese Kateridee gekommen?«
»Frag mich was leichteres. Zum Beispiel, worum es hier in Lyon geht.« Sie berichtete von der Aktion. Zamorra seinerseits erzählte ihr von seiner Beschwörung.
»Könnte sein, dass das Ziel, auf das Raffael dich hin wies, genau hier liegt«, überlegte Nicole. »Deutet eine Menge drauf hin, nicht wahr?«
Er nickte.
Hinter ihnen tauchte ein Streifenwagen auf und blinkte sie an. Einmal kurz heulte die Sirene auf.
»Scheint so, als wollten die Kameraden was von uns«, bemerkte Zamorra. »Du solltest mal anhalten.«
Nicole brachte den Porsche am Straßenrand zum Stehen, direkt an einer gelben Markierungslinie am Bordsteinrand, die Halteverbot signalisierte. Der Polizeiwagen zog vorbei, stoppte und rangierte zurück, bis die Stoßstangen beider Wagen sich fast berührten. Zwei Beamte stiegen aus, die Hände an den offenen Pistolentaschen.
»Aussteigen!«, befahl einer von ihnen.
»Sie kommen gerade richtig«, stellte Nicole fest. »Sie könnten diesen rollenden Schrott übernehmen und zur Präfektur bringen, während jemand uns zu Chefinspektor Robin fährt. Er befindet sich derzeit…«
»Halten Sie den Mund. Ganz vorsichtig aussteigen, beide! Sie sind festgenommen. Alles, was Sie von jetzt an sagen oder tun…«
»Jetzt halten Sie mal die Luft an, mon general«, unterbrach Nicole ihn. »Und sperren Ihre Ohren auf! Ich sagte…«
»Was werfen Sie uns überhaupt vor?«, unterbrach Zamorra.
»Sie benutzen ohne Befugnis ein beschlagnahmtes Fahrzeug, das entwendet wurde. Und die Täterbeschreibung passt genau auf die Demoiselle hier!«
»Rufen Sie Chefinspektor Robin an«, verlangte Nicole. »Sofort. Das hier dürfte ein Missverständnis sein.«
»Sieht so aus«, spöttelte der Polizist. »Sie missverstehen so einiges.«
Sein Kollege zog die Dienstwaffe. »Wirds jetzt bald was?«
»Aber nur, weil heute Sonntag ist«, sagte Zamorra und nannte seinen Namen. »Wir arbeiten mit dem Chefinspektor zusammen. Rufen Sie ihn endlich an und lassen Sie es sich von ihm bestätigen.«
»Alles zu seiner Zeit. Sie steigen jetzt erst mal bei uns ein, und der; Porsche lassen wir abschleppen. Vorwärts!«
Nicole strahlte ihn mit falschem Grinsen an. »Wussten Sie schon, mon general, dass der Unterschied zwischen uniformiert und uninformiert nur aus einem einzigen Buchstaben besteht?«
Da wurde der Beamte richtig böse.
***
Als Pierre Robin die Augen wieder öffnete, fand er sich in einem düsteren Raum voller Ratten wieder. Sie kauerten überall, belauerten die Menschen…
Menschen?
Davon gab es außer ihm selbst nur noch zwei, nämlich Diana und ihre Freundin Celine. Sie befanden sich unmittelbar in Robins Sichtfeld. Als er sich weiter umsehen wollte, spürte er einen heftigen Schmerz im Nacken. Ihm war, als risse eine Wunde auf, die gerade dabei war, sich zu schließen und zu verkrusten.
Unwillkürlich stöhnte er auf.
Aber dann setzte er die Bewegung fort. Langsam, aber stetig.
Er stand aufrecht. Aber er war ohne Besinnung gewesen! Gefesselt war er auch nicht, lehnte nur an der Wand. Was hielt ihn in dieser Position? Und was verhinderte,
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