075 - Die Schöne und der Höllenwolf
leider nicht. Er soll den Plan besitzen.«
»Wie kam er dazu?«
Darauf konnte Roxane mir keine Antwort geben.
***
Tuvvana, der weibliche Gnom von der Prä-Welt Coor, schlug die Tür zu und lehnte sich keuchend dagegen. Sie wohnte mit ihrem Freund Cruv in einem Anbau von Tucker Peckinpahs Haus.
Cruv, der eine Zeitlang Peckinpahs Leibwächter gewesen war, fungierte jetzt als Verwalter des Anwesens. Dean McLaglen hätte ihn dazu ernannt.
Der häßliche Gnom warf seiner entzückenden Freundin einen neugierigen Blick zu. Tuvvanas große dunkle Augen waren starr auf ihn gerichtet.
Er erhob sich und ging ihr lächelnd entgegen. »Du siehst aus, als wärst du einem Geist begegnet.«
Tuvvana war noch nicht lange auf der Erde. Vor vielen Jahren war sie schon Cruvs Freundin gewesen, aber dann hatten Wirrnisse auf Coor sie getrennt, und es hatte so ausgesehen, als würden sie sich nie mehr wiedersehen.
Doch das Schicksal hatte es gut mit ihnen gemeint und sie wieder zusammengeführt.
Beide hatten befürchtet, daß der andere nicht mehr lebte, aber tief in ihrem Herzen hatten sie die Hoffnung nie aufgegeben, eines Tages wieder zueinander zu finden.
Das Leben auf Coor war gefährlich. Vor allem für Gnome. Deshalb war Cruv froh, daß er mit seiner Freundin nun auf der Erde lebte. In die Prä-Welt kehrte er nur noch zurück, wenn es unbedingt sein mußte. Zum Beispiel dann, wenn er wußte, daß sein Freund Tony Ballard einen ortskundigen Führer brauchte.
Tuvvana stieß sich von der Tür ab und warf sich in Cruvs Arme. Er erschrak, als er spürte, wie sie zitterte. Da sie noch nicht lange in London lebte, versuchte sie die Stadt langsam für sich zu entdecken.
Jubilee machte das auch. Manchmal waren sie und Tuvvana zusammen unterwegs. Oder Cruv leistete ihnen Gesellschaft. Auch Vicky Bonney zeigte ihnen die Stadt und half ihnen, sich zurechtzufinden.
Nicht so gern hatte es Cruv, wenn Tuvvana allein ausging, denn hier war zwar nicht Coor, aber in einer Großstadt wie London lauerten doch auch Gefahren.
Aber Tuvvana hatte einen nicht zu unterschätzenden Dickkopf. Sie verstand es, ihren Willen zumeist durchzusetzen. Heute hatte sie allein sein wollen, und Cruv hatte sie gehen lassen müssen.
Aber nun bereute er, daß er nachgegeben hatte, obwohl er noch nicht wußte, was passiert war.
»Hat man dich belästigt?« fragte er heiser. »Waren irgendwelche Rowdies hinter dir her? Sag schon, Tuvvana. Ich rufe sofort die Polizei an. Wer hat dir etwas angetan?«
»Niemand«, sagte Tuvvana leise.
»Aber du hast doch Angst. Warum zitterst du so sehr?« Er führte sie zu einem Sessel und forderte sie auf, sich zu setzen. Nervös streichelte er ihr apartes Gesicht. Er war so froh, sie wiederzuhaben. Niemand durfte ihr ein Leid zufügen. Und wenn ihr jemand Angst einjagte, packte ihn die kalte Wut.
»Bitte«, flehte Cruv. »Spann mich nicht so sehr auf die Folter, Tuvvana.«
Sie hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. »Ich habe Xarr gesehen.«
»Xarr? Das ist unmöglich. Er lebt auf Coor.«
»Wir haben auch dort gelebt, und nun sind wir hier.«
»Aber Xarr… Warum sollte der schwarze Druide Coor verlassen? In unserem Fall war das klar. Wir flohen vor den Gefahren. Aber hat Xarr das nötig? Er ist stark, ist selbst eine Gefahr. Er kann sich auf Coor behaupten.«
»Vielleicht reicht ihm die Prä-Welt als Betätigungsfeld nicht mehr.«
»Du meinst, er könnte die Absicht haben, sein Jagdrevier auszudehnen?«
»Das Leben auf der Erde hat sich zwar schneller entwickelt als auf Coor, aber einem Wesen wie Xarr stehen die Menschen machtlos gegenüber.«
»Es gibt Ausnahmen. Tony Ballard zum Beispiel.«
»Ja, aber die vielen anderen, die nicht einmal an die Existenz des Bösen glauben wollen, könnten eine leichte Beute für Xarr werden. London wäre für ihn ein großartiges Jagdrevier! Ein gefährlicher, stets hungriger Wolf - und viele ahnungslose Schafe, die er reißen kann.«
Cruv fuhr sich mit der Hand nervös übers Gesicht. »Ich glaube, das sollten wir Tony Ballard nicht vorenthalten.«
***
Unheimliche Geräusche geisterten über den alten Friedhof. Der Wind spielte mit der kleinen Totenglocke. Manchmal flog ein dünner Laut über die Gräber, als wollte er die Toten wecken.
Es war kalt. Man schrieb Anfang März. Büsche und Bäume waren noch blattlos, das Gras war gelb und sah trocken aus.
Wieder schwebte ein leises Klingen aus dem Glockenturm der Kapelle, zog über den finsteren Gottesacker und
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