0756 - Der Kopfjäger des Spuks
Sie hetzte durch die Dunkelheit der Stollen. Ihr Versteck lag abgeschieden von der Welt, verborgen in der Unendlichkeit eines Gebirges und nur beobachtet von den Gestirnen und den Wolken. Die aber schwiegen.
Sie spürte die Kühle, die gegen ihre Haut wehte. Jemand schien rückwärts vor ihr zu laufen. Er hatte sein Maul geöffnet und blies sie permanent an, doch es war die Kälte aus der Erde, die hier wie ein Reif lag und einem Vampir gefiel.
Auch ihr, denn in diese Einsamkeit hatten sich Dracula II und Assunga zurückgezogen, um weitere Pläne zu schmieden. Eine wichtige Feindin war vernichtet worden, die Köpferin Carmen Cavallo. Sie hatte sich praktisch selbst umgebracht, als sie in ihr eigenes Schwert gefallen war. Dafür aber hatte Assunga einen hohen Preis bezahlen müssen. Ihr Mantel war weg - dieser wunderbare, unnachahmliche Zaubermantel, der ihr überhaupt erst diese Stärke verliehen hatte. Eigentlich hatte Mallmann sie nur wegen des Mantels als Partnerin erwählt, und sein Verschwinden hatte ihn durchdrehen lassen.
Assunga konnte ihren Lauf nicht schnell genug stoppen und prallte gegen einen harten Widerstand.
Es war das dicke Holz einer Tür. Sie kannte sich hier unten aus und wusste auch, was hinter der Tür lag. Ihre Hand rutschte am Holz nach unten. Schnell hatten die Finger den Schlüssel erreicht und zweimal im Schloss umgedreht. Es knirschte, aber jetzt war die Tür offen!
Assunga zog sie noch nicht auf. Stattdessen drehte sie sich um und lauschte in die Dunkelheit des Stollens zurück, aus der sie keine Geräusche mehr hörte.
Trotzdem traute die Hexe dem Braten nicht. Mallmann war schlau, sogar sehr schlau. Wenn er in der Nähe war, würde sie ihn kaum hören. Er konnte lautlos sein wie ein Schatten.
Die Tür war es jedenfalls nicht: Sie knarrte in den Angeln, als Assunga sie aufzog.
Das hohle Geräusch wurde von einem leisen Knirschen begleitet. Dabei rieselte Rost zu Boden. Sie schob sich durch den Spalt, konnte zwar nichts sehen, spürte allerdings sehr genau, dass sie die relative Enge des Stollens hinter sich gelassen hatte, denn vor ihr breitete sich ein sehr großer Raum aus, und sie spürte diese Leere, die ihr entgegenwehte. Es war sicherlich eine Halle, in der die Finsternis schwarz wie dicke Tinte war.
Assunga blieb noch vor der Tür stehen. Die nächsten Schritte würden sie zwar nicht ins Unbekannte führen, komisch aber war ihr schon zumute, als sie vorging und unter den Füßen den unebenen Steinboden spürte. Sie zog dabei die Tür wieder zu, blieb in der Dunkelheit stehen und nahm den Gestank auf, der ihr entgegenwehte.
Es war ein besonderer Gestank!
Menschen hätten sich schaudernd abgewandt. Die Luft war nasskalt wie im November. Gleichzeitig durchwehte ein anderer Geruch die Luft. Etwas süßlich, auch stockig, das konnte durchaus der Geruch von Blut sein.
Hinzu kam die Kühle. Keine richtige Kälte, aber doch eine Temperatur, die einen Menschen schaudern lassen konnte. Alt und modrig, eine Dunkelheit dicht wie Nebel, die zwischen den Wänden lauerte. Der widerliche Gestank lag überall, es gab keinen Ort, auf den er sich nicht festsetzte. Es war wie ein schleimiges Gift, das die Dunkelheit erfüllte.
Assunga wollte nicht einrosten und ging deshalb weiter. Sehr vorsichtig, denn sie wusste, dass der große Raum nicht leer war, und sie wollte nicht über irgendwelche Hindernisse stolpern.
War sie allein?
Assunga konnte es nicht sagen. Sie sah nur die schwarze Wand vor sich, die von dem alten Geruch durchweht wurde. Er staute sich in ihrer Kehle, er sorgte dafür, dass ihre Befürchtungen anstiegen, ohne jedoch zu einer direkten Angst zu werden.
Noch fühlte sie sich stark. Und sie überlegte, was sie Dracula II sagen würde, wenn er plötzlich auftauchte, um sie zur Rede zu stellen. Nach wenigen Schritten blieb sie stehen. Es hatte zudem seinen Grund, denn sie war sich sicher, dass sich vor ihr in der starren Finsternis etwas bewegt hatte.
Assunga konnte nicht genau sagen, was es gewesen war, sie glaubte einfach daran, und sie blieb dort stehen, wo sie stand. Wie ein technisches Gerät, das seine Sensoren ausgefahren hatte, um die Finsternis zu erforschen.
Sekunden vergingen, in denen sich nichts tat. Nur traute Assunga dem Frieden nicht. Ein Vampir wie Mallmann war mit allen Wassern gewaschen, er kannte sämtliche Tricks, und er gehörte zu den Wesen, die keine Rücksicht nahmen. Weder auf Feinde noch auf Freunde.
Das wiederum gefiel der Hexe überhaupt
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