0758 - Mörder aus der Spiegelwelt
erleichterten Seufzer. Sie hatte es tatsächlich geschafft. Sie hatte ihre ganze Willenskraft aufwenden müssen, um sich auf den Weg zu konzentrieren und sich nicht nach jedem Schritt verängstigt zu vergewissern, wer gerade hinter ihr ging.
Jetzt jedoch kam der gefährlichste Teil für sie, denn wo anders würde ein Mörder einer Augenzeugin auflauern als hier? Dies war die letzte Möglichkeit für ihre Verfolger, sie zu erwischen, und Galyna wusste das nur zu genau. Die Angst saß wie eine eiskalte Hand in ihrem Nacken, eine Hand, die langsam und gnadenlos immer mehr zudrückte.
Vorsichtig sondierte sie die Umgebung des Gebäudes.
Und dann drohte plötzlich ihr Herz stehen zu bleiben! In einem reichlich verbeulten Peugeot, der direkt gegenüber des Präsidiums parkte, saßen sie!
Die Mörder von Marie Voloh.
Beide starrten direkt auf das Eingangsportal des Gebäudekomplexes, als warteten sie auf jemanden.
Galyna Delettré glaubte zu wissen, wen die beiden suchten. Es konnte ja überhaupt nicht anders sein - sie warteten auf Galyna, um sie auszuschalten, bevor sie auch nur einen Fuß in das Präsidium setzten konnte. Sie würden sie abfangen und eiskalt töten, denn Galyna hielt das Paar für abgebrüht genug, um so eine Tat direkt vor den Augen der Polizei zu begehen.
Die kalte Hand in ihrem Nacken wanderte nun in Richtung von Galynas Kehle und schnürte ihr die Luft ab. Sie hatte keine Chance, das rettende Gebäude lebend zu erreichen.
Sie konnte nur hier versteckt bleiben und auf ein Wunder warten. Wie auch immer das aussehen mochte. In ihrer Panik kam sie nicht auf den Gedanken, dass sie nur ein einziges Telefonat mit dem zuständigen Kommissar führen musste, um ihr Dilemma zu beenden. Das Handy in ihrer Handtasche hatte sie völlig vergessen, denn die Todesangst bündelte all ihre Gedankengänge auf den alten Peugeot und dessen Insassen.
Verzweifelt verharrte Galyna Delettré in ihrer Deckung und ließ sich von ihrer Furcht beherrschen.
***
»Ich wüsste wirklich gerne, worauf genau wir hier eigentlich warten…«
Es dauerte lange, ehe sie eine Antwort bekam. »Es wird nun bald etwas geschehen. Es muss ganz einfach so sein, denn er wird sich nicht einfach so einsperren lassen.«
Der zweifelnde Blick der Frau bewies ihm, dass sie das Spiel hier wirklich noch nicht richtig verstanden hatte. »Denk doch ausnahmsweise einmal nach. Zamorra kann sich nicht für viele Jahre wegsperren lassen! Das würde in seiner Welt ein unvorstellbares Chaos nach sich ziehen. Er muss wieder frei kommen, muss die Mörder dieser Modeziege suchen - uns! Glaubst du wirklich, er hat das nicht längst alles durchblickt?«
Die Frau legte ihre Stirn in Falten. »Die Bullen werden ihn nicht freisetzen, nicht bei klarem Mordverdacht. Auf keinen Fall. Also glaubst du…?«
»Ich glaube gar nichts. Ich rechne mit mehreren Möglichkeiten, mit den Wahrscheinlichkeiten und bin auf alles vorbereitet. Ich will das Amulett!«
Die Verblüffung der Frau war nicht gespielt. »Ich dachte, du wolltest Zamorra in Misskredit bringen, ihn für lange Zeit ausschalten? Dass es dir um Merlins Stern geht, ist mir neu.«
Ein verächtliches Lachen kam über seine Lippen. »Warum sollte ich gerade dir in allen Einzelheiten meine Absichten erklären? Was glaubst du wohl, wer du bist, häh?«
Sie schwieg nur, ließ ihn fortfahren.
»Sein verfluchtes Amulett muss aus dieser Welt verschwinden, denn es hindert mich daran, hier meine wirkliche Macht auszuüben. Wo ich bin, dort darf es nicht sein. Und wenn Zamorra und seine Schlampe wirklich im Gefängnis bleiben, dann wird sich Merlin einmischen, denn der Stern muss aktiv und ungebunden sein, sonst gerät hier einiges aus dem Lot. Ich werde schneller sein. Und darum warten wir…«
Damit war für ihn das Gespräch beendet und sein Blick ging wieder zum Portal des Präsidiums. Die Frau schwieg, denn sie fürchtete seinen Jähzorn - ganz gleich, in welcher Welt der auch zum Ausbruch kam.
***
Galyna Delettré spürte die feuchte Kälte, die vom Boden aus langsam durch ihre Beine nach oben schlich. Ihr Zeitgefühl war ausgeschaltet. Eine Uhr trug sie nie bei sich, denn sie hasste es, wenn man sein Leben ausschließlich nach einem solchen Zeitmesser auszurichten hatte. Vor Jahren hatte ihr erster Ehemann ihr eine sündhaft teure Armbanduhr geschenkt, besetzt mit unzähligen Brillanten und versehen mit anderem Schnickschnack. Sie hatte sein enttäuschtes Gesicht nie vergessen, als die richtige Freude
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