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076 - Mimikri

076 - Mimikri

Titel: 076 - Mimikri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Pukallus
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ins Land wehte. Ihre Schwingen bewegten sich träge, behielten die für eine Beobachtung optimale Geschwindigkeit bei.
    Sie folgten dem Verlauf der Küste nach Nordost. Gelegentlich korrigierten sie die Richtung mit ihrem gelenkigen Schweif, der an seinem unteren Ende eine Verdickung mit gebogenen Stacheln trug - eine tödliche Waffe.
    Der weite Patrouillenflug des Paars galt einem konkreten, klar definierten Ziel, dessen Profil es sehr genau kannte. Die Suche danach erstreckte sich über ein riesiges Gebiet dieses Kontinents.
    Sucht. Findet.
    Mit einer unmissverständlichen Perspektive:
    Vernichtet.
    Die multisensorische Höhensicht der
    Lesh'iye enthüllte krasse Verwüstungen auf der Erdoberfläche. Verwerfungen hatten das Muttergestein bis in beträchtliche Tiefe gespalten und in neue Segmente zerteilt, deren Blöcke ineinander verkantet waren. Nach gewaltigen Flächenbränden waren die Landstriche erst verascht und dann für Jahrhunderte mit Eis und Schnee überzogen worden, bevor endlich neue Vegetation nachwachsen konnte. Und obwohl das Massensterben auf diesem Planeten schon vor über fünfhundert Jahren stattgefunden hatte, nahm das hochsensible Riechvermögen der Lesh'iye noch heute Reste aasiger Ausdünstungen wahr.
    Der Planet vergaß nichts. Sein titanischer Organismus benötigte zum Heilen seiner Wunden kosmische Zeitspannen.
    In gemächlichem Tempo, aber unter äußerster Anspannung des gesamten Sensoriums überflogen die beiden Kreaturen einen felsigen Uferstreifen des Nordmeers, unablässig nach Spuren suchend.
    Hinter einer zerklüfteten Klippe erregte eine Ortschaft ihre Aufmerksamkeit.
    Ein leichter Schlenker mit dem Schweif genügte, um darauf Kurs zu nehmen. Den Siedlungen fiel bei den Nachforschungen besondere Bedeutung zu.
    Alle halbwegs intelligenten Bewohner des Planeten hatten, so weit sie nicht in Ruinen hausten, besondere Siedlungsformen entwickelt. Wahrscheinlich gingen diese allesamt auf uralte Traditionen zurück. In den Gedächtnisspeichern der Lesh'iye waren diesbezügliche Kenntnisse und Kriterien registriert.
    Der in der Ferne erkennbare Ort war demnach eine menschliche Wohnstätte und wurde als Dorf bezeichnet.
    Ein Dorf bestand aus einer gewissen Zahl von Wohn- und Nutzgebäuden wie Vorratslager, Werkstätten, Kulteinrichtungen und Anlagen zur Nahrungsmittelproduktion.
    Die Einwohner eines
    Dorfs lebten im Durchschnitt in primitiven, aber geordneten Verhältnissen.
    Die Ansammlung dieser Bauten hier stimmte mit den bekannten Schemata überein und stellte insofern für die
    Lesh'iye keinen ungewöhnlichen Anblick dar. Ein Deich schützte den Ort vor Überflutung. Auf dem Platz in der Mitte sichteten sie eine Zusammenkunft der aus Menschen bestehenden Einwohnerschaft. Auch das konnte als nichts Besonderes bewertet werden.
    Aber die auf Magnetfeldabgleichung spezialisierten Sensoren der Rochen maßen Abweichungen, die in ihrer psionischen Wahrnehmung als bläulichrötliches Schillern erschienen.
    Verdacht.
    Verdacht , stimmte der andere
    Lesh'iye zu.
    Synchron schwenkten die beiden Rochen von der bisherigen Flugbahn ab und steuerten in einer flachen Abwärtskurve auf das Dorf zu. Weil ihr Denken strenger Logik verpflichtet war, bedurften sie nur äußerst selten einer ausführlichen Verständigung.
    Aus geringerer Höhe ließen sich die Anomalien noch deutlicher ausmachen.
    Normalerweise ergriffen die Menschen
    die Flucht, wenn sich ihnen Lesh'iye
    näherten. Hier jedoch standen die Gestalten still und starr auf dem Platz, als nähmen sie die Rochen gar nicht zur Kenntnis. Sie hatten nur grobe Ähnlichkeit mit Menschen , eher mit unfertigen Plastiken. Und ihnen fehlte das Typische des humanoiden Stoffwechsels.
    Selbst mit ihrem mentalen Scannen empfingen die beiden Rochen nur verworrene Bruchstücke, die sich keiner bestimmten Lebens-Aura zuordnen ließen.
    Es schien, als ob eine undeutbare Überlagerung alle individuellen Frequenzen dämpfte.
    Stattdessen orteten die zwei Wesen, während sie das Dorf überflogen, alle charakteristischen Anzeichen defekten Retortenmaterials.
    Mimikri.
    Mimikri , bestätigte der andere
    Lesh'iye . Diese angeblichen Menschen waren keine!
    Indem sie den Rhythmus ihrer kraftvollen Schwingen erhöhten, gingen die zwei Rochenwesen wieder in Steigflug über.
    Plötzlich zerplatzten die Köpfe einiger der reglos dastehenden Pseudo-Humanoiden. Flüssigkeit schoss aus blitzartig ausgestülpten Drüsen, spritzte herauf zu den Rochen. Augenblicklich versteifte

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