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076 - Mimikri

076 - Mimikri

Titel: 076 - Mimikri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Pukallus
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der Reichweite des Jungtiers, das seine Tentakel ausschließlich zur Bekämpfung der Rochen einsetzte.
    Quart'ol drehte sich in Rückenlage. Das Heulen des Mutterwesens war markerschütternd angeschwollen. Auch die Schwingungen der Qual, die es verströmte, erreichten eine neue Intensität.
    Und das nicht ohne Grund.
    Nachdem eine größere Anzahl Todes-Man'tane der Kreatur das grüne Gift eingespritzt hatte, hieben weitere Rochen ihren Schwanzdorn in die Wunden. Grellgrüne Blitze durchzuckten die Bestie und brachen deren Leib an mehreren Stellen auf. Heraus wallten Wolken blässlicher Flüssigkeit.
    Nun geriet auch das Jungtier in immer ernstere Bedrängnis. Selbst noch so viele Tentakel konnten den Ansturm der Todesrochen nicht aufhalten. Im Brodeln und Schäumen des aufgewühlten Wassers sah Quart'ol, dass erst drei, dann vier, schließlich fast ein Dutzend Man'tane ihre Stachel in den Organismus bohrten. Und schon stießen Horden weiterer Exemplare herab, um das mörderische Werk zu vollenden…
    Quart'ol warf sich herum und schwamm eilends davon. Er wollte das furchtbare Ringen lieber aus sicherem Abstand erleben, um es zu überleben .
    ***
    »Deshalb!« , schnauzte Dave MacKenzie zurück und deutete mit dem gestreckten Arm in die Weite der See. »Schau doch!«
    Irritiert spähte Rulf an durch ein Bullauge hinaus. Im nächsten Moment ließ er das Lasergewehr sinken und trat näher an die Wandung heran.
    Was bei Orguudoo war das? Ein grün getupfter Mantel aus Düsternis schien sich über Torkur zu breiten. Das unbegreifliche Phänomen ähnelte einer tieftrüben, mit Kugelblitzen gesprenkelten Gewitterwolke. Noch nie hatte Rulfan etwas Vergleichbares gesehen.
    Er nahm den Feldstecher zur Hand.
    Als er einen Blick hindurch warf, zerfiel die zusammenhängende Ballung aus Dunkelheit in seine Bestandteile: In eine gewaltige Anzahl Rochen ähnlicher Tiere, in deren Schädel ein grünes Licht gloste. Rulfan sackte der Unterkiefer abwärts. »Das sind…«
    »Todesrochen!« , rief Dave, der hektisch seine Brille putzte. »Das müssen Todes-Man'tane sein, diese schrecklichen Wesen, die der hydritischen Überlieferung zufolge den Kratersee bewachen…«
    »Sieht ganz so aus« , brummte Rulfan.
    »Aber was suchen sie hierl «
    Auf diese Frage fand sich eine rasche Antwort. In großer Zahl schwammen Todesrochen die Fabrik an und umwimmelten gleich darauf das gesamte Gebäude. Die beiden Menschen gaben sich keinerlei Hoffnung mehr hin.
    Aber dann stellten sie fest, dass die Man'tane ein ganz anderes Ziel hatten.
    Vom Dach klang Getöse herab. Der Organismus stieß ein schrilles Quieken aus. Hörbar peitschten seine Tentakel.
    Dann ertönte ein sonderbares, dumpfes Geknatter. Ein grünes Leuchten umwaberte die Kuppel.
    »Sie greifen den Ableger an!« , stellte Dave McKenzie fest. »Also waren die zwei Exemplare, die wir vor einer Weile gesehen haben, auf der Suche nach den Wechselwesen!«
    »Leider nutzt uns das wenig« , dämpfte Rulfan die aufkommende Freude. Durch die gesprungene Decke prasselte eiskaltes Wasser in Strömen herab. Inzwischen bedeckte es den Fußboden mehrere Zentimeter hoch, und der Spiegel stieg schnell an. »Wir werden trotzdem ersaufen, wenn uns nicht jemand aus diesem Bau holt.«
    Dave nickte beklommen. »Wenn wir nur wüssten, was aus den drei Hydriten geworden ist…«
    Rulfan zuckte mit den Schultern.
    »Wenn du mich fragst: Das Wesen hat sie gefressen.«
    Der Kampf auf dem Dach dauerte nicht allzu lange. Nach einigen Minuten verstummte der Organismus - zweifellos für immer. Wenig später sammelte sich der Schwarm Todes-Man'tane und drehte gemeinsam ab. In eleganter Formation entfernten sich die Tiere auf steilem Aufwärtskurs.
    Durch den Feldstecher versuchte Rulfan die Umgebung zu beobachten, aber es ließ sich kaum etwas erkennen.
    Überall schwebten aufgewirbelte Sedimente und winzige Gewebefetzen aus dem Leib des Wechselwesens, aber ebenso Stücke von Tentakeln und rätselhaften Innereien. Auch tote Man'tane trieben in der Strömung über den Meeresgrund. Überdies breitete sich in der See um Torkur allmählich eine weißliche Flüssigkeit aus; und zwar in solcher Quantität, dass sie unmöglich allein dem Kadaver des vergleichsweise klein gewesenen Jungtiers entstammen konnte.
    Nur die Leuchtpünktchen der Stirnkristalle schimmerten durch das trübe Gewässer und lieferten Anhaltspunkte für das weitere Geschehen. Anscheinend vereinte sich der Rochenschwarm, der das Junge getötet hatte,

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