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0760 - Die Geisterfee

0760 - Die Geisterfee

Titel: 0760 - Die Geisterfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich wieder umdrehen, denn es hing direkt neben der Tür an der Wand.
    Die Hexe tat es und blieb dabei auf der Schwelle stehen. Ein zischendes Atemgeräusch drang aus ihrem Mund, als sie das Messer sah. Sie hatte beim Betreten des Zimmers noch eine Wandleuchte angeknipst. Der violette Schein streifte die Klinge und ließ sie aussehen wie eine dunkle, eingetrocknete Flamme.
    Sie brauchte nur wenige Schritte nach vorn zu laufen, um den Dolch von den beiden Haken zu nehmen, die ihn hielten.
    Sie tat es nicht.
    Kyle Wayne wunderte sich darüber. Hätte sie jemand nach dem Grund gefragt, sie hätte ihn nicht nennen können. Irgend etwas hielt sie davon ab, etwas warnte sie.
    Einen Moment später trommelte ihr Herz wie verrückt, denn sie hatte die Bewegung der Waffe gesehen. Auf den beiden Haken liegend drehte er sich herum, ohne daß er von einer sichtbaren Hand berührt worden wäre. Damit kam sie nicht zurecht. Das war Spuk und Hexerei, und sie fürchtete sich deshalb davor, weil dieses Phänomen nicht von ihr gesteuert wurde, sondern eben von der anderen Kraft, die sie weder fassen noch erklären konnte, die ihr aber Angst machte.
    Im Bad hatte sie es bereits gespürt, nun bekam sie den Beweis dafür geliefert.
    Noch lag der Dolch auf den beiden Haltern, aber Kyle glaubte nicht daran, daß dies so bleiben würde. Ihre langen Fingernägel hatte sie schwarzgrau angemalt, die Finger selbst gekrümmt, und sie merkte, daß die Nägel wie kleine Messerspitzen in das dicke Fleisch der Handballen eindrangen.
    Sogar Blutstropfen quollen hervor, was sie zuerst nicht störte. Später leckte sie sie ab.
    Dabei ließ sie das Opfermesser nicht aus den Augen, und dann sah sie, wie es sich bewegte.
    Plötzlich stand es senkrecht. Die Spitze zeigte in die Höhe. Einen Moment später wurde er zur Seite bewegt, als würde es tatsächlich von einer Hand gehalten.
    Die Hexe stöhnte auf. Danach flüsterte sie Beschwörungen, sie rief ihren Helfer, den Satan, an.
    »Der wird dir nicht helfen können, Kyle Wayne…« Eine Flüsterstimme drang durch den Raum und ließ sie erbeben.
    Teufel noch mal, die Stimme.
    Sie war ihr nicht unbekannt, nur ein wenig verfremdet, weil sie so leise gesprochen hatte.
    Kyle Wayne mußte trotzdem überlegen. Die Frau kannte sie schon, und sie hatte auch zu ihrem Zirkel gehört. Sie war eine Hexe gewesen, aber das lag zurück.
    Alexa Santos!
    Auf einmal war der Name da, und Kyle überlegte, wie sie sich Alexa Santos gegenüber verhalten sollte. Sollte sie sich freuen, daß die verloren geglaubte Schwester den Weg wieder zurück zu ihr oder zu ihnen gefunden hatte? Nein, das wollte sie nicht. Das konnte sie auch nicht. Statt dessen dachte sie darüber nach, wie es möglich war, daß sie Alexas Stimme hörte, von ihr selbst aber nichts sah.
    Und dann fiel ihr noch etwas ein. War Alexa Santos nicht eine Verräterin? Hatte der Teufel nicht versprochen, sie zu vernichten? Wollte er nicht ein Beispiel dafür geben, wie die Hölle sich an Verrätern rächt?
    Doch nun passierte dies.
    Was war denn geschehen?
    Kyle Wayne drehte sich auf der Stelle. Sie wollte sehen, ob Alexa woanders lauerte, doch auch dort bekam sie nichts von ihr zu Gesicht. Sie war einfach unsichtbar.
    »Hast du mich nun erkannt?« Wieder wehte ihr die wispernde Stimme entgegen.
    Kyle leckte über ihre Lippen und schmeckte die Bemalung wie dünnes Fett. Was sollte sie sagen?
    Schaffte sie es überhaupt, sich mit dieser Person normal zu verhalten?
    Oder war sie schon eine Unperson? War sie ein Geist, hatte sich die Seele vom Körper gelöst? War sie von der Rache des Teufels brutal getroffen worden?
    Nein, eine Seele konnte nicht reden. Sie hätte ihr vielleicht gewisse Botschaften auf telepathischem Wege näherbringen können, aber nicht so etwas.
    Da mußte der Teufel nicht richtig zugeschlagen oder versagt haben. Wo steckte dieses Weib denn?
    Wohin sich Kyle auch drehte, sie bekam sie nicht zu Gesicht.
    Aber sie sah das Messer.
    In den letzten Sekunden war sie zu stark damit beschäftigt gewesen, sich über gewisse Vorgänge Gedanken zu machen. Da hatte sie das Messer außer acht gelassen. An seinem Platz befand es sich längst nicht mehr. Es war auf eine spektakuläre Art und Weise gewandert und schwebte nun unter der grau gestrichenen Decke, wo es mit der Spitze in den Putz kratzte, der wie Puderzucker zu Boden rieselte.
    Sie konnte nicht mehr sprechen, sie war völlig von der Rolle. Beinahe schon hatte sie den Eindruck, nicht mehr atmen zu

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