0760 - Die Geisterfee
Suko?«
»Wie sonst?«
»Ist gut, wir werden uns schon vertragen. Nur würde mich der Zeitpunkt interessieren, wo und wann wir uns treffen sollen. Am besten nicht zuweit entfernt.«
Der Meinung war ich auch.
Bill Conolly kannte in der Nähe ein kleines Lokal, wo wir sicherlich nicht auffielen. Da wir davon ausgingen, daß sich die Hexen nicht eben bei Tageslicht trafen, verabredeten wir uns um 21.00 Uhr.
Danach würden wir schon weitersehen.
Tanner ging, wir blieben noch, und ich griff zum Telefon, um Suko zu benachrichtigen. Er war ziemlich sauer, weil er bisher noch nichts von mir gehört hatte.
»Reg dich nicht auf, den heißen Rest bekommst du schon noch mit.«
»Welchen heißen Rest?«
»Ich erzählte ihm die Geschichte in Stichworten.«
Suko war dann ziemlich still, denn die Morde hatten auch ihm den Atem geraubt. »Sehe ich dich denn vorher noch?«
»Sicher.«
»Wann und wo?«
»Ich komme bei dir vorbei. Das heißt, wir treffen uns nicht bei mir im Büro. Oder gibt es da Probleme?«
»Nein, bis auf das Übliche. Sir James ist noch immer nicht wieder der alte.«
»Ja, das ist klar.«
»Dann bis gleich.«
Als ich aufgelegt hatte, sah ich Bills Blick auf mich gerichtet. »Bist du davon überzeugt, daß wir richtig gehandelt haben?«
»Sogar felsenfest.«
»Okay, dann kann ja nichts mehr schiefgehen.« Er sprach den Satz so aus, als würde er selbst nicht daran glauben.
Ich war ebenfalls skeptisch. Gerade mit Hexen kann man die wildesten und gefährlichsten Überraschungen erleben…
***
Kyle Wayne spürte in sich das Feuer der Hölle oder die Kraft des Teufels. Jedenfalls nannte sie dieses Gefühl so, das durch ihren Körper wie ein heißes Kribbeln raste. Es war eben dieses ›must of feeling‹, das sich einfach einstellen mußte, denn ohne ging es nicht, besonders an einem Typ wie diesem, der noch längst nicht beendet war, denn die großen Dinge würden kommen.
Später, in der Dunkelheit, bei den alten Gräbern, wo sie sich treffen wollten.
Noch stand Kyle Wayne in ihrer Wohnung. Sie hatte sich in das schmale Bad begeben, wo gerade Platz für eine Dusche und ein Spiegel war mit der entsprechenden breiten Ablage, die Kyle unbedingt für ihre Schminksachen brauchte.
Umgezogen war sie schon, und es war ein Kostüm, das ebensogut in einen Puff gepaßt hätte. Ein Body aus weichem Leder, dazu Stiefel und ein schwarzes Tuch, das sie über ihre Schultern gehängt hatte und hinter ihr als weicher Schleier flatterte.
Ketten hingen um ihren Hals. An ihnen hingen kleine Totenköpfe, umgedrehte Kreuze, Knochensplitter von Leichen, die sie zusammen mit ihren Freundinnen aus Gräbern geholt hatte. Auch das Bildnis des Teufels war zu sehen. Ein dreieckiger Schädel mit Feueraugen, umgeben von einem ovalen Rahmen. Sie war fast fertig, bis eben auf das Schminken, und das mußte sie tun, denn es gehörte einfach zum Ritual.
Sie hatte ihr lackschwarz gefärbtes Haar glatt zurückgekämmt. Damit wurde ihr Gesicht mehr hervorgehoben. Es war ein schmales Gesicht, romanisch, in dem die leicht gebogene Nase besonders auffiel. Darunter zeichneten sich ebenfalls schmale Lippen ab, und die hohe bleiche Stirn wirkte wie ein Brett, das aufgesetzt worden war.
Auch die Augen waren ziemlich schmal geraten, und darüber hatte sich Kyle stets geärgert. Jetzt stand sie vor dem Spiegel, um dies zu ändern. Doch nicht nur die Augen wollte sie nachziehen oder nachschminken, sondern ihr gesamtes Gesicht verändern, damit der Teufel sein Wohlgefallen an ihr finden konnte.
Sie tunkte einen dünnen Pinsel in einen Farbtopf. Dunkle Farbe klebte die Haare zusammen. Mit zielsicher angesetzten Strichen zeichnete Kyle Wayne ihre Augen nach und machte sie optisch größer. Sie nahm sich dafür Zeit. Erst nach einigen Minuten war sie mit dem ersten Teil der Arbeit zufrieden.
Im Bad stand die Hitze. Es hatte kein Fenster, sondern nur mehr eine Abzugsklappe, die aber auch nicht richtig funktionierte. Der Geruch von Schminke durchwehte den Raum, aber das störte sie nicht.
Kyle Wayne griff zu einem Stift, der etwas dicker war als ein normaler Bleistift. Aus seiner Spitze schaute eine ebenfalls dunkle Mine hervor, schwarzgrau, die Farbe glich sich der ihrer Augen an, als sie den Stift zuerst über ihre rechte Wange zog und dabei im Spiegel genau verfolgte, was sie da zeichnete.
Es war ein Kreuz!
Aber ein Kreuz des Hohns, denn sie malte es umgekehrt. Beide Wangen bekamen diesen blasphemischen Schmuck, so daß nur die Stirn
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