0760 - Die Geisterfee
die uns beinahe noch über den Weg gelaufen wäre. Wir hatten soeben in Deckung tauchen können, als sie gekommen war, um zum Treffpunkt zu gehen.
Wir hatten sie so gut wie möglich verfolgt und uns die genaue Richtung gemerkt.
Bill war zufrieden. »Das scheint gut zu laufen.«
»Ich befürchte Schlimmes.«
»Was denn?«
»Ich habe Angst um die Frauen. Ich will sie rauskriegen, es muß eine Möglichkeit geben, aber ich weiß nicht, ob mir mein Freund Asmodis das gestatten wird.«
»Sicherlich nicht!«
Die Antwort hatte mir eine Stimme gegeben, die nicht meinem Freund Bill gehörte. Zudem war sie in meinem Rücken aufgeklungen und war vergleichbar mit dem Zischen von Luft, das aus einem Ballon strömt.
Ich drehte mich um.
Eine Tote stand dort!
Auch Bill Conolly hatte sich gedreht. Er starrte die Person ebenso an wie ich, und beide waren wir davon überzeugt, daß es sich nicht um eine Geisterscheinung handelte, denn ihr Körper war nicht feinstofflich, wenn er sich auch an einer bestimmten Stelle der Stirn verändert zeigte, wo die Kugel des Killers getroffen hatte.
Dort hätte sich das Loch befinden müssen. Es war aber nicht da. Statt dessen war die Lücke von einem leuchtenden Kristall oder Spiegel ausgefüllt, zumindest wurde uns dieser Eindruck vermittelt.
Lebte Alexa Santos?
Ich konnte es nicht glauben. Ich hatte sie tot gesehen, Bill hatte sie ebenfalls als Leiche gesehen.
Dann aber war diese Leiche wieder auf die Beine gekommen und verschwunden. Seiner Ansicht nach schien sie sich sogar aufgelöst zu haben.
Von ihrem Gesicht konnten wir nichts erkennen. Mir kam sie vor wie eine geheimnisvolle Geisterfee, und sie trug auch noch dieselbe Kleidung wie in der Wohnung.
Daß sie uns nicht feindlich gegenüber stand, das wußten wir. Und eine Unterstützung konnten wir schon gebrauchen, aber es lief anders, denn sie schüttelte den Kopf.
»Ich finde es nicht gut, daß ich euch hier treffe.«
»Warum nicht?« fragte Bill.
»Es ist gefährlich. Meine ehemaligen Hexenschwestern wollen sich heute abend dem Teufel weihen, das steht fest. Und wie mächtig der Teufel ist, brauche ich euch nicht zu sagen. Ich habe mich entschlossen, diesen Kreis aufzubrechen. Ich will, daß alle sieben den anderen Weg gehen. Es braucht nicht meiner zu sein, aber ich verlange einfach, daß sie dem Satan und der Hölle abschwören.«
»Wie willst du das erreichen?« fragte Bill.
»Ich werde mich ihm stellen!«
Bill preßte eine Hand vor den Mund, um das Lachen zu ersticken. Er wollte Alexa auf keinen Fall beleidigen, aber sie hatte schon einiges bemerkt und fragte leise: »Ihr könnt euch nicht vorstellen, daß es mir gelingt?«
Diesmal sprach ich. »Richtig, denn der Teufel ist einfach zu stark. Da wirst du Pech haben.«
»Habt ihr vergessen, wer ich bin? Ich bin kein Mensch mehr. Ich bin nicht so wie ihr.«
»Wer bist du denn?«
»Eine Rächerin, gesandt von den Mächtigen des Pandämoniums. Ich existiere in einer Zwischenwelt, die sie so lange für mich aufgebaut haben, bis alles vorbei ist. Erst dann überschreite ich die Grenze zum Reich der Toten, erst dann.«
Selbst für uns, die wir viel erlebt hatten, war es schwer, dies nachzuvollziehen. Zwar mußten wir es akzeptieren, aber wir gehören auch zu den Menschen, die immer nach den Gründen und Hintergründen fragen. Auch hier machten wir keine Ausnahme.
»Wie willst du uns das erläutern?« erkundigte ich mich. »Wieso kannst du in diesem seltsamen Zustand existieren?«
»Ich habe schon als Lebende den anderen Weg eingeschlagen und mich mit den Geistern verbündet. Ich bin auf alles eingegangen, was sie mir vorschlugen, und so kam es dann zu dieser Veränderung, der ich mich gern hingegeben habe. In einer Nacht entführten sie mich in ihre Welt, in das weit entfernt liegende Pandämonium. Dort bereiteten sie mich für die große Aufgabe vor, der ich zugestimmt hatte.«
»Steht diese Vorbereitung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit deiner veränderten Stirn?« fragte Bill.
»Ja.«
»Wie denn?«
»Man operierte mich. Man machte mich zu einer der ihren, obwohl ich noch ein Mensch war. Man nahm mir das Gehirn und ersetzte es durch einen Kristall, der ungefähr die gleichen Funktionen ausführte, aber nicht verletzbar war. Selbst gegen eine Kugel nicht. Als der Killer schoß, wollte er auf Nummer Sicher gehen und erwischte mich genau zwischen den Augen. Ich hätte normalerweise tot sein müssen, aber dank der Operation war ich es nicht. Ich lebte weiter,
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