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077 - Das Kollektiv

077 - Das Kollektiv

Titel: 077 - Das Kollektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Unwillkürlich musste er grinsen: Honeybutt machte ein ziemliches Theater um ihre Privatsphäre.
    »Hörst du mir zu?«, fragte Aruula.
    »Hmm - was?« Matts Kopf flog herum. Große braune Augen sahen ihn an, sanft und vorwurfsvoll. Es war genau dieser Blick, der die schöne Barbarin für ihn so unwiderstehlich machte - ein Schleier aus Sanftmut, hinter dem sich etwas ganz anderes verbarg: wilde, ungezügelte Leidenschaft. Matt schluckte ein paar Mal; seine Kehle wurde trocken, während er die Gefährtin an sich zog und mit rauer Stimme flüsterte: »Sag mal, wie wäre es, wenn wir…«
    »Später«, fiel ihm Aruula ins Wort und brachte das Kunststück fertig, ihre Absage wie ein Versprechen klingen zu lassen. »Ich muss den alten Handelspfad finden. Möglicherweise haben wir einen Fehler gemacht, als wir heute Morgen dieses Sumpfgebiet erreichten - wir hätten vor dem Morast abbiegen müssen, nicht außen herum reiten.«
    Aruula zeigte mit ausgestrecktem Arm über das zerfurchte Feld am Rande der Küste. »Dadurch sind wir zu nahe ans Ufer gekommen. Wahrscheinlich liegt der Pfad nicht hier, sondern weiter landeinwärts; dort drüben, hinter den Hügeln. Ich werde ihn suchen. Wenn ich ihn gefunden habe, reiten wir bis zu den Fichten zurück und von dort im Bogen um das Feld herum. Schlagt in der Zwischenzeit ein Lager auf. Bei Sonnenuntergang bin ich wieder da.«
    »Du willst allein losziehen? Kommt nicht in Frage!«, protestierte Matt. »Es ist zu gefährlich. Keiner weiß, was sich hinter diesen Hügeln verbirgt.«
    »Gerade deshalb will ich dort hin, Maddrax.« Wieder sah die Barbarin ihn an, und diesmal war weder Sanftmut noch Vorwurf in ihren Augen - nur kühle Entschlossenheit. Ungesehen ballte Matt die Hände zur Faust. Er wusste, dass er kein nur halbwegs überzeugendes Argument aufführen konnte, weshalb die erfahrene junge Kriegerin nicht am hellen Tag das Gelände erkunden sollte.
    Matt konnte nicht einmal die Wahrheit sagen. Es hätte sie beide verunsichert.
    Niemals durfte Aruula erfahren, dass Commander Matthew Drax einen unsichtbaren Begleiter hatte, der keinen Moment von seiner Seite wich: die Angst, sie zu verlieren. Aruula war sein Halt bei der Suche nach Neuorientierung in der fremdartigen, feindlichen Welt - ein halbes Jahrtausend nach dem Einschlag des Kometen -, in die ihn sein abstürzender Kampf jet getragen hatte. Ihr Mut gab ihm Kraft, ihre Freundschaft ein Ziel, und die Liebe dieser einzigartigen Frau gab Matthews Leben den verlorenen Sinn zurück.
    »Okay. Ihr könnt euch wieder umdrehen«, scholl Honeybutts ferne Stimme durch seine Gedanken. Die schwarze Rebellin hatte ihre »Sitzung« beendet und nahm ihr grunzendes Yakk beim Zügel. Doch als sie es herumziehen wollte, strebte das Zotteltier aus unersichtlichen Gründen ins Unterholz zwischen den Bäumen.
    Miss Hardy wickelte sich den Zügel um die Hand. »He - bleib stehen, du blödes Vieh!«, rief sie empört. Erfolglos: Das Yakk trabte los und zog die zierliche Schwarze kurzerhand mit.
    Unglücklicherweise hatte sich der Zügel an ihrem Handgelenk verknotet; so musste sie, während sie heftig daran zerrte, wohl oder übel neben dem Tier herlaufen, während Black auf die andere Seite spurtete und das Yakk bei den Hörnern nahm.
    Unwillig schlug es mit dem Kopf nach ihm; der Zügel löste sich und Miss Hardy wurde hinfort katapultiert - auf ein Gesträuch zu, das harmlos am Feldrand stand. Er besaß nicht mehr als fünf dürre, hüfthohe Zweige, halbkreisförmig angeordnet um ein feucht schimmerndes Loch im Boden.
    Es war Glück im Unglück, dass Honeybutt über einen Stein stolperte, der sie noch rechtzeitig zu Fall brachte, sodass nur ihre vorgestreckte Hand mit dem Strauch in Berührung kam.
    Als sie an den Zweig stieß, war er glatt und dunkel; doch schon während ihr Ärmel im Fallen daran entlang strich, zerplatzte die Rinde in zahllose Schuppen, die sich ähnlich wie bei Tannenzapfen aufstellten. Durch die Erschütterung wurde in der Pflanze eine chemische Reaktion ausgelöst, die das gallertartige Innere verflüssigte und die Fasern aufweichte. Schlaff fiel der dunkle, magere Zweig mit Miss Hardy zu Boden und rollte sich dabei um ihren Arm.
    Honeybutt, die seit dem unerfreulichen Latrinenbesuch »dunkel« und
    »mager« mit Spinnenbeinen assoziierte, unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei. Heftig riss sie den Arm zurück.
    Dadurch rutschten die Schlingen aneinander, bekamen Kontakt, verhakten sich - und Miss Hardy hing

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